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Tag der Vergeltung

Tag der Vergeltung

Titel: Tag der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liad Shoham
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ein kleines Lächeln unterdrücken. Wie gut, dass sie Haltung bewahrt hatte. Diese Verhandlungen über das Strafmaß unterschieden sich nur unwesentlich vom Feilschen um einen Teppich auf einem türkischen Basar.
    »Möglicherweise hat einer meiner Mandanten Informationen über den Vergewaltiger aus dem Norden Tel Avivs«, sagte er und baute sich vor ihr auf.
    »Welche Art von Information?«, hakte sie nach. Was ging hier vor sich, wieso brachte er Ziv Nevo ins Gespräch?
    »Über seinen Aufenthaltsort, beispielsweise. Könnte Sie das interessieren?« Er grinste sie an.
    »Um welchen Mandanten handelt es sich?«, fragte sie, obwohl sie meinte, die Antwort zu kennen. Er ging nicht darauf ein.
    Sie standen sich stumm gegenüber. Würde Nevo geschnappt, würde sich die Polizei nicht länger zum Gespött machen, ganz zu schweigen davon, dass die Frauen, die in dem Viertel wohnten, nicht länger dieser Bedrohung ausgesetzt wären.
    »Was will Ihr Mandant als Gegenleistung für den Aufenthaltsort?«, fragte sie, wohl wissend, dass in der Welt, mit der sie es hier zu tun hatte, nichts umsonst war.
    »Mein Mandant verlangt, dass Sie mit Ihren Forderungen auf dem Teppich bleiben«, sagte Schuki Borochov genüsslich.
    Sie erwiderte nichts.
    »Sieben Jahre sind erheblich zu viel, und das wissen Sie, Racheli«, sagte er und wandte sich erneut zum Gehen.
    * * *
    Rachel Zuriel stand am Fenster und blickte auf das Verkehrschaos der Schaul-Hamelech-Straße.
    Sie würde sich mit einigen Staatsanwälten beraten, um sich abzusichern, würde die entsprechenden Genehmigungen einholen lassen, doch letztlich würde sie Borochovs Angebot ablehnen. Die Information über den Aufenthaltsort des Vergewaltigers, so gefährlich er auch sein mochte, hatte für eine mögliche Vereinbarung über das Strafmaß in Faros Fall keinen Wert.
    Würde sie Borochov signalisieren, dass sie daran interessiert sei, von Faro Informationen über Nevos Aufenthaltsort zu bekommen, müsste sie ihm Strafmilderung bieten. Jeder Tag, den ein Mann wie Faro im Gefängnis zubrachte, war ein Tag mit weniger Verbrechen – Reingewinn für die Gesellschaft. Als sie ihre Arbeit aufgenommen hatte, hatten ihr derartige Entscheidungen schlaflose Nächte bereitet. Sie war sich im Klaren darüber, dass sie mit Menschenleben spielte. Hier ein Vergewaltiger, da der Kopf einer kriminellen Organisation. Hier die Opfer des einen, da die Opfer des anderen.
    Nicht, dass sie diese Dinge heute auf die leichte Schulter nahm. Nur hatte sie sich mit den Jahren daran gewöhnt, schwerwiegende Entscheidungen zu treffen. Manchmal musste man Kosten und Nutzen abwägen. Opfer gegen Opfer. Verbrechen gegen Verbrechen. Faros Verurteilung wäre der Höhepunkt in ihrer Karriere. Innerhalb ihrer Amtszeit, so würden alle erfahren, hatte eine der gefährlichsten kriminellen Organisationen Israels einen verhängnisvollen Schlag erlitten.

47
    David Meschulam musste sich am Riemen reißen, um Ziv Nevo, der sich vor ihm auf dem Boden krümmte, keinen weiteren Tritt zu verpassen. Als Borochov ihm sein Kommen angekündigt hatte, hatte er sich geschworen, die Regeln einzuhalten und alles aus Nevo herauszuholen, was er wusste. Doch kaum hatte er ihn gesehen, war er in Rage geraten. Er war ein Hitzkopf, das war sein Problem. Er hatte sich nicht im Griff, sein Jähzorn übermannte ihn und er war außerstande, einen klaren Gedanken zu fassen.
    Als er Nevo aus dem Subaro steigen sah, hatte er Georges Leute darum gebeten, mit ihm unter vier Augen reden zu können. »Wie du willst«, hatten sie gemeint und ihm Nevo überlassen, der offensichtlich erschrocken war, ihm dort zu begegnen.
    »Wieso hast du Faro gesucht?« Obwohl ihm von dem Kampf mit dem Mann in Nevos Wohnung noch alles wehtat, stieß er ihm mit voller Wucht eine Faust in den Magen, was Nevo Höllenqualen verursachte. »Was wolltest du ihm sagen, das du mir nicht sagen konntest?«
    »Ich habe nichts getan, ich habe nichts gesagt«, keuchte Nevo.
    »Ich habe dich gefragt, wieso du Faro gesucht hast, du verdammte Null!«, schrie er.
    »Tut mir leid«, sagte Nevo und versuchte wieder auf die Beine zu kommen, »du hast recht, ich hätte mich an dich wenden müssen, klar.«
    »Wo ist das Auto?« Er packte ihn am T-Shirt und hielt Nevos Gesicht ganz nah vor seines.
    »Welches Auto? Wovon redest du?« Nevo blickte ihn angstvoll an.
    »Mach dich nicht zum Affen«, wisperte Meschulam, »du weißt genau, wovon ich rede – das Auto mit der Sprengladung, das Auto

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