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Tag der Vergeltung

Tag der Vergeltung

Titel: Tag der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liad Shoham
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hier die Fragen.«
    Er bekam keine Luft und versuchte sich von dem Mann zu befreien, doch bei jeder Bewegung hatte er höllische Schmerzen.
    »Wo ist dein Sohn?«, fragte der Mann und lockerte leicht den Griff.
    Eli hustete, krümmte sich, weil ihn seine eigenen Rippen gleich aufspießen würden, er gab sein Bestes, regelmäßig zu atmen. Der Mann erhob sich kurz von seinem Oberkörper, als wollte er sich gleich nur noch fester darauflehnen, Eli streckte die Arme zur Seite, er kapitulierte. Mindestens eine Rippe war gebrochen; würde sich der Mann wieder auf ihn lehnen, könnte sie sich in seine Lunge bohren. Seine Hand stieß gegen etwas. Vorsichtig taste er danach und wusste gleich, was es war: eine Bierflasche.
    »Ich mach dich kalt, kapierst du?«, raunte sein Angreifer. Eli nahm die Flasche fest in die Hand und schlug seinem Widersacher damit ins Gesicht.
    Mit einem Gegenschlag, noch dazu einem derart heftigen, hatte der Mann nicht gerechnet, er taumelte, war fürs Erste außer Gefecht gesetzt. Eli musste jetzt schnell sein, das wusste er, den Überraschungseffekt nutzen. Er hieb mit der Faust in das Gesicht des Angreifers. Auch dieser Schlag hatte gesessen. Er hatte seine Nase getroffen und hörte ihn vor Qual aufstöhnen.
    Der Mann rollte sich von ihm weg und fasste sich an die Nase. Nachum gewann die Oberhand. Trotz seiner heftigen Schmerzen gelang es ihm, dem Mann den Ellbogen in die Leistengegend zu rammen. Der andere jaulte und wand sich. Eli stand langsam auf, verlagerte sein Gewicht auf das unverletzte Bein und musterte seinen Gegner. Er hatte keine Ahnung, wer er war und was er hier zu suchen hatte. Ihm brummte der Schädel, der Schmerz in Knie und Gesicht war unerträglich. Er musste jetzt seinen leichten Vorteil nutzen und die Wohnung verlassen. Dieser Mann war jünger und stärker als er. Gleich wäre er wieder auf den Beinen. Eli hatte eine Familie, die ihn liebte und auf ihn angewiesen war. Er hatte Verantwortung. Er durfte nichts aufs Spiel setzen. Wenn er jetzt aus der Tür ginge, käme er heil davon. Doch die Neugier und der unbedingte Wille, den Fall zu knacken, waren stärker als er. Er war immer mit Leib und Seele Polizist gewesen. Nach der Sache mit dem brennenden Auto in Netanja hatte er Leah schwören müssen, sein Leben nicht noch einmal zu riskieren, an seine Familie, an seine Verantwortung zu denken. Er hatte ihr ein Versprechen gegeben und es bisher auch gehalten. Sagen wir, er hatte keine Gelegenheit gehabt, es zu brechen. Doch nun war er hier – viele Jahre später – und konnte nicht einfach winselnd davonschleichen.
    Sein Angreifer wollte aufstehen, war aber nicht dazu imstande. Sein Schlag hatte gesessen. Eli vesuchte tief zu atmen und dabei seine Rippen zu schonen. Er musste sich beruhigen, sein Adrenalin senken. Nur so konnte er Herr der Lage werden. In solchen Situationen war ein kühler Kopf ebenso viel wert wie Schlagkraft.
    »Wer bist du und was willst du von meinem Sohn?«, fragte er. Ihm war klar, dass er diesem Typen auf keinen Fall verraten durfte, dass er sich gerade mit einem Polizist anlegte. Er spielte besser mit. Dann bekäme er auch Informationen. Er hielt ihn für Nevos Vater? Bitte schön.
    Der Angreifer murmelte etwas Unverständliches. Eli beugte sich zu ihm, da rollte der andere auf ihn zu und trat ihm erneut gegen das linke Knie. Eli verlor das Gleichgewicht und ging zu Boden. Der andere richtete sich auf und rammte ihm den Schädel in die Brust. Er wand sich vor Schmerz, wieder hatte er die Kontrolle verloren. Der andere vergeudete keine Zeit, stand stöhnend auf, umschloss Elis Hals mit beiden Händen und drückte zu.
    Eli spürte, wie er drauf und dran war, das Bewusstsein zu verlieren. In Kürze wäre er erledigt. »Wo ist dein Sohn?«, hörte er ihn von Weitem donnern.
    »Ich weiß es nicht«, brachte er gerade noch hervor.
    Trotz der Dunkelheit glühten die Augen des Mannes. Der Zorn und die Wut, die von ihnen ausgingen, machten ihm Angst.
    Plötzlich ließ sein Widersacher von ihm ab.
    Nachum schnappte nach Luft, bis seine Rippen es ihm heimzahlten. Eine Sekunde länger und er hätte ins Gras gebissen.
    »Sag deinem Sohn, er soll nicht vergessen, was Me’ir ihm in Abu Kabir gesagt hat.«
    »Wer?« Eli war irritiert. Wer zum Teufel war Me’ir?
    Der Angreifer schwieg und ging zur Tür. Eli blickte ihm nach und registrierte, dass der Mann umkehrte, mit einem Bein Schwung holte und ihm zum Abschied noch einen Tritt in den Bauch versetzte.

36
    Als er

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