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Täuscher

Täuscher

Titel: Täuscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Maria Schenkel
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nie von ihm bekommen, denn ein Diamant, der bringt nur Unglück.
    In der Nacht hat sich der Hubert von einer Seite auf die andere gewälzt. Er hat geschrien und gestöhnt und ist immer wieder hochgeschreckt, war ganz nass vom Schweiß. Ich hab kein Auge zutun können. Ganz früh am Morgen, wir sind noch im Bett gelegen, da hat es dann an der Zimmertür geklopft, und noch ehe ich aufstehen konnte, ist die Polizei schon hereingekommen. Dass wir mitkommen sollen, haben sie uns gesagt. Kaum Zeit zum Anziehen haben sie uns gelassen. Ich hab es nicht verstehen können, ich hab das Ganze für eine Verwechslung gehalten. Aber weil die Herren gar so ernst waren, da ist mir auf einmal ganz bang geworden. Ich hab geglaubt, dass etwas Schlimmes mit seinem Vater passiert sein könnte. Vielleicht im Streit, und dass der Hubert deshalb so komisch war. Aber auf der Polizeistation, da haben sie dann gesagt, dass er die Clara Ganslmeier umgebracht haben soll. Die Polizisten haben mich gefragt, ob ich was weiß, immer und immer wieder haben sie mich gefragt. Aber ich weiß doch nichts. Und dann vor einer Stunde haben sie gesagt, dass ich gehen kann.«
    Maria Lederer blieb noch auf dem Kanapee sitzen, das weinende Mädchen in ihrem Arm. Irgendwann schlief es schließlich ein, erst da schob sie es ganz sachte zur Seite, stand auf, holte eine Decke und breitete sie über das Fräulein Thea. Dann machte sie sich leise, um das Mädchen nicht zu wecken, an ihre Arbeit. Davor gab sie dem Nachbarsjungen noch Bescheid, er soll das Fräulein Thea heute im Büro entschuldigen.

Landshuter Zeitung

Lokales: Doppelraubmord
    Landshut, 3 . April 1922
    Ein Doppelraubmord hat die Gemüter in unserer Stadt in Aufregung versetzt. Hierzu erhalten wir vorerst folgenden offiziellen Bericht:
    Die 77 -jährige Stadtkämmererswitwe Elsa Ganslmeier und deren 32 -jährige Tochter Clara, beide wohnhaft dahier in der Neustadt, wurden am vergangenen Samstag nach 12  Uhr ermordet in der Wohnung aufgefunden. Es liegt Raubmord vor. Der vermutliche Täter Hubert Täuscher, Bürstenfabrikantensohn von Landshut, wurde in München verhaftet und bereits in das hiesige Gefängnis überstellt. Nach einem mutmaßlichen Komplizen wird noch gefahndet. Der Sachverhalt ist folgender: Am Samstag um 10  Uhr kam die ledige Kassiererin Bertha Beer auf die Polizeiwache und zeigte an, dass sie bei den Ganslmeiers ab 1 . April ein Zimmer gemietet habe, heute schon wiederholt Einlass begehrt habe, aber ihr niemand – trotz kräftigen Läutens – geöffnet habe. Sie vermutete, dass das junge Fräulein mit ihrem Geliebten Täuscher nach München gefahren sei und die alte erkrankte Frau hilflos zurückgelassen habe.
    Nachdem man nicht wusste, was mit der alten Frau vorging, ließ man polizeilich die Wohnung öffnen. Dort fand man die beiden Ganslmeier in ihren Betten ermordet vor. Sofort wurden die Staatsanwaltschaft sowie das Amtsgericht zur Aufnahme des Tatbestandes verständigt. Inzwischen wurde durch den Herrn Landgerichtsarzt die Todesursache festgestellt. Die alte Frau hatte einen Knebel im Mund und war gewaltsam erstickt. Die junge Clara Ganslmeier, die im Bette lag, hat vermutlich durch einen schweren Stich im Halse den Tod gefunden. Letztere ist ihres Schmuckes beraubt. Nachdem der Tatbestand festgestellt war, wurden die Leichen nachtsüber polizeilich bewacht und gestern (Sonntag) zum Leichenschauhaus verbracht. Dort findet auch die gerichtsmedizinische Untersuchung der Mordopfer statt. Die Wohnung wurde polizeilich versperrt; das Nähere wird die folgende Ermittlung ergeben.

Sonntag, 2 . April 1922 ,
Landshut, Fleischbankgasse,
Kassiererin Bertha Beer,
8 . 37  Uhr abends
    Bertha Beer ging die Fleischbankgasse entlang. Es hatte wieder ganz leicht zu nieseln angefangen. Ihre Handtasche unter den rechten Arm geklemmt, zog sie den Kragen des Mantels ein wenig zurecht. Ihr war unheimlich, schon seit geraumer Zeit hatte sie das Gefühl, dass ihr jemand folgte. Nicht dass sie etwas gehört hätte, es war mehr so eine innere Unruhe. Auch hatte sie sich mehrfach umgedreht und nichts entdecken können, was ihren Verdacht bestätigt hätte.
    Die schlecht beleuchtete Gasse und das unwirtliche Wetter waren bestimmt mit schuld an dem unguten Gefühl. Nur noch ein kurzes Stück, und sie wäre in der Zwerggasse, von dort war es nur noch ein Katzensprung bis zur Wohnung ihrer Schwester.
    Noch vor wenigen Tagen hätte sie auf dem Nachhauseweg den Weg über die Neustadt eingeschlagen,

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