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Tag der Vergeltung

Tag der Vergeltung

Titel: Tag der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liad Shoham
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diesem Fall ernsthafte Probleme. Für einen Moment fragte er sich, ob er zu Nevo gehen solle, verwarf die Idee aber. Auch wenn Rosen ihn für unschuldig hielt, Nevo bedroht und zum Geständnis gezwungen wurde, es war nicht relevant. Rosen hatte es Nevo eindeutig erklärt. Ausdrücklich hatte er ihm gesagt, dass ein Geständnis ein Fehler sei, trotzdem hatte er sich nicht davon abbringen lassen. Andererseits hatte er es ihm nicht untersagt, eine Vereinbarung auszuhandeln, bei der die Strafe geringer ausfiele.
    »Also was meinen Sie dazu?«, drängte die Staatsanwältin.

21
    Galith Lavi hasste, wozu sie nun gezwungen war. Wenn Nevo Adi Regev vergewaltigt hatte, so war ihr Angebot zweifellos ein Skandal. Andernfalls machte sie einem unschuldigen Menschen das Angebot, ein Verbrechen zu gestehen, das er nicht begangen hatte, was ihn in Verruf brachte und demütigte. Hatte sie eine Wahl? Die Gegenüberstellung war nichts wert, sie hatte keine Beweise, das Opfer hatte seine Aussage widerrufen. Worauf sie sich stützte, war lediglich die Intuition eines erfahrenen Ermittlers, die eventuell richtig war oder auch nicht.
    »Wir haben einen Deal, gefährliche Körperverletzung, zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung mit Anrechnung seiner Tage in Untersuchungshaft«, sagte Rosen schließlich.
    Zumeist konnte sie die Verteidiger, mit denen sie es zu tun hatte, nicht ausstehen: Sie logen, dass sich die Balken bogen, hatten keinen Begriff von Moral, griffen zu jeder schmutzigen Taktik, um ihren Mandanten gute Dienste zu leisten. Doch ihn mochte sie (nicht nur, weil er ziemlich attraktiv war, wie auch die anderen Kolleginnen fanden). Sie hatte den Eindruck, dass er sie ebenfalls mochte. Obwohl ihr nicht nur einmal der Gedanke gekommen war, ihr dienstliches Verhältnis mal außer Acht zu lassen, hielt sie es nicht für angebracht. Sie war ja ein braves Mädchen, das sich an die Regeln hielt. Hätte Alon, mit dem sie zehn Jahre zusammen gewesen war, nicht kurz vor der Hochzeit entschieden, dass er ein anderes Leben wollte, in dem sie nicht vorkam, wäre sie heute garantiert verheiratet. Vielleicht sogar schon Mutter.
    »Die Medienberichte in dieser Sache müssen wir durchstehen, der Fall hat enorme Aufmerksamkeit bekommen. Aus Sicht des Durchschnittsbürgers kommt eine Freiheitsstrafe auf Bewährung einem Freispruch gleich. Und da gibt es noch diesen Reporter von der Lokalzeitung, der über die Sache wöchentlich berichtet …« Er sprach laut aus, was sie natürlich ebenfalls wusste. Zu ihrem Bedauern hatte dies auch der Bezirksstaatsanwältin übermäßig Sorge bereitet, als sie sich bei ihr die Genehmigung geholt hatte.
    »Das bekommen wir hin. Wir werden erklären, dass Nevo einen ausgezeichneten Verteidiger hat, dem es gelungen ist, sich über die Staatsanwaltschaft lustig zu machen«, sie lächelte ihn an, und als sie sah, dass sein Gesicht ernst blieb, fügte sie hinzu: »Diese Regelung ist im Sinne des Opfers und dem seiner Familie. Hier wird es keine Geschichte geben, wie sie das Leben schreibt – in der die Staatsanwaltschaft eine vergewaltigte Frau nicht weiter für voll nimmt, ihr nicht glaubt, sie brüskiert und keine Rücksicht auf ihre Situation nimmt.«
    Sie hatte sich gestern, auf Eli Nachums Bitte hin, mit Adi Regev getroffen, um zu eruieren, wo sie in der Sache stand. Sie war einem verstörten Mädchen begegnet, innerlich zerrissen und mit einer gehörigen Portion Groll. Sie hatte Eli recht geben müssen. Es war ziemlich wahrscheinlich, dass sie ihre Zeugenaussage aus einem Verdruss zurückgezogen hatte, der nicht mit der Identifizierung zusammenhing. Doch auch wenn sie Adi dazu bewegt hätte, nochmals ihre Meinung zu ändern, bliebe fraglich, was sie im Kreuzverhör aussagen würde. Es stand dem Staat besser zu Gesicht, einen problematischen Deal auszuhandeln, als das Opfer im Zeugenstand sagen zu hören, dass Polizei und Staatsanwaltschaft sie genötigt hätten, den Angeklagten gegen ihren Willen zu identifizieren.
    Assaf Rosen sah sie lange an, ohne etwas von sich zu geben. Sie konnte seine Gedanken lesen: Ging es mit rechten Dingen zu, dass die Staatsanwaltschaft von der geplanten Anklage wegen Vergewaltigung Abstand nahm und sich mit gefährlicher Körperverletzung begnügte? Welche Probleme hatten sich ergeben? Er war schlau genug, um zu kapieren, dass etwas vorgefallen sein musste. Doch auch Galith hatte genug Erfahrung, um zu durchschauen, dass er ebenfalls etwas verschwieg. Es hielt ihn davon ab,

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