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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Vergeltungsmaßnahme rechnen mußte, wenn sie den Häuptling öffentlich beschuldigte. Verzweifelt wandte er sich an Saric. »Wir müssen handeln, und wenn wir nur versuchen, sie abzulenken.«
    Doch als hätte der Erste Berater ihn nicht gehört, trat er vor. Genau in dem Augenblick, da Mara ihren Mund öffnete und zum Sprechen ansetzte, brach Saric das Protokoll und übertönte ihre Stimme mit seinem eigenen Gebrüll. »Häuptling der Thuril«, schrie er, »Ihr müßt verrückt sein, daß ihr der Lady der Acoma keine bessere Gastfreundschaft zuteil werden laßt, als sie in einen Pferch für Tiere zu stecken! Ihr sprecht immerhin mit Mara, der Guten Dienerin des Kaiserreiches und Mitglied der kaiserlichen Familie unseres Lichts des Himmels, Ichindar!«
    Dem Häuptling fiel die Kinnlade herunter. »Sie?« Selbst wenn Verachtung in dem Wort steckte, blieb Saric Äußerung nicht ohne Wirkung. Der ältere Mann enthielt sich einer abschätzigen Bemerkung und winkte mit einer knappen Geste seinen Hauptmann Antaha zurück. Diesmal hatten die Worte des Häuptlings etwas Kurzangebundenes und Herrisches, und auf Drängen Sarics übersetzte Iayapa.
    »Er machte Antaha darauf aufmerksam, daß es seine Aufgabe ist, sich um die Tiere zu kümmern, die er ins Lager bringt: Er soll sie füttern, ihnen Wasser geben und einen Platz zum Schlafen. Aber nicht zuviel, denn Stroh ist rar, und die Götter mögen keine Verschwendung. Das Mädchen auf dem Esel soll in einer Hütte untergebracht werden. Ihre außerordentliche Schönheit soll für denjenigen aufbewahrt werden, der sich das Recht erwirbt, sie zur Frau zu nehmen.« Iayapa blickte besorgt drein, denn bei diesen Worten schien Maras Blick ihn mit der Härte eines Feuersteins zu durchbohren.
    Aber es war kein Groll in ihrer Stimme, als sie ihn aufforderte fortzufahren.
    Iayapa nickte düster und leckte sich über die Lippen. »Der Häuptling dieses Dorfes sagte weiter, daß er von der Dienerin des Kaiserreiches gehört habe, auch, daß sie zur Familie des Kaisers der Tsuranis zählt. Er fügte hinzu, daß Ichindar von Frauen regiert wird und daß er als geborener Hochländer sich niemals dazu herablassen werde, auf der Straße mit einer Frau zu sprechen, ob sie nun die Zugehörigkeit zum kaiserlichen Geschlecht für sich beansprucht oder nicht. Der bestehende Vertrag zwischen Tsuranuanni und der Konföderation macht es ihm aber auch unmöglich, den Männern seines Dorfes Mara als Beute zu überlassen.«
    Enttäuschte Rufe gingen durch die Truppe der Hochländer, die die Lady und ihre Begleiter hergebracht hatten. Zwei besonders Unverschämte machten obszöne Gesten.
    Dann drehte sich der Häuptling zu den Gefangenen um und wandte sich an Maras Kommandeur – in akzentfreiem Tsurani, das er während früherer Kriege gelernt hatte. »Wenn eure Bedürfnisse nicht erfüllt werden, wendet euch an Antaha, er hat die Verantwortung für euch übernommen. Morgen wird er eine Eskorte von zwanzig Kriegern zusammenstellen und euch zum Oberhäuptling nach Darabaldi bringen. Dort wird das Gericht entscheiden, wenn ein Urteil gefordert wird.«
    Saric blickte grimmig drein, als würde er jeden Augenblick explodieren, aber er achtete auf Iayapas Worte, als der ihn flehentlich am Arm berührte. »Erster Ratgeber, provoziert diese Männer oder ihren Häuptling nicht länger. Sie sind kein Volk, das sich gerne über Fragen der Etikette streitet. Sie neigen dazu, einen schnell zum Tode zu befördern, ohne jedes Bedauern. Morgen früh könnten wir alle mit durchtrennter Kehle gefunden werden. Es ist tatsächlich ein großes Zugeständnis, wenn der Häuptling uns nach Darabaldi schickt, anstatt uns unter denen zu verteilen, die uns gefangen haben.«
    Saric betrachtete seine vom Mist verkrusteten Sandalen und tauschte einen angewiderten Blick mit Lujan aus, dessen Finger verloren wirkten, da kein Schwert in der Scheide steckte, das er hätte umklammern können. »Cousin«, meinte der Berater ernst, »wenn das schon ein großes Zugeständnis ist, wie hätte dann bloß ein kleines ausgesehen?«
    Die angespannte Haltung des Kommandeurs schien die Frage zu beantworten, doch er ließ sich seinen Humor nicht ganz nehmen. Er durchbrach die tsuranische Fassade der Gleichgültigkeit und kicherte. »Götter, Mann, ich bin sicher, du wirst selbst dann noch über philosophische Themen grübeln, wenn du als Rauch deinem eigenen Scheiterhaufen entsteigst.« Dann drehte er sich gemeinsam mit dem Ersten Berater um, und die

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