Tag der Entscheidung
unergründliche Maske aufgesetzt hatte, die einem an ein Haus gebundenen Krieger entsprach. Sie war froh, daß sich die Gelegenheit ergeben hatte zu erfahren, was zwischen ihnen geschehen war. Alles, was jetzt noch von den Göttern zu wünschen blieb, war die Gelegenheit sicherzustellen, daß solche besonderen Qualitäten und Fähigkeiten, wie Lujan sie enthüllt hatte, zu voller Blüte kommen konnten. Wenn sie überlebten, beschloß Mara, verdiente dieser Mann hier eine Belohnung, die weit über die gewöhnliche Anerkennung für außerordentlichen Dienst hinausging.
Dann wurden ihre Gedanken von einem Rascheln im Unterholz abgeschnitten. Der erste von drei hohen Bäumen stand vor ihnen, die Stämme uralt und dick genug, daß fünf erwachsene Menschen Schwierigkeiten gehabt hätten, ihn zu umfassen. Als ihr tiefer Schatten kühl über Mara und Lujan fiel, erhob sich ein Ring von Cho-ja-Wachen wie aus dem Nichts, reglos, glänzend schwarz und nackt bis auf die angeborenen Waffen aus poliertem Chitin.
Lujan hielt Mara abrupt fest. Seine zweite, instinktive Bewegung, sie hinter sich und aus der Gefahrenzone zu stoßen und dann das Schwert zu ziehen, gab er auf, als er sah, daß sie umzingelt waren. Diese Cho-ja trugen nicht die menschenähnliche Ausrüstung ihres Ranges wie ihre Artgenossen in den Nationen, und sie konnten sich mit unheimlicher Lautlosigkeit bewegen.
Einen Augenblick standen die zwei menschlichen Eindringlinge und die insektenähnlichen Wachen reglos da.
Mara war die erste, die die Stille durchbrach, indem sie eine Verbeugung ausführte, die ein Gesandter anwenden würde, um eine fremde Abordnung zu begrüßen. »Wir kommen in Frieden.«
Ihre Worte wurden von einem Schnappen begleitet, als alle Wachen gleichzeitig die Vorderarme in Position hoben. Einer von ihnen näherte sich einen halben Schritt, das Gesicht unlesbar. Diese Cho-ja von Chakaha gaben sich nicht die Mühe, menschliche Ausdrucksweisen nachzuahmen, und das Ergebnis verunsicherte Mara. Die fremden insektenähnlichen Wesen konnten sie beide da, wo sie standen, angreifen und abschlachten, und nicht einmal Lujans flinker Blick würde das Signal entdecken können, mit dem ihr Tod befohlen wurde.
»Wir kommen in Frieden«, wiederholte sie, dieses Mal unfähig, das Zittern in ihrer Stimme zu verbergen.
Einen langen Augenblick rührte sich niemand. Mara glaubte, über dem Brummen von Insekten im Dschungel das hohe Summen zu hören, das sie früher in der Kammer der Königin auf ihrem Besitz wahrgenommen hatte. Doch das Geräusch endete, bevor sie sicher sein konnte.
Dann sprach derjenige, der einen Schritt auf sie zugetan hatte und wohl als ihr Befehlshaber bezeichnet werden konnte. »Ihr seid vom Kaiserreich, Menschen. Frieden mit Euresgleichen ist nur ein Vorspiel zu Verrat. Ihr seid Eindringlinge. Kehrt um und geht. Und lebt.«
Mara atmete zitternd ein. »Lujan«, sagte sie in einem Ton, der überzeugend klingen sollte, »legt die Waffen nieder. Zeigt denen, die wir Freunde nennen könnten, daß wir kein Unheil wollen, indem Ihr ihnen Eure Klinge übergebt.«
Ihr Kommandeur hob den Arm, um ihrem Befehl nachzukommen, obwohl sie an seiner Anspannung erkennen konnte, daß ihm der Gedanke nicht gefiel, auch die kleinste Verteidigung, die er ihr bieten konnte, abzulegen.
Doch bevor er seinen Schwertgriff erreichte, hörte er das Schnapp-Schnapp, als die Cho-ja ihre Position verließen und ihr Gewicht zum Angriff verlagerten. Ihr Sprecher meinte: »Berühre dein Schwert, Mensch, und Ihr werdet beide sterben.«
Daraufhin riß Lujan das Kinn empor; sein Gesicht war vor Wut gerötet. »Tötet uns also«, rief er beinahe. »Doch ich behaupte, wenn Ihr es tut, obwohl es meine Absicht ist, mich zu ergeben, seid Ihr alle Feiglinge. Mit meinem Schwert oder ohne sind wir bei Eurem ersten Angriff tot.« Hier blickte er auf Mara, erwartete unausgesprochen ihre Zustimmung.
Seine Mistress nickte ihm etwas steif zu. »Legt die Waffen nieder«, wiederholte sie. »Zeigt, daß wir Freunde sind. Wenn ein Angriff folgt, ist unser Auftrag ohnehin verloren, denn die Lady der Acoma und Gute Dienerin des Kaiserreiches verhandelt nicht mit einer Rasse von Mördern.«
Langsam und bedächtig griff Lujan nach seinem Schwert. Mara sah zu; Schweiß lief an ihr herab, als seine Hand den Schwertgriff berührte und ihn dann umschloß.
Die Cho-ja rührten sich nicht. Vielleicht war das Summen der Insekten eine Art Kommunikation mit ihrer Königin, doch Mara wußte es
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