Tag der Entscheidung
Streifzügen und Patrouillengängen angriffen. Hunderte kamen bei unseren Überfällen um, bis eure Leute von den Bergen genug hatten und nach Hause gingen.«
Zu diesem Zeitpunkt hatten sie die Befestigungen hinter sich gelassen und waren auf der Handelsstraße angekommen, wo die Gefangenen Aufmerksamkeit erregten. Frauen, die in einem breiten öffentlichen Becken Wäsche auf Steinen sauberklopften, hielten in ihrer Arbeit inne, um mit den Fingern auf sie zu deuten und sie anzustarren. Kleine Kinder in bunten Umhängen schrien und rannten hin, um sie sich anzuschauen, oder sie lugten mit weitgeöffneten Augen hinter ihren Müttern hervor, die in Tücher eingewickelte Brotlaibe vom Bäcker in den Händen trugen. Einige der schmutzigeren und wilderen Kinder tollten um die gefesselten Fremden herum und schrien; aus Angst, einige könnten mit Steinen werfen, gab Lujan seinen Kriegern mit einem Kopfnicken zu verstehen, sie sollten sich eng um ihre Herrin scharen, um ihr jeden nur erdenklichen Schutz zu bieten.
Aber es gab keine Feindseligkeiten, abgesehen von ein paar Frauen mittleren Alters, die im Krieg vielleicht Söhne oder Ehemänner verloren hatten. Der Esel, der Kamlio trug, verursachte am meisten Wirbel, denn die Kinder stürzten aufgeregt schnatternd dicht zu ihm. Die Hochländer wehrten sie mit spöttischer Schroffheit ab. Und noch immer riefen die Kleinen: »Es hat nur vier Beine!«
»Warum fällt es nicht um?« schrie ein anderer, etwa im gleichen Alter, in dem Ayaki gewesen war, als er starb.
Der Soldat, der das Tier führte, nahm den Lärm gelassen hin und gab ihnen freche Antworten, daß sie vor Lachen quietschten und schrien.
Mara betrachtete eine Zeitlang schweigend das Geschehen um sich herum. »Wenn diese lärmenden Barbaren die Absicht hätten, uns umzubringen, würden die Mütter ihre Kleinen nicht an uns heranlassen, sondern sie schnell nach Hause treiben«, meinte sie dann.
Lujan drängte sich näher an seine Herrin. »Mögen die Götter geben, daß Ihr recht habt, Mylady.« Insgeheim sorgte er sich weiter. Er sah, daß Kamlio begehrliche Blicke der Männer auf sich zog, die an ihnen vorbeigingen. Die Frauen, die ihre Wäsche bündelten, blickten streng und unfreundlich drein, und ein Stallknecht, der einen Wasserbecher in der Hand hatte, spuckte verächtlich in ihre Richtung. Die Thuril waren eine hitzige Rasse, das hatten die Veteranen stets behauptet, die den Kampf in diesen Bergen überlebt hatten und zurückgekommen waren. Von Beginn an wurden die Kinder von Müttern abgehärtet, die einst als Belohnung einem Krieger zugesprochen oder bei Überfällen geraubt worden waren.
Als die Hochländer ihre Gefangenen auf einem Marktplatz anhalten ließen, konnte man sehen, daß das gesamte Dorf aus einem Ring von Gebäuden bestand, die an den Palisadenzaun gebaut waren und in der Mitte eine Fläche frei ließen, auf der mit Planen bedeckte Stände für die Händler und Gatter aus dornenbesetzten Pfählen für das Vieh standen. Maras Gruppe wurde unter Gelächter und Spottrufen von Schaulustigen in den größten dieser Pferche getrieben. Iayapa lehnte Sarics Bitte um eine Übersetzung ab, und Mara war zu erschöpft, um sich etwas daraus zu machen. Sie wünschte sich nur einen kleinen sauberen Flecken, um sich hinzusetzen; der Boden, auf den sie trat, war voller Schmutz und Dreck der dort zuvor eingesperrten Tiere. Sie wollte schon Kamlio um ihren Platz auf dem Esel beneiden, doch dann erkannte sie bei dem Blick auf die jüngere Frau an ihrer angespannten Blässe, daß das lange Sitzen im Sattel möglicherweise Schmerzen verursachte. Die Männer gestatteten ihr nicht abzusitzen, sondern banden ihr Reittier an einem Pfahl fest, lehnten sich dann mit verschränkten Armen an die Pfosten und murmelten anerkennende Worte über ihre frei herabhängenden goldenen Haare und ihre Schönheit.
Wütend, daß man sich nicht einmal um ihre niedersten Bedürfnisse kümmerte, bahnte sich Mara einen Weg zwischen ihren Offizieren hindurch. Am Tor angekommen, wo die Hochländer zusammenstanden, fragte sie laut: »Was werdet ihr mit meinen Leuten machen?« Sie zitterte vor Wut und Furcht und warf den Kopf zurück, um herabhängende Haarsträhnen aus den Augen zu schütteln. »Meine Krieger brauchen Essen und Wasser und einen ordentlichen Platz, um sich auszuruhen! Ist das die Gastfreundlichkeit, die ihr Fremden entgegenbringt, die in friedlicher Mission kommen? Die Fesseln von Sklaven und ein Pferch für Vieh?
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