Tag der Entscheidung
Schande auf euer Haupt, ihr Mistkerle voller Ungeziefer, die ihr im Dreck gezeugt wurdet wie Schweine!« An dieser Stelle borgte sie sich aus der Sprache Midkemias den Ausdruck für ein Tier, dessen Gewohnheiten als tadelnswert betrachtet wurden.
Das fremde Wort schien die Thuril in Aufregung zu versetzen, denn sie schauten mißmutig drein, als ihr Anführer vortrat. Rot vor Wut oder Verlegenheit rief er Lujan zu: »Bring das Weib zum Schweigen, wenn du willst, daß sie am Leben bleibt.«
Der Kommandeur der Acoma schaute finster zurück. Mit einer Stimme, die man eher auf einem Schlachtfeld vermutet hätte, sagte er: »Sie ist meine Herrin. Ich bekomme meine Befehle von ihr. Wenn du genug Verstand hättest, um dein Bettzeug nachts nicht zu durchnässen, würdest du genauso handeln.«
Der Anführer der Hochländer brüllte vor Wut wegen dieser Beleidigung. Möglicherweise hätte er sein Schwert gezogen und wäre vorgeprescht, aber einer seiner Begleiter hielt ihn zurück. Ein Wortwechsel auf Thurilisch folgte. Lujan konnte nur in stummer, aber stolzer Verständnislosigkeit stehenbleiben, während der erboste Anführer sich beschwichtigen ließ. Der Hochländer murmelte etwas Knappes und Kehliges zu demjenigen, der ihn zurückgehalten hatte. Dann ließ er brüllendes Gelächter erschallen, das urplötzlich verstummte. Die Männer um ihn herum nahmen Haltung an.
»Das muß ihr Stammesoberhaupt sein«, murmelte Saric. Er war zu Mara getreten, unbemerkt, bis er gesprochen hatte. Mara sah, daß ihre gesamte Eskorte auf einen Mann schaute, der auf der hölzernen Treppe des beeindruckendsten Gebäudes am Rande des Platzes aufgetaucht war und herunterschritt. Straßenkinder stoben flitzend vor ihm davon, als er die freie Fläche überquerte, und die Frauen, die ihre dampfenden Wäschebündel nach Hause trugen, erwiesen ihm ihre Ehrerbietung. Der Ankömmling war alt und bucklig, aber er bewegte sich mit einer Sicherheit, die ihn auch den rauhesten Pfad noch überwinden ließ. Mara schätzte sein Alter auf etwa sechzig Jahre. Kleine Stücke aus Corcara, geschnitzt von Tsuranis, waren in seinen Zopf geflochten; er trug sie zweifellos als Trophäen des Kampfes. Mara unterdrückte einen Schauder, als der Alte sich näherte und sie erkennen konnte, daß die Knöpfe seines Umhangs aus polierten Knochenstücken bestanden. Die Geschichten waren also wahr, und die Thuril glaubten wirklich, daß ihnen ein Stück von einem toten Feind Stärke im Leben verleihen würde. Ihre eigenen Fingerknöchel konnten also genauso rasch als Schmuck an der Kleidung eines Kriegers enden.
Das Oberhaupt der Hochländer blieb stehen, um mit dem Hauptmann des Trupps zu sprechen, der die Verantwortung für die Gefangenen trug. Er deutete auf die Kurtisane mit den goldenen Haaren und den Esel, fügte noch etwas hinzu und lächelte. Der Hauptmann salutierte, offensichtlich von seiner Aufgabe befreit. Seinem selbstzufriedenen Blick nach würde er bald zu seiner Frau nach Hause gehen.
Mara schien erschöpft und entmutigt, und Saric bekam Mitleid mit ihr. »Wollt ihr uns nicht vorstellen?« schrie er.
Der Offizier der Hochländer erstarrte mitten im Schritt. Seine Männer und der Stammeshäuptling beobachteten mit großem Interesse, wie der Mann darüber nachdachte, ob er auf den Zuruf eines Gefangenen antworten sollte. Dann brüllte er in rauhem Akzent zurück. »Stellt euch doch selbst vor, Tsurani! Das Mundwerk deiner Frau scheint groß genug zu sein!«
Ein anderer Hochländer schaltete sich mit boshaftem Vergnügen ein. »Unser Hauptmann ist Antaha, Führer der Loso. Ich sage euch seinen Namen, damit ihr unserem Häuptling sagen könnt, wen er schlagen lassen soll.«
Dieser Einwurf wurde mit überwältigendem Gelächter kommentiert, an dem sich auch der alte Häuptling beteiligte, ja sogar die Kinder auf der Straße und die Frauen am Waschtrog. Über alle Maßen verärgert über diese fremden Leute, drängte sich Mara wieder nach vorn.
Sie wandte sich an den Häuptling, der sich laut glucksend auf die Oberschenkel klopfte. »Ich bin Mara, Herrscherin der Acoma!« sehne sie. »Ich habe die Reise zur Konföderation von Thuril unternommen, um Frieden zu stiften.«
Der Häuptling wurde schlagartig nüchtern und sammelte sich in stummer Wut. »Eine Frau, die mitten im Querdidra-Mist steht, beansprucht, von hohem Rang und Botschafterin des Friedens zu sein?«
Mara glühte vor Zorn. Lujan sah, daß sie nervlich völlig am Ende war und fest mit einer
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