Tag der Vergeltung
Geburt fand der immer seltener statt – hatte er gegen Onanieren vor gewissen Internetpornoseiten eingetauscht. Und nun hatte er, einfach so, auf einmal einen Ständer, wegen des Dekolletés einer Kollegin, an die er bisher nicht einen Gedanken verschwendet hatte. Sie lachte, vielleicht hatte sie es mitbekommen, erneut wurde er rot und drehte ihr rasch den Rücken zu.
Wieder in seinem Büro angekommen, schloss sie die Tür hinter sich und steuerte auf ihn zu. Deutete er die Dinge richtig? So etwas passierte im richtigen Leben nicht, zumindest nicht in seinem. Doch ihr Gesichtsausdruck war unmissverständlich. Sie trieben es dort, in seinem Büro, auf dem schmutzigen Teppich und versuchten den Geräuschpegel niedrig zu halten, damit Aviva nicht stutzig wurde.
Trotz der grässlichen Schuldgefühle, die ihn übermannten, als er nach Hause kam und Merav in Gilis Bett schlummern sah, und obwohl er sich gelobte, es sei ein einmaliges Vorkommnis gewesen, machte er damit weiter. Im kommenden Monat vögelte er mit Adva bei jeder Gelegenheit: in seinem Büro, in ihrer Wohnung, in seinem Wagen. Ihre sexuelle Energie haute ihn um, und es elektrisierte ihn, welche sie bei ihm auslöste. Er fühlte sich wieder jung und begehrt, und sie ließ sich auf Dinge ein, die, nun ja, Merav nicht einmal in Erwägung gezogen hätte. Er ließ sich nicht lange bitten und lebte endlich seine Fantasien mit ihr aus. Immer wieder lag es ihm auf der Zunge, ihr zu sagen, es sei das letzte Mal, und immer wieder wurde er schwach.
Mit der Zeit wurden sie leichtsinnig. Eines Abends – sie hatten geglaubt, es hätten bereits alle Feierabend – überraschte sie Dovi, der Generaldirektor. Sie waren gerade auf seinem Schreibtisch heftig bei der Sache, er mit freiem Oberkörper, sie nur im Slip. »Morgen früh will ich euch beide in meinem Büro sehen!«, schrie er, als er wieder Luft bekam, und knallte die Tür hinter sich zu.
Er meinte, Dovi sicher davon überzeugen zu können, dass es sich um einen einmaligen Ausrutscher gehandelt hatte, doch als er dessen Büro betrat, kapierte er, was die Stunde geschlagen hatte. Nicht allein wegen Dovis Blick – neben ihm saß Roi Wahrman, der Rechtsanwalt der Firma.
»Du machst dir keine Vorstellung, in welche Schwierigkeiten du uns gebracht hast«, wies Dovi ihn zurecht.
»Deine Geliebte hat gegen dich Anzeige erstattet«, setzte der Anwalt fort.
»Weswegen?« Er war fassungslos. Gestern Abend hatte er ihr noch im Büro versprochen, die Sache mit Dovi zu regeln, ihn zu überreden, die Sache zu vergessen.
»Laut Gesetz wird dir sexuelle Belästigung vorgeworfen«, kommentierte Wahrman.
»Wovon redest du da? Das Ganze beruhte auf Einverständnis. Ich habe sie nicht belästigt! Wenn überhaupt, dann hat sie was mit mir angefangen!«
»Das macht keinen Unterschied. Du bist ihr Vorgesetzter. Sie ist dir gegenüber weisungsgebunden. Also handelt es sich um sexuelle Belästigung. Das hat sie auch in ihrer Anzeige angegeben«, fuhr der Anwalt fort.
»Aber warum sollte sie so etwas tun? Das ist doch einfach nur verrückt!«
»Deswegen, du Blödmann«, sagte Dovi und schob ihm energisch ein Blatt Papier hin, »wieso hast du nicht ein Mal daran gedacht? Wenn du fremdgehen willst, bitte schön. Aber warum mit einer, deren Vorgesetzter du bist?«
Er griff nach dem Papier, das auf den Fußboden gefallen war, und wollte lesen, aber die Wörter tanzten vor seinen Augen, er konnte nicht glauben, was er da las.
»Das ist ein Brief von ihrem Rechtsanwalt«, setzte ihn Wahrman ins Bild, »sie fordert eine Entschädigung von der Firma. Fünfhunderttausend Schekel.«
»Kapierst du jetzt, du Schwachkopf?«, ging Dovi auf ihn los. »Jetzt kann ich sie nicht einmal entlassen, ich muss ihr auch noch eine Entschädigung zahlen!«
Er starrte Dovi an, war wie von Sinnen. Seine Hand, die das Blatt in den Händen hielt, zitterte. Mit der anderen Hand fuhr er sich immer wieder durchs Haar. Alles war zu schnell gegangen. Es musste eine Lösung her. Im Endeffekt war es eine Affäre zwischen zwei erwachsenen Leuten, keine sexuelle Belästigung oder etwas dergleichen.
»Ich werde mit ihr reden. Ich weiß nicht, was in sie gefahren ist, aber ich werde mit ihr reden und die Sache in Ordnung bringen. Dovi, verlass dich auf mich. Ich habe einen großen Fehler gemacht, darüber bin ich mir im Klaren, aber ich werde ihn wieder ausbügeln«, sagte er und stand auf.
»Setz dich«, bremste Dovi ihn, »ich bin noch nicht fertig mit
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