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Tag der Buße

Titel: Tag der Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Teenageralter hausten, eine so peinliche Ordnung zu halten, mußte Breina ein strenges Regiment führen. Er machte eine Bemerkung darüber und versuchte, die Reaktion der Jungen abzuschätzen. Sie lächelten. Es schien ihnen also nichts auszumachen.
    Auf der linken Seite des Schranks waren Fächer mit Stapeln voller sauberer, gestärkter und gebügelter weißer Hemden. Es mußten bestimmt zwanzig Stück sein. Auf der Kleiderstange in der Mitte hingen ordentlich gebügelte schwarze Hosen und schwarze Jacketts, auf denen keine einzige Fussel zu sehen war. Darüber war ein Brett voller schwarzer Hüte. Rechts waren weitere Fächer. Sie enthielten Unterhosen, Unterhemden, Socken und mehrere Dutzend Tallitim Katanim – kleine Gebetsschals, die unter dem Hemd, aber nicht auf der nackten Haut getragen werden. Innen an der Tür befand sich auf halber Höhe eine Stange für Krawatten und Gürtel. Darüber hing ein kleiner viereckiger Spiegel.
    »Welche Kleidergröße hat Noam?« fragte Decker.
    »In Hemden oder Hosen?« fragte Aaron.
    »In beidem.«
    »Wir haben die gleiche Hemdgröße«, sagte Aaron. »Herrengröße fünfzehn. Bei Hosen trage ich Größe dreißig. Ich glaube, Noam hat einunddreißig oder zweiunddreißig.«
    »Ist er schwerer als du?«
    »Schwerer und größer«, sagte Aaron.
    Boruch sah vom Bildschirm auf. »Ich habe die Disketten hier durchprobiert und alle Dateien aufgerufen. Ich hab nichts gefunden, was nach ihm aussieht. Entweder hat Noam eine eigene Diskette, oder er hat alles gelöscht, was er je geschrieben hat.«
    »Danke, Boruch«, sagte Decker. »Es war immerhin den Versuch wert.«
    Boruch schaltete den Computer aus.
    »Würde euch vielleicht auffallen, wenn Kleidungsstücke von ihm fehlen würden?« fragte Decker.
    Die Jungen starrten in den Schrank.
    »Es sieht eigentlich so voll aus wie immer«, sagte Aaron. »Aber er könnte natürlich schon ein Hemd und eine Hose herausgenommen haben, ohne daß mir das auffallen würde.«
    Auf dem Boden des Schranks lagen die Rucksäcke der Jungen. Decker öffnete als erstes den von Noam. Nur Bücher und sonstige Schulutensilien. In seinen Heften waren keine Kritzeleien und keine Namen von Mädchen. Decker fragte die Jungen, ob er auch in ihre Rucksäcke gucken dürfe. Beide waren einverstanden. Diese Bereitwilligkeit zeigte ihm, daß sie nichts zu verbergen hatten. Er warf einen kurzen Blick hinein, dann sah er sich weiter im Zimmer um.
    Als nächstes zog er die Betten ab. Als er da auch nichts fand, nahm er die Matratzen heraus und untersuchte alle drei gründlich. Immer noch nichts. Dann nahm er die Lattenroste heraus. Unter Noams Bett lag ein rosa Kassenzettel, der leicht verblaßt und schon zehn Monate alt war. Irgendwer hatte ein Guns ’n’ Roses-T-Shirt für fünfzehn Dollar fünfzig gekauft. Er fragte die Jungen, ob Noam schon mal so ein T-Shirt trug, wenn ihre Eltern nicht zu Hause waren.
    »Ich hab ihn noch nie ein T-Shirt mit einer Pistole oder einer Rose drauf tragen sehen«, sagte Aaron.
    »Guns ’n’ Roses sind eine Rockgruppe«, sagte Decker.
    Aaron zuckte verständnislos die Achseln.
    »Was ist mit dir?« fragte er Boruch. Manchmal vertrauen sich Kinder leichter jüngeren Geschwistern an als älteren.
    »Ich hab ihn nie ein T-Shirt tragen sehen, außer als Unterhemd zu unseren Tzitzit«, sagte Boruch. Dann dachte er einen Augenblick nach. »Wissen Sie, wir haben da so ein altes Transistorradio. Ich glaube, Noam hört damit manchmal spät abends irgendwelche Sendungen, wenn er glaubt, daß wir schlafen.«
    »Davon hab ich noch nie was mitbekommen«, sagte Aaron.
    »Ich glaube, er benutzt den Kopfhörer«, sagte Boruch. »Wir dürfen schon Radio hören, wenn wir unsere Hausaufgaben gemacht haben und wenn’s Nachrichten oder Sport sind. Abba und ich sind Knicks-Fans. Rockmusik ist natürlich verboten. Aber einige Kinder in der Schule hören sie trotzdem. Sie gucken sogar MTV – sie gehen zu den Elektrogeschäften und stellen sich vor die Fernseher im Schaufenster. Das ist ziemlich gefährlich, weil die meisten Geschäfte frumm Jiddin gehören und die Kinder natürlich nicht wollen, daß ihre Eltern das erfahren.«
    »Hättest du gern einen Fernseher?« fragte Decker.
    »Nee«, sagte Boruch. »Davon verrottet einem das Gehirn.« Decker lächelte. So wie der Junge das sagte, mußte es ein Ausspruch sein, den er irgendwo aufgeschnappt hatte.
    »Vielleicht macht er so was, wenn er herumstreunt«, sagte Aaron. »Vielleicht läuft er im Prospect

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