Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
Vom Netzwerk:
Geächtete keinen Fuß über seine Schwelle setzen durfte. Keine Nachrichten von G.host. Kein tröstendes Hallo, Zarah .
    Am Hintereingang des Gebäudes angelangt, hielt sie erneut den Chip des Armbandes hin, um das Schloss zu öffnen. Welch eine Ironie, dass die Menschen mit all ihrer Technologie den Krieg verloren hatten. Der Triumph der Nachtseite war schlichtweg darauf zurückzuführen, dass es Dämonen nach dem Membranriss viel leichter gefallen war, an Menschen zu glauben, als umgekehrt.
    Das rote Lämpchen erlosch, das grüne leuchtete auf. Mit einem metallischen Klicken ging die Tür einen Spalt auf.
    Sie hatte ihre Aufseheruniform gegen einen schmutzigen, auberginefarbenen Kittel tauschen müssen; statt mit Waffen hantierte sie mit Lappen, Bürsten und Besen, und ihre Opfer waren Staubmäuse in den Ecken und Urinstein in Kloschüsseln. Immer noch kostete es sie Überwindung, ihren ehemaligen Kollegen in die Augen zu schauen und die Verachtung in ihren Gesichtern zu lesen.
    Die Reinigung der Toiletten sparte sie sich bis zum Schluss auf. Hier traten die meisten Sonderbarkeiten der Ordnungsamtmitarbeiter ans Licht. So trieb sich die junge Hexe Melania, die stets mit einem verkniffenen Gesicht herumlief und regelmäßig an ihrem Arbeitsplatz fehlte, meist auf der Toilette herum, harrte stundenlang vor dem Spiegel aus und wartete, bis dort eine Fliege Rast machte. Um das Tier in Sekundenschnelle mit dem Daumen zu zerdrücken. Keine große Sache, wäre Melania nicht Beelzebub, dem Herr der Fliegen, unterstellt gewesen. Tja. Jeder ging anders mit dem Frust im Job um.
    Zarah sprühte das Reinigungsmittel auf das Glas und polierte die Fliegenleichen weg. Vierzehn waren es, was auf eine immens anstrengende Schicht für Melania hindeutete. Ihr eigenes Spiegelbild bedachte sie nur mit einem flüchtigen Blick. Das rote, strohige Haar begann nachzuwachsen. Ihr Gesicht wirkte spitzer als früher; das gelegentliche Hungern in den letzten Monaten war nicht spurlos an ihr vorübergegangen. Und das Brandzeichen. Eine wulstige Narbe, die sich über ihre rechte Wange erstreckte, bis zur Schläfe, über die halbe Augenbraue und das Lid.
    Schnell wandte sie sich vom Spiegel ab. Ein bisschen überempfindlich heute, was? Eine Narbe im Gesicht, was war das schon. Eine wahre Schönheitsoperation für eine Dämonin.
    Auf dem Männerklo stellte sie fest, dass nicht nur Melania eine anstrengende Nacht hinter sich hatte. In einer der Ecken winselte der Wodjanoi, ein Wassergeist, der im Rahmen eines Austauschprogramms bereits vor langer Zeit aus dem slavischen Überwachungsgebiet gekommen war. Wie sich später herausgestellt hatte, illegal. Kurz vor seiner Abschiebung zurück in seine alte Heimat war er in das Abwassersystem des Ordnungsamtes geflüchtet. Seitdem hielt der Wassermann die Leitungen sauber, vertrieb sich aber die Zeit damit, dass er Männer beim Bart – oder was sonst noch so bei denen herabhing – packte und unter Wasser zu ziehen versuchte.
    Heute trug er das blauhäutige Gesicht eines alten Mannes – der Mond nahm inzwischen ab. Seinen nackten, kleinwüchsigen Körper bedeckten Fischschuppen, die bereits anzutrocknen begannen. Seine Beine endeten mit Entenfüßen, und oberhalb seines Hinterns stand ein Kuhschwanz ab und zitterte leicht.
    Zarah holte den Wischmob und begann, den Boden zu säubern. Aus dem Augenwinkel beobachtete sie, wie er versuchte, nach dem Rand eines Pissoirs zu greifen, um wieder in den Abfluss zu gelangen, doch seine ausgestreckten Finger glitten am Porzellan ab. Irgendjemand hatte ihn wohl aus seinem Element herausgezogen und ohne einen Tropfen Wasser auf die Fliesen geworfen. In dieser Nacht hatten die Dämonen wohl überhaupt keinen Spaß verstanden. Aber was ging sie das an?
    Zarah wrang den Wischmob im Eimer aus und wischte weiter. Doch das Winseln und Japsen des Wodjanois ließen sie ihre Arbeit unterbrechen.
    Du lernst es wohl nie , verhöhnte eine Stimme sie in ihrem Kopf, während sie sich zu dem Wassergeist herabbeugte, ihn unter den Armen packte und anhob. Doch das Wesen war unter den Achseln so glitschig, dass es ihrem Griff entglitt und auf die Fliesen platschte.
    »Pass du auf, blöde Kuh«, blubberte und gurgelte es in seinem Rachen. Sie zuckte zusammen. Abgesehen von Enya hatte seit ihrer Entlassung nie jemand auch nur ein Wort an sie gerichtet. Aber dieser kriminelle Wassergeist konnte es sich anscheinend erlauben, ein paar Gesetze zu missachten.
    Sie hob ihn wieder auf. »Na

Weitere Kostenlose Bücher