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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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Flügel gelangen. Es würde sie irreparabel ruinieren.«
    »Von deinem Anzug ganz zu schweigen«, wandte Gallagher ein. »Du bleibst selbstverständlich hier und düngst weiter die Pflanze. Ehrlich, es ist hier sicherer für dich.«
    »Spinnst du? Mir wird schon allein vom Meeresgeruch übel. Dann erschieß mich lieber gleich.«
    Zarah seufzte. »Eine Fliegenklatsche hätte ich zur Hand.«
    Friedbert schoss in die Höhe. »Und mit dieser Schnepfe werde ich dich schon gar nicht allein lassen.« Bei den letzten Worten würgte er – im nächsten Augenblick kniete er wieder im Blumentopf.
    »Du nimmst den Mund ganz schön voll.«
    Gallagher hob eine Hand. »Hört auf, Leute. Okay, mein Freund, du kommst mit.« Er schaute den Kapitän an. »Ich bräuchte einen Behälter, in dem ich meine Fee vor Meereswasser sicher transportieren könnte.«
    Geräuschvoll kratzte der Seebär seinen Dreitagebart. »Eine Tupperdose lässt sich organisieren.«
    »Erschießt mich …«, stöhnte Friedbert in die Pflanze.
    Nachdem die Dose gefunden und in den Deckel Luftlöcher gebohrt worden waren, begleitete der Kapitän alle an Deck. Im Osten rekelte sich bereits der Morgen, als sie in das Motorboot gestiegen waren, um sich zur Nordspitze der Insel vorzukämpfen. In der Ferne schimmerte der Streifen des Strandes und der Dünen unter einer tief hängenden Wolkendecke.
    Für Zarah war Amrum untrennbar mit ihrer Mutter verbunden; sogar wenn sie die Umrisse der Insel betrachtete, sah sie darin das Profil mit dem vorgeschobenen Kinn. Vielleicht hatten nicht nur Menschen eine Seele, sondern auch Orte, und die Seele von Amrum war eben ihre Mutter – schön und rau, faszinierend und fremd.
    Der Strand veränderte sich jedes Jahr, das wusste sie noch aus längst vergangenen Zeiten. Die letzten Stürme dieses Herbstes hatten wohl einiges an Sand weggeweht, denn jetzt begrüßte nur ein schmaler Streifen am Ufer seine Besucher. Zarah sprang aus dem Boot, um es aus seinem Element herauszuschieben. Die Turnschuhe tränkten sich sofort mit Wasser, jeder Schritt schmatzte. Am liebsten hätte sie die Schuhe sofort ausgezogen und die Zehen in den feinen Sand gegraben. Nicht nur Menschen schlugen Wurzeln – nun war sie zu den ihren zurückgekehrt.
    Wonach hat sich deine Kindheit angefühlt?, hatte Enya sie einst gefragt. Damals war ihr keine Antwort eingefallen. Jetzt wusste sie es wieder: nach Amrum-Sand. Wenn die nackten Füße darin versanken, wenn man Hände voll davon schöpfte und ihn in dünnen Rinnsalen hinunterrieseln ließ, wenn man … man darunter begraben zu sein scheint und Myriaden von Sandkörnern die Schreie ersticken.
    Mit voller Brust sog sie die Luft in sich ein, diese ganze Weite, als würde sie bis zum Horizont ein- und ausatmen.
    »Geht’s wieder?«
    Sie zuckte zusammen. Gallagher stand dicht hinter ihr, leicht gebeugt, sodass sein Haar ihren Nacken kitzelte und sie eine Gänsehaut bekam.
    Sie riss sich aus seiner Nähe los, lief, stürmte den Hügel, der vor ihr lag. Dünenschutz ist Inselschutz – der Meermann würde außer sich sein, erführe er davon, wie sie Trampelpfade in seine Dünen stampfte. Zum Glück war sein Feeling auf dem Land sehr eingeschränkt. Erst oben angekommen verlangsamte sie den Schritt, blickte zurück und sah, wie Gallagher Friedbert aus der Tupperdose befreite. Die Fee ließ sich auf seine Schulter nieder und hielt sich an den Haarsträhnen fest.
    Dann begann Gallagher den Aufstieg. Seine Fußabdrücke überdeckten ihre Spuren. Wer auch immer den Trampelpfad entdeckte, würde ihm die Schuld dafür geben. Er wusste es.
    Dabei war sie es doch, die ihn auf dieser Insel schützen sollte.
    »Wohin jetzt?«
    »Zuerst nach Norddorf. Dann fragen wir uns durch.« Sie machte sich auf den Weg nach unten, darauf bedacht, den steilen Abhang nicht hinunterzurutschen. Keine Schritte hinter ihr. Sie schaute zurück. »Was ist? Kommst du?«
    Er betrachtete sie stirnrunzelnd. »Zarah, hältst du das wirklich für eine gute Idee? Ich dachte, wir kommen hierher, sprechen mit deiner Mutter und verschwinden wieder, bevor uns jemand bemerkt.«
    »Männer! Was habt ihr für Komplexe, nach dem Weg zu fragen? Ich habe keine Ahnung, ob meine Mutter noch in unserem Haus wohnt. Und glaube ja nicht, dass unser Besuch unbemerkt geblieben ist. Der Meermann wusste von unserer Ankunft bestimmt, bevor wir auch nur einen Fuß auf die Insel gesetzt haben.«
    Gallagher folgte ihr, ohne etwas zu erwidern.
    Friedbert zupfte an der

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