Tänzerin der Nacht - Feehan, C: Tänzerin der Nacht - Night Game
gute Sache.«
»Bei jedem Experiment wird es Fehlschläge geben, Gator; daraus lernen die Wissenschaftler.«
»Sag das mal Flame.«
»Das wird nicht nötig sein. Glaubst du etwa, ich wüsste nicht, was sie durchgemacht hat? Ich bin schließlich diejenige, die ihre Akten komplett liest. Ihr bekommt die verwässerte Version vorgesetzt.« Zum ersten Mal schien Lily wütend zu sein, und ihre Augen hatten sich vor Zorn verfinstert. »Ich dachte, du seist für mich der beste Ansprechpartner. Du bist immer so ruhig, und du denkst nach, statt voreilige Schlüsse zu ziehen. Wenn du mit Steinen nach mir wirfst, ist Flame damit nicht geholfen.«
»Du glaubst, ich werfe mit Steinen nach dir? Ich höre das alles zum ersten Mal. Ich schlage mich damit herum, nicht nur verstehen zu wollen, was er Flame angetan hat, sondern auch, wie sich das auf unser aller Leben auswirkt. Wie hast du denn reagiert, Lily, als dir erstmals klar geworden ist, was er getan hat? Hast du dir augenblicklich gesagt, was für ein brillanter Wissenschaftler er war, oder hast du dich gefragt, wie sich das wohl auf dich und Ryland und auf eure Kinder auswirken wird, denn genau darüber mache ich mir Gedanken, verdammt noch mal. Hast du
dir Flame als kleines Kind ausgemalt, das so krank war und sich so elend gefühlt hat, dass es nicht laufen konnte, aber niemanden hatte, der es getröstet hat? Ich habe es mir nämlich ausgemalt. Es tut mir leid, dass dir meine Sichtweise nicht gefällt, aber diesen Schurken hätte man umbringen sollen.«
Lily zuckte zusammen. »Jemand hat es getan, Gator.«
Er rieb sich die Stirn, denn plötzlich ließen Kopfschmerzen seine Schläfen pochen. »Tut mir leid, Lily, das war absolut unangebracht. Erzähle mir etwas mehr über genetische Verbesserung und warum die Gentherapie eine tolle Sache ist. Ich schwöre dir, dass ich versuchen werde, unvoreingenommen zuzuhören.« Er verzog die Lippen zu einem kleinen Lächeln. »Und versuche bitte, dich verständlich auszudrücken. Es ist zwecklos, wenn ich nicht verstehe, was du sagst.«
Lily erwiderte sein Lächeln, denn sie war ihm dankbar dafür, dass er es wenigstens versuchen wollte. »Ich werde mein Bestes tun. Die Forschung auf dem Gebiet der Gentherapie hat ihren ursprünglichen Bereich von der Korrektur defekter Gene auf die Verbesserung normaler Gene ausgeweitet. Das ist der Punkt, an dem es etwas kompliziert wird.«
»Noch kann ich dir folgen«, sagte Gator.
»Ein Trägermolekül oder ein Vektor wird benutzt, um das gewünschte Gen – oder die Gene – in die Zielzellen eines Patienten einzuschleusen. Ein Virus wird als Vektor verwendet, weil Viren eine Möglichkeit entwickelt haben, ihre Gene auf pathogene Weise einzukapseln und sie in menschliche Zellen zu transportieren. Kannst du mir noch folgen?«
»Bisher schon. Ich glaube, durch den Umgang mit
dir schnappe ich mit der Zeit immer mehr von deinen wissenschaftlichen Fachausdrücken auf.«
»Neben der Übertragung durch Viren gibt es auch noch etliche nichtvirale Möglichkeiten des Gentransports. Die simpelste Methode besteht in der direkten Einschleusung von therapeutischer DNA in Zielzellen. Aber dieses Verfahren ist in seiner Anwendung beschränkt, weil es nur bei bestimmten Geweben benutzt werden kann und große Mengen DNA erfordert.
Ein anderer nichtviraler Ansatz erfordert die Herstellung einer künstlichen Lipidsphäre mit einem wässrigen Kern. Dieses Liposom, das die therapeutische DNA trägt, ist fähig, die DNA durch die Membran der Zielzelle zu transportieren.«
»Verdammt noch mal, Lily, mit dieser Erklärung hast du dich gerade mal wieder mutterseelenallein in die Ozonschicht begeben.«
»Tut mir leid. Dieses Verfahren würde, sagen wir mal, deine Beine nicht positiv weiterentwickeln. Um das zu tun, müsste man eine gewaltige Anzahl von Zellen erreichen. Aber …« Lily zog die Stirn in Falten. Irgendetwas an der Art, wie ihr Gesicht erstarrte und ihre Stimme leiser wurde, ließ Gator aufhorchen. »Im menschlichen Körper gibt es sechsundvierzig Chromosomen. Mein Vater scheint an einem siebenundvierzigsten Chromosom gearbeitet zu haben. An einem Chromosom, das neben den üblichen sechsundvierzig eine autonome Existenz führen sollte – es sollte weder ihre Funktionen beeinträchtigen noch Mutationen hervorbringen. Es scheint dafür bestimmt gewesen zu sein, eine beträchtliche Anzahl an genetischen Codes zu transportieren. Im Idealfall würde das Immunsystem des Körpers dieses Chromosom nicht
Weitere Kostenlose Bücher