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Tag des Opritschniks, Der

Tag des Opritschniks, Der

Titel: Tag des Opritschniks, Der Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Sorokin
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andere Seite des Platzes, um das Maljuta-Skuratow-Denkmal herum. Da steht er, unser Ahnherr in Bronze, schneebepudert, klein und gebeugt, stämmig, mit langen Armen und diesem starren, durchdringenden Blick unter buschigen Brauen hervor … Aus der Tiefe der Jahrhunderte blickt er zu uns nach Moskau herein, und sein staatsmännisches Auge zuckt nicht, da es herabschaut auf uns, die Erben des Gewaltigen Werks, das er und seine Opritschnina einst in Angriff nahmen … Maljuta schaut und schweigt.
    Wir fahren an das linke Tor heran, der Alte hupt. Das Tor wird geöffnet, wir rollen in den Innenhof, stellen die Autos ab. Betreten die Geheime Kanzlei.Jedes Mal, wenn ich unter ihre Gewölbe trete, den grauen Marmor mit den strengen Fackeln und Kreuzen, setzt mein Herz für einen Moment aus und klopft hernach anders. Besonders. Es ist der Herzschlag der Geheimen Sache. Die den Staat im Innersten zusammenhält.
    Ein wackerer Kosakenhauptmann in fescher himmelblauer Uniform empfängt uns, erweist die Ehrenbezeigung. Geleitet uns zu den Fahrstühlen, hinauf in die oberste Etage und bis zum Kabinett des Vorstehers der Geheimen Kanzlei, Fürst Terenti Bogdanowitsch Buturlin, ein enger Freund unseres Gossudaren. Wir treten ein: voran der Alte, wir hinterher. Buturlin begrüßt uns. Der Alte wechselt mit ihm einen Händedruck, wir machen eine tiefe Verbeugung. Buturlins Gesicht ist ernst. Er lädt den Alten ein, Platz zu nehmen, setzt sich ihm gegenüber. Wir nehmen hinter dem Alten Aufstellung. Das Gesicht des Vorstehers der Geheimen Kanzlei kann einen das Fürchten lehren. Terenti Bogdanowitsch mag keine Scherze. Er hält sich mit Vorliebe an sein schwieriges, verantwortungsvolles Werk: Verschwörungen aufdecken, Spione und Verräter aufgreifen, staatsfeindliche Umtriebe im Keim ersticken. Jetzt sitzt er schweigend da, den Blick auf uns gerichtet, lässt eine Bußkette aus Elfenbein durch die Finger gleiten. Dann spricht er, zwei Worte nur:
    »Ein Spottgedicht.«
    Der Alte sagt noch nichts, wartet ab. Auch wir stehen still und atmen nicht. Buturlin blickt uns forschend an, dann fügt er hinzu:
    »Auf die Familie des Gossudaren.«
    Der Alte fängt an, in seinem Ledersessel herumzurutschen, furcht die Stirn, knackt mit den kräftigen Fingern. Wir stehen hinter ihm wie vom Donner gerührt. Buturlin gibt ein Kommando, worauf sich die Vorhänge vor die Fenster ziehen, es wird schummrig im Raum. Noch ein Kommando erteilt der Vorsteher der Geheimen Kanzlei, und im Halbdunkel erscheinen schwebend die aus dem Russischen Netz gezogenen Worte, glühen, schillern in der Dunkelheit:
     
    Ein wohlmeinender Anonymus
    DER WERWOLF IM FEUER
     
    Feuerwehr, Pfaffen,
    Geheimpolizisten
    Suchen verzweifelt nach
    Einem Vermissten,
    Suchen – per Funk, Steckbrief,
    Spürhund, was weiß ich –
    Einen Herrn Grafen
    So um die dreißig,
     
    Mittelgroß, dunkelblond,
    Stolz und verschlossen.
    Nachtblauer Smoking
    Sitzt wie angegossen.
    Schwerer Brillantring
    Aus Gold, linke Hand,
    Ringkopf in Igelform.
    Sonst nichts bekannt.
     
    Stolz und verschlossen?
    Sind Grafen in Massen.
    Auch soll ein Smoking
    Nach Möglichkeit passen.
    Und was den Ring betrifft:
    Geld, drin zu schwimmen,
    Ist eines Grafen
    Ureigne Bestimmung!
     
    Wer also ist’s,
    Dass die Leute so hecheln?
    Was hat er ausgeheckt?
    Welches Verbrechen?
    Wen sucht ganz Moskau
    Mit Macht zu ergreifen? –
    Hört, was die Spatzen
    Vom Dache so pfeifen!
     
    Fuhr einst fürbass
    Ein Graf Koks im Rolls-Royse,
    Hockt’ wie ein Uhu im
    Edlen Gehäuse,
    Äugend und blinzelnd,
    Mit finstren Allüren,
    Schmallippig pfeifend
    Den Ritt der Walküren.
     
    Aber! Ein Feuer!
    Und auf dem Balkon
    Steht die Marquise
    Von Y.!
     
    Unten vorm Haus
    Steh’n die Leute und gaffen
    Schadenfroh: »Recht geschieht’s
    Denen, die raffen!
    Denen, die an sich zieh’n,
    Was letzten Endes
    UNS gehört! Diebesgut!
    Ätsch! Da verbrennt es!«
     
    Der Graf aber handelt,
    Ohne zu säumen,
    Entsteigt dem Rolls-Royce
    Und den düsteren Träumen.
    Bietet dem Pöbel,
    Dem garst’gen, die Stirn,
    Klimmt übers Fallrohr,
    Zu retten die Dirn.
     
    Dritter Stock. Vierter Stock!
    Ohne zu zagen!
    Endlich der fünfte, wo
    Flammen schon schlagen.
    Balde schon greifen sie
    Ohne Pardon
    Nach der Marquise auf dem
    Schönen Balkon!
     
    Gott! Dieser Anblick
    Ist großes Theater:
    Um die Marquise, nackt und fahl,
    Wabern Schwaden
    Bläulichen Rauchs, und
    Dazwischen die Lohe
    Wirft einen Schein auf
    Die Büste, die hohe …
     
    Sehet den

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