Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Täuscher

Täuscher

Titel: Täuscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Maria Schenkel
Vom Netzwerk:
der Haustür gestanden und hat auf mich gewartet. Er hat mir gesagt, dass er nur mit mir zusammen sein will und dass er die Sache mit der anderen in Ordnung bringt. Dass ich mich halt nur noch ein bisschen gedulden müsste. Er würde zu gegebener Zeit schon alles seinen Eltern erklären und die Verlobung lösen. Er hat gesagt, dass er Schluss machen würde mit der Ganslmeier. Und dass es ihm ganz gleich sei, was seine Eltern von ihm wollten. Die würden ihn am Ende doch eh nicht verstehen. Und was es schon für eine Rolle spielen würde, wenn die Clara auch aus einer noch so angesehenen Landshuter Familie kommen würde, er würde darauf pfeifen und nur mit mir zusammen sein wollen und sonst mit niemandem. Die Ganslmeier ist fast zehn Jahre älter als der Hubert. Wenn er auch nicht wusste, wie er es anfangen sollte, er würde weggehen aus Landshut und zu mir nach München kommen, und wir würden es schon irgendwie schaffen. Und jetzt ist die Clara tot. Ermordet, sie und ihre Mutter, und alle schieben es auf ihn. Ich kann es nicht glauben, Sie haben ihn doch auch kennengelernt. Er war doch hier, gerade mal zwei Wochen ist es her. So sieht doch keiner aus, der einen anderen Menschen umbringt!«
    Maria Lederer sagte nichts. Was hätte sie auch sagen können?
    »Seit dem Tag im Februar hat er mich fast jeden Samstag besucht. Wir sind ausgegangen zu Schaustellungen, in Kabaretts oder ins Kino. Übernachtet haben wir immer im Hotel Germania in der Schwanthalerstraße. Unter seinem Namen. Er hat so getan, als ob wir Mann und Frau wären, Hubert und Thea Täuscher, es war ein Spiel.
    Auch am Samstag haben wir dort übernachtet. Ich habe ihn wie immer vom Bahnhof abgeholt. Die Züge aus Landshut kommen meistens ein bisserl früher, so war ich zeitig da. Aber ich bin gar nicht bis an die Absperrung vom Bahnsteig gekommen, da ist er mir schon entgegengelaufen. Er hat mich gar nicht gesehen. Ich bin zu ihm hin und hab gesagt, Hubert was machst du schon da? Da hat er mich ang’schaut, als ob er durch mich hindurchblicken würde, als ob ich gar nicht da wäre. Alles an ihm war so anders, sonst hat er sich immer narrisch gefreut, wenn er mich gesehen hat. Übers ganze Gesicht hat er immer gelacht und schon von weitem gewunken. Aber diesmal … Und noch nie hab ich den Hubert unordentlich gekleidet gesehen, immer hat alles gestimmt, die Haare, Hemd, Krawatte, Anzug. Auf die Bügelfalte legt er immer besonderen Wert, ganz exakt muss die sein. Ausgelacht hab ich ihn deshalb, weil alles immer so akkurat sein musste.
    Am Samstag hat er ausgeschaut, als hätte er in seinen Kleidern geschlafen. Er ist nie ohne seine Handschuhe und den Hut aus dem Haus, aber diesmal hatte er beides nicht dabei. Ich habe ihn darauf angesprochen. Er war verlegen, hat zuerst gar nicht gewusst, was er sagen soll, und dann endlich hat er mir zur Antwort gegeben, er hätte beides vergessen. Es kam mir seltsam vor, doch wollte ich ihm nicht zu sehr zusetzen, ich hab mir gedacht, dass er wieder Streit gehabt hat mit seinem Vater, weil er doch zum Film wollte und auch wegen uns. So wie in der Woche, als der Vater dahintergekommen ist, dass der Hubert mit mir zusammen ist. Auf der Straße hatte er uns abgepasst – damit wir kein Aufsehen erregen, habe ich ihn gebeten, mit hochzukommen und die Angelegenheit beim Tee zu besprechen.
    Letzten Samstag sind wir wie immer ins Hotel Germania gefahren und am Abend ins Kabarett im selben Haus.
    Und auch da war es nicht wie immer. Wenn wir sonst aus waren, haben wir uns Süßigkeiten und Schokolade gekauft. Der Hubert isst das genauso gern wie ich, aber an dem Abend hat er nichts gegessen. Nur eine Zigarette nach der anderen hat er geraucht. Und zum Telefonieren ist er, drei, vier Mal. Nach der Vorstellung wollte er gleich aufs Zimmer. Und da war er dann auch so eigenartig. Ich war mir sicher, dass er wieder mit seinen Eltern gestritten hatte.
    Wie wir wieder auf dem Zimmer waren, da hat er den kleinen Kettenring aus der Sakkotasche geholt und ihn mir geschenkt.«
    Das Fräulein Thea zeigte der Vermieterin den Ring an ihrer Hand.
    »Er hat gesagt, dass ich das Ringerl behalten soll und dass ich wissen muss, was immer auch passiert, dass er mich liebt. ›Irgendwann werde ich dir mal einen schönen teuren Ring schenken.‹ Ich hab mir einen Spaß gemacht und gesagt: ›Einen mit Brillanten hätte ich schon gern.‹ Daraufhin hat er mich an der Schulter gepackt, mich angesehen, ganz ernst, und gesagt, einen solchen würde ich

Weitere Kostenlose Bücher