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Tag der Buße

Titel: Tag der Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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zynisch. Das ist ein großer Unterschied.«
    Die Männer lachten. Decker trat seine Zigarette aus und fühlte sich etwas entspannter. Einen Augenblick später folgte Jonathan seinem Beispiel. »Was soll’s. Ist eh nur eine schlechte Angewohnheit.«
    Plötzlich kam eine Frau aus dem Haus gestürmt. Sie war klein und schlank und hätte durchaus als attraktiv bezeichnet werden können, wenn sie besserer Laune gewesen wäre, doch ihre Gesichtszüge waren verkniffen vor Wut, und ihre blauen Augen sprühten Funken wie ein kaputtes Stromkabel. Sie trug ein marineblaues Strickkostüm mit wadenlangem Rock und dazu passenden Lederstiefeln. Ihr Haar war von einem blauen Tuch bedeckt, das sie mit einer Brosche aus Rheinkieseln festgesteckt hatte. Sie ging zur Straße, hielt sich beide Hände schützend über die Augen und suchte den Bürgersteig ab.
    »Hast du was verloren, Breina?« fragte Jonathan.
    Die Frau wandte sich ihm zu und zog leicht angewidert die Nase kraus. »Hast du zufällig Noam gesehen?«
    »Welcher ist das?« fragte Jonathan. »Ich bring sie immer alle durcheinander.«
    »Das ist nicht komisch, Yonasan«, sagte Breina.
    »Nein, ich hab ihn nicht gesehen«, sagte Jonathan.
    Breina sah noch einmal den Block hinunter und stapfte dann, unverständliche Worte vor sich hin murmelnd, ins Haus zurück.
    »Das war Ezras Frau«, erklärte Jonathan. »Sie ist ganz verrückt nach mir.«
    »Das merkt man«, sagte Decker.
    »Noam ist das zweite von fünf Kindern. Ein seltsamer Junge. Er lächelt ständig, sieht aber nie glücklich aus.«
    »Jonathan …«, sagte Rina.
    »Ist doch wahr. Sie gibt mir die Schuld dafür. Alles, was auch nur entfernt negativ ist, wird auf meinen weltlichen Einfluß zurückgeführt. Gott, ich wünschte, ich hätte die Macht, die sie mir andichten.«
    Er hielt einen Augenblick inne.
    »Noam tut mir leid. Er ist eine verlorene Seele.«
    »Du projizierst«, sagte Rina.
    »Ich bin eine verlorene Seele. Das geb ich offen zu.«
    »Sind wir das nicht alle?« sagte Decker.
    »Yeah, aber in dieser Gemeinde hier hat das eine größere Tragweite«, sagte Jonathan. »In Boro Park geht es einzig und allein darum, sich anzupassen.«
    »Das ist nicht wahr«, sagte Rina.
    »Das ist wohl wahr«, sagte Jonathan. »Noam ist ein unausstehliches Kind, aber er tut mir trotzdem leid. Vor einem halben Jahr ist er mal zu mir gekommen und hat mich um zwanzig Dollar angeschnorrt. Ich fand das zwar nicht so gut, hab ihm das Geld trotzdem gegeben. Bevor er ging, fing er noch an, mir ein paar richtige Gewissensfragen zu stellen.«
    »Was für Fragen?« wollte Rina wissen.
    »Warum ich aus Boro Park weggegangen bin? Warum ich ein konservativer Rabbi geworden bin? Ob das hieße, daß ich nicht wirklich an Gott glaube?« Jonathan seufzte. »Nach Auffassung der Orthodoxen glaube ich tatsächlich nicht an denselben Gott wie sie, weil ich mündlich überliefertes Gesetz für nicht so heilig halte wie das schriftlich überlieferte.«
    Rina zuckte zusammen, was Jonathan nicht entging. »Sehen Sie, sie hält mich auch für einen Apikoros.«
    »Hör auf, Jonathan«, sagte Rina.
    »Nur zu deiner Information«, sagte Jonathan, »ich hab es tunlichst vermieden, Noam meine Entscheidung zu erklären, weil ich nicht die Autorität meines Bruders untergraben wollte.« Zu Decker gewandt: »Ezra und ich haben eine sehr schwierige Beziehung, und ich wollte nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen.«
    »Was haben Sie Noam denn gesagt?« fragte Decker.
    »Ich hab ihm gesagt, er soll seinen Vater fragen.«
    »Sehr geschickt«, sagte Rina.
    Jonathan schüttelte entnervt den Kopf. »Es war nur ein Ausweichmanöver. Noam hat immer noch diese Zweifel. Mit wem soll er denn darüber sprechen? Jetzt sag nicht, mit den Rabbaim. Die machen mit ihm genau das gleiche, was sie mit dir gemacht haben …«
    »Jonathan, du bist verrückt!« blaffte Rina ihn an.
    »Augenblick mal.« Decker streckte die Hände aus. »Augenblick.« Er wandte sich an Rina. »Was haben sie mit dir gemacht?«
    »Ich dachte, sie hätte es Ihnen erzählt«, sagte Jonathan.
    »Du bist absolut …« Rina ballte die Faust und sah dann Peter an. »Sie haben nichts gemacht.«
    »Und das soll ich glauben?« sagte Decker.
    »Sie wollten ihr ausreden, Sie zu heiraten«, sagte Jonathan. »Ganz subtil natürlich. Sie kamen immer zu zweit – einer von beiden gab sich ganz kumpelhaft. Fast wie dieses Guter-Bulle-böser-Bulle-Spiel.« Er sah Decker an. »Ihr macht so was doch, oder?«
    Decker

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