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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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wissen, daß ich Euch lieben und achten gelernt habe. Ich verlasse Euch mit allem, was ich Euch geben kann: meinem Rat, so armselig er auch sein mag. Ich bitte Euch um das Wohl des Kaiserreiches, das wir beide verehren: Haltet an Euren Zielen fest. Ergreift den Goldenen Thron vor Jiro und seid gewiß, daß Ihr das Richtige für dieses Land und seine Menschen tut.« Er lächelte schüchtern. »Einst habe ich treu Eurem erbittertsten Feind gedient, doch in Eurem Dienst habe ich mehr Ehre und Freude erfahren, als ich mir jemals hätte träumen lassen. Als ich den Minwanabi diente, tat ich es aus Pflichtgefühl und für die Ehre meines Hauses. Wäre Tasaio von einem anderen Herrscher besiegt worden, wäre ich als Sklave gestorben; ich habe den Wert Eurer Überzeugungen daher aus erster Hand kennengelernt. Es sind gerechte Veränderungen, für die Ihr kämpft. Macht Justin zum Kaiser, und herrscht gut und weise. Ich schenke Euch meine Hingabe und ewige Dankbarkeit.«
    Wie immer fühlte sich Incomo unbehaglich, wenn er Gefühle zeigte, und er erhob sich. Er verneigte sich tief, lächelte noch einmal und hastete dann davon, um Saric mit letzten Ratschlägen die Ohren vollzudröhnen, ob er sie hören wollte oder nicht.
    Mara schluckte schwer. Sie betrachtete Arakasis Boten, der müde genug schien, um im Sitzen auf den Kissen einzuschlafen. »Könnt Ihr mir sagen, ob die Nachricht, die Ihr mir überbracht habt, auch an meinen Mann gesandt wurde?« fragte sie sanft. Sie haßte es, ihn aufzuschrecken.
    Der Mann blinzelte und richtete sich auf. »Mistress, Lord Hokanu wird noch vor Euch davon gehört haben, denn er ist näher an Kentosam. Arakasi sandte zuerst jemanden zu Euch, doch er schickte auch andere Kuriere aus, um die Shinzawai zu benachrichtigen.«
    Mara sehnte sich danach zu wissen, was Hokanu getan hatte, als er diese fürchterlichen Neuigkeiten erhalten hatte. Möglicherweise würde sie es niemals erfahren; oder sie würde leben und bedauern, es erfahren zu haben. Denn ob sie das Leben ihres Mannes verwirkt hatte oder nicht, als sie Lujan eine Anweisung gegeben hatte, die gegen den ausdrücklichen Befehl der Versammlung verstieß – tief in ihrem Innern war sie davon überzeugt, daß ihr Mann Jiro niemals erlauben würde, die schützenden Mauern Kentosanis zu erreichen. Schließlich galt es für ihn immer noch, Rache für die Ermordung seines Vaters zu nehmen, und außerdem stand das Leben seiner Erbin auf dem Spiel. Hokanu würde seiner Ehre gemäß handeln und angreifen, dachte Mara, ob mit oder ohne Gebete um Erfolg.
    Sie betrachtete den erschöpften Boten und gab ihm einen Auftrag, von dem sie glaubte, daß er sein Leben am wenigsten in Gefahr brachte. »Ihr werdet diese Reisegruppe verlassen«, befahl sie mit leichter Ironie. Der Bote lauschte sofort aufmerksam. »Ihr werdet augenblicklich weggehen und mir schwören, daß Ihr keine Rast einlegt, ehe Ihr nicht den nächsten Kurier Eurer Staffel erreicht habt. Ihr müßt folgende Anweisungen an Arakasi übermitteln: Sagt ihm, er soll sein Glück suchen. Er wird wissen, wo er es findet, und wenn er Einspruch erhebt, sagt ihm, ich als seine Herrin habe es angeordnet, und seine Ehre gebietet ihm zu gehorchen.«
    Der Bote war jetzt vollkommen wach und verneigte sich. Falls er die Botschaft merkwürdig fand, so zeigte er es nicht; wahrscheinlich hielt er sie für einen raffiniert verschlüsselten Kode. »Wie Ihr wünscht, Mylady.« Er stand auf und verschwand in der Dunkelheit.
    Als Mara allein im Palankin saß, ließ sie die zurückgebundenen Vorhänge wieder zufallen. Die feine Seide raschelte nur leicht und gewährte ihr einen seltenen Moment der Ungestörtheit. Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen. Die Begnadigung, die sie in Chakaha errungen hatte, schien jetzt sinnlos. Wäre sie dort gestorben, wäre das Ergebnis das gleiche gewesen und das Leben ihres Sohnes Jiros Ambitionen zum Opfer gefallen. Voller Selbstmitleid fragte sie sich, ob das Schicksal sie anders behandelt hätte, wenn sie damals, vor so vielen Jahren, Jiro nicht beleidigt hätte, als sie Buntokapi zum Ehemann erwählte.
    Bestraften die Götter sie mit diesem verwickelten, grauenhaften politischen Durcheinander für ihre Eitelkeit? Für ihr egozentrisches, alles zerstörendes Verhalten, um den Namen und die Ehre ihrer Familie aufrechtzuerhalten – ein Verhalten, das seinen Anfang in dem Opfer eines Mannes fand? Sie hatte Buntokapi nur geheiratet, um ihn als Folge ihrer Pläne sterben zu sehen.

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