Tag der Vergeltung
mit ihm vielleicht einige Tage zu deiner Freundin Orith in der Arava. Nur für einige Tage, bis ich die Dinge geregelt habe …«, sagte er kleinlaut, wich der Frage aus, die sie ihm gestellt hatte.
»Das ist doch der glatte Wahnsinn!« Sie schnellte wieder hoch, wutentbrannt: »Wieso sollte ich das tun? Ich gehe zur Polizei.«
Sie machte sich auf, wollte weg von ihm, weg von den Dingen, die er von sich gegeben hatte.
Er rannte ihr nach und hielt sie am Arm fest. »Merav … ich bitte dich … das ist nichts für die Polizei … Ich würde selbst hingehen, wenn ich mir von dort Hilfe erwarten würde … Diese Leute kennen keine Grenzen … sie lassen sich nicht aufhalten«, sagte er nüchtern.
Sie sah ihn an, machtlos. Sie zweifelte nicht daran, dass Ziv seinen Sohn von ganzem Herzen liebte, dass dieses Kind auch für ihn der Mittelpunkt seines Lebens war und er nichts unternehmen würde, wodurch ihm etwas zustoßen könnte.
»Ziv, was hast du getan?«, fragte sie und hörte ihre eigene Stimme beben.
Er gab keine Antwort und senkte den Blick.
»Was hast du getan? Hat es mit dieser Vergewaltigung zu tun?« Sie schrie jetzt beinahe: »Wie konntest du es wagen, deinen Sohn in Gefahr zu bringen? Wie?«
»Du hast recht … ich … ich habe mich da in eine Sache verstrickt …«, sagte er und schaute ihr in die Augen. »Könnte ich nur ändern, was ich getan habe. Ich werde es versuchen hinzubiegen, aber das wird dauern. So lange ist Gili in Gefahr. Der einzige Weg, ihn zu schützen, ist, mit ihm für einige Tage wegzufahren …«
Sie wollte ihn am liebsten weiter anschreien, hielt sich aber zurück. Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben. Gili war tatsächlich in Gefahr.
»Versprich mir, dass du mit ihm wegfährst«, bat er.
Sie erwiderte nichts.
»Ich muss gehen«, durchbrach er das Schweigen.
Er drehte sich um und entfernte sich. Da rief sie ihm nach. Er sah sich um.
»Pass auf dich auf«, sagte sie.
26
Kriminalkommissar Eli Nachum saß in seinem Fahrzeug und hatte das Haus von Adi Regev fest im Blick. Abends ließ sich in dieser Straße nur äußerst mühsam ein Parkplatz auftreiben, vormittags hingegen war hier kaum ein Auto zu sehen. Was zum Teufel machte er hier? Höchstwahrscheinlich war Adi, wie die meisten Leute dieser Gegend, jetzt auf der Arbeit. Und selbst, wenn sie zu Hause war, na und? Was hatte er hier zu suchen?
Er war erst einige Tage im Zwangsurlaub und schon hielt er es zu Hause nicht mehr aus. Wie ein Gefangener lief er in den Zimmern auf und ab, auf der Suche nach einer Beschäftigung, er fand aber keine. Seine Stinkwut darüber, wie man mit ihm verfahren war, wie man ihn nach all den Dienstjahren, in denen er Loyalität bewiesen hatte, einfach abserviert hatte, setzte ihm zu. Zum Teufel noch mal, er hatte doch alles getan, was in seinen Kräften stand!
Seinen Frust ließ er an Leah, seiner Frau, aus. Jedes Wort von ihr ließ ihn aufbrausen. Er meinte, sie kreide es ihm an, dass sie ihn in Zwangsurlaub geschickt hatten, sie sei von ihm enttäuscht und empfinde das Ganze als peinlich. Ihre Rollenverteilung war über die Jahre klar geregelt gewesen. Er ging zur Arbeit, sorgte für den Lebensunterhalt. Sie war zu Hause, zog die Kinder groß. Und nun, Jahre vor seiner eigentlichen Pensionierung, saß er mit ihr von morgens bis abends zu Hause fest. Zunächst hatte er sich mit dem Gedanken getragen, ihr nichts von den Vorfällen zu erzählen, bis sich die Dinge klären würden, doch die bösen Zungen waren ihm zuvorgekommen. Schließlich war auch Leahs Bruder bei der Polizei und noch bevor er zu Hause eingetroffen war, hatte die Schwägerin sich bei Leah telefonisch erkundigt, ob an dem Gerücht, das über die Gänge ging, etwas Wahres dran sei.
Daher hatte er bereits am Tag zuvor entschieden: Sollte der Verlust seines Arbeitsplatzes nicht mit dem Verlust der Familie einhergehen, täte er besser daran, die Wohnung zu verlassen. Zunächst hatte er sich dabei ertappt, wie er vor Nevos Haus parkte. Wenigstens überließ ihm die Polizei noch den Dienstwagen. Stunden hatte er im Wagen gesessen, den Hauseingang im Blick, in der Erwartung, dass er herauskäme. Einfach so, ohne Absicht. Er wusste es ja – die Sache mit Nevo war abgeschlossen. Selbst wenn er neue Beweise fände, würde das nichts ändern. »Doppeltes Risiko«, würden sie zu ihm sagen – was im Prozess durchgesetzt worden war, ließ sich nicht rückgängig machen.
Nach einigen Stunden, ohne jegliche Spur von Nevo, war
Weitere Kostenlose Bücher