Tänzerin der Nacht - Feehan, C: Tänzerin der Nacht - Night Game
Moment war sie derart schockiert, dass ihr Gehirn sich weigerte, diese Information zu verarbeiten. Sie hielt vollkommen still und versuchte, es logisch zu durchdenken, wobei sie das beharrliche Flüstern in ihrem Ohr ignorierte.
Die Spitze des Messers berührte ihre Haut, und Briony zuckte zusammen. »Tu das noch einmal, und du wirst mich von einer weniger netten Seite kennenlernen«, zischte sie. Konnte sie es mit ihm aufnehmen? Er war stärker als jeder Mann, mit dem sie jemals trainiert hatte. Sie spürte die Kraft, die in ihm strömte, und nahm Dinge wahr, die ihn von anderen Menschen unterschieden – dieselben Dinge, die auch sie von anderen unterschieden und über deren Vorhandensein bei ihr selbst sie sich schon immer im Klaren gewesen war. Wieder zwang sie sich, ruhig zu bleiben. Niemand war so wie sie, noch nicht einmal ihre Familie. Woher wusste sie, dass er ihr glich?
»Wer bist du?«, fragte sie, obwohl sie wusste, dass er ihr nicht antworten würde. Er war mit Sicherheit beim Militär. Möglicherweise ein Söldner.
»Was zum Teufel hat ein Schattengänger hier zu suchen? Wenn du mir nicht innerhalb von fünf Sekunden antwortest, fange ich an, dir Körperteile abzuschneiden.«
»Ich weiß nicht, was ein Schattengänger ist. Ich trete auf dem Musikfestival auf. Ich führe mit meinen Brüdern, den Flying Five, Luftakrobatik auf. Ich bin eines der fünf Mitglieder der Truppe.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen. »Warum zum Teufel sollte ein Zirkus auf einem Musikfestival auftreten?«
»Das wüsste ich auch gern«, sagte Briony. »Ich bin noch nicht dahintergekommen, aber sie haben meinen Brüdern
und mir einen gehörigen Batzen Geld dafür bezahlt, dass wir herkommen.« Er hatte keinen Moment lang in seiner Wachsamkeit nachgelassen.
Der Mann, der sie gefangen hielt, stieß ungeheuer derbe Flüche aus. »Ich habe gesehen, wie du auf diesen Baum gesprungen bist und deine Hautfarbe verändert hast, um dich deiner Umgebung anzupassen. Belüge mich nicht noch einmal. Das kann außer einem Schattengänger niemand bewerkstelligen. Kein Mensch auf Erden.«
Briony wollte alles wissen, was er über Schattengänger wusste. Wenn sie tun konnten, was sie tun konnte, war sie dann auf irgendeine Weise mit ihnen verwandt? Sie spürte, wie er sich anspannte und seine Arme sich enger um sie legten. Seine Lippen pressten sich wieder an ihr Ohr. »Gib keinen Laut von dir.«
Sie atmete ein und wusste sofort, dass die Soldaten einen Haken geschlagen hatten und zurückkamen. Furcht durchzuckte sie. Sie wusste, was Frauen zustieß, die sie zu fassen bekamen, wenn sie allein außer Haus waren.
»Kannst du den Atem anhalten? Bist du ausgebildet?«
Sie wusste, was er meinte, und daher nickte sie.
»Wie lange?«, fragte er gepresst.
»Zwanzig Minuten, wenn ich mich in Acht nehme.« Sie log nicht, und sie wollte sehen, ob er schockiert war. Als Kind war sie gezwungen gewesen, über zunehmend längere Zeiträume unter Wasser zu bleiben. Sie hatte geglaubt, das täten alle, bis sie eines Tages beim Abendessen vor ihren Brüdern damit angegeben hatte und sie sich über ihre vermeintlichen Lügen lustig gemacht hatten. Sie hatte gesehen, wie ihre Mutter die Lippen missbilligend zusammenkniff, und sie hatte es nie wieder zur Sprache gebracht – niemandem gegenüber.
»Du wirst mit mir untertauchen.«
Es war keine Frage, und er übte bereits Druck auf sie aus, nahm sie mit ins Wasser und gab keinen Laut von sich, als sie langsam untertauchten; man hätte fast meinen können, er setzte es als selbstverständlich voraus, dass jeder ohne Atemgerät so lange unter Wasser bleiben konnte. Das Messer blieb weiterhin auf ihre Rippen gerichtet und sein Arm um ihren Hals geschlungen. Er ließ ihr reichlich Zeit, um Atem zu holen, und sie sog Luft in ihre Lunge, während sie an einer Stelle kauerten, an der dichtes Schilf im Wasser wuchs.
Briony grub ihre Finger in seinen Arm, hielt sich an ihm fest und versuchte, ihre Furcht zu besiegen. Manchmal hatte sie das Gefühl, sie hätte den größten Teil ihres Lebens damit verbracht, ihre Furcht zu verbergen. Sie war immer ängstlich gewesen, und nach einer Weile war es ihr ganz natürlich erschienen, ihre Furcht nicht zu zeigen. Sie fürchtete sich vor allem, und manchmal widerte es sie an, dass sie diese Schatten, die so tief in ihrem Innern hausten, nie ganz bezwingen konnte. Sie zwang sich, ruhig zu bleiben, denn sie wollte nicht, dass dieser Mann wahrnahm, wie sehr sie sich in
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