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Tag der Buße

Titel: Tag der Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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ihn gefragt, wo er ist?«
    »Und er hat nicht geantwortet?«
    »Nein.«
    »Was hat er denn gesagt?«
    »Er hat gesagt, er wäre in einer ganz schlimmen Situation, schlimmer als ich mir das je vorstellen könnte. Er hätte etwas Furchtbares gemacht – eine große Awera, eine, die noch nicht mal an Jom Kippur vergeben werden kann. Ich hab ihn gefragt, was das denn für eine Awera sei, und er hat gesagt, er hätte etwas Furchtbares mit … mit einem abartigen Mann, den er in einer …«
    »Moment mal«, sagte Decker. »Hat Noam tatsächlich abartiger Mann‹ gesagt?«
    »Hm, ich glaube schon.«
    »Oder hat er ›schwul‹ gesagt?«
    Miriam zögerte. »Vielleicht hat er auch ›schwul‹ gesagt.«
    »Also homosexuell?« fragte Decker.
    »Vielleicht sollte es das bedeuten«, sagte Miriam.
    »Was waren Noams genaue Worte, Miriam?«
    »Hm, ›Ich hab eine furchtbare Awera an einem Schwulen begangen, den ich in einer Bar kennengelernt hab.‹«
    »In einer Bar?«
    »Ja«, sagte Miriam. »In einer Bar. Das fand ich auch sehr merkwürdig. Ich hab ihn gefragt, was er denn getan hätte, aber er wollte es mir nicht sagen.«
    »Hat Noam gesagt ›Ich kann es dir nicht sagen‹, oder hat er einfach die Frage ignoriert?«
    »Er hat die Frage einfach ignoriert und nur gesagt, er hätte etwas Furchtbares mit diesem abartigen Mann gemacht, den er in einer Bar Downtown …«
    »Downtown?« fragte Decker. »Noam hat das Wort ›Downtown‹ benutzt?«
    »Ja«, sagte Miriam. »Ja, das hat er. Er hat gesagt, er hätte einen abartigen Mann in einer Bar Downtown aufgegabelt. Hilft Ihnen das weiter?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Downtown Los Angeles war keine Gegend, in der man schwule Bars fand. Downtown San Francisco schon. Vielleicht waren die beiden weiter nach Norden geflogen. Allerdings könnte Noam auch in West Hollywood sein, der Bastion der schwulen Gemeinde von L. A. Dort gab es einige Hochhäuser. Vielleicht sah das für Noam wie Downtown aus.
    »Er hat immer wieder gesagt, er hätte etwas Furchtbares gemacht. Mir rasten die Gedanken. Was hat Noam mit einem … Homosexuellen zu tun, und wie war er in eine Bar gekommen? Dann hat er gesagt, er hätte eine Pistole, aber er hätte sie nicht benutzt. Aber er hätte trotzdem eine furchtbare Awera begangen. Ich hab ihn noch einmal gefragt, was er denn getan hätte? Aber er hat mir nicht geantwortet.«
    »Er hat gesagt, er hätte eine Pistole?«
    »Ja. Dann hat er gesagt, er hätte sie wirklich nicht benutzt. Ich weiß nicht, was er gemeint hat. Ob er versucht hat, diesen armen Mann auszurauben … oder ihn zu irgendwas zu zwingen … oder …«
    Oder noch was Schlimmeres, dachte Decker. »Reden Sie weiter«, sagte er, ohne aufzuhören zu schreiben.
    »Er hat mich um Vergebung gebeten«, sagte Miriam. »Regelrecht darum gebettelt. Ich hab gesagt, es würde alles wieder gut, ihm würde nichts passieren, aber er müßte zur Polizei gehen, und zwar sofort! Was auch immer er getan hatte, er sollte zur Polizei gehen. Dann könnten wir ihm helfen.« Sie fing an zu weinen. »Das war das Falscheste, was ich sagen konnte. Er hat aufgelegt. Ich hätte ihm sagen sollen, daß ich ihn lieb habe. Ich hätte ihm sagen sollen, wie sehr wir ihn vermissen und wie sehr seine Eltern ihn lieben. Ich hätte ihm sagen sollen, daß wir ihm verzeihen würden. Ich hätte ihm so viele Sachen sagen sollen … und jetzt ist es zu spät. Ich bin so ein Idiot …«
    »Sie waren völlig überrascht«, sagte Decker. »Aber Sie haben’s gut gemacht.«
    »Hab ich nicht.«
    »Doch, haben Sie«, versicherte Decker ihr. Er hörte ihr Schniefen durch das Telefon. »Sie haben es sehr gut gemacht.«
    »Er hat so schnell geredet«, sagte sie. »Und ich war so durcheinander …«
    »Miriam, hat Noam irgendwelche Namen von Leuten erwähnt? Straßen, Lokale, irgendwelche markanten Dinge?«
    »Nur die Bar.«
    »Er hat Ihnen erzählt, er hätte diesen Homosexuellen in einer Bar aufgegabelt?«
    »Ja.«
    »Hat er den Namen der Bar genannt?«
    »Nein.«
    »Hat er nur von einer Bar gesprochen?« fragte Decker. »Oder von einer Schwulen- oder Homosexuellenbar? Oder einer Lounge? Hat er erwähnt, daß er dort was gegessen hat?«
    »Er hat nur von einer Bar gesprochen«, sagte Miriam. »Er hat so schnell geredet. Bloß daß er einen … Schwulen aufgegabelt hat. Ich hasse dieses Wort. Warum benutzen die Kinder so was?«
    Weil Kinder kleine Biester sein können, dachte Decker. »Woher wußte er, daß der Mann homosexuell war?«
    »Das weiß ich

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