Tag des Opritschniks, Der
zu lesen:
Wie du liefst, flink und fröhlich, ins Offne,
Wie du streiftest durch Wald und durch Feld,
Wie zur Schule du gingst »na Rubljowke«,
Wie du flüstertest: Du, meine Welt!
Wie du wolltest stets standhaft und rein sein,
Wie du frei zu sein absahst dem Wind,
Wie du glänztest im Zeugnis mit Einsen,
Wie du necktest manch liebreizend Kind,
Wie du umgingst mit Nagel und Hammer,
Wie im Turnen du stets warst ein Ass,
Wie du inniglich liebtest die Mama,
Wie du spurtest. Auf dich war Verlass!
Wie den Hund auf die Gasse du führtest,
Wie dein erstes Herbarium entstand,
Wie den Sturmwind im Ofen du hörtest,
Wie das Ruder du nahmst in die Hand,
Wie du Lenkdrachen bautest mit Wappen,
Wie du Möhren und Schwarzwurzel zogst,
Wie du rittest auf fügsamem Rappen,
Wie beim Vater im Flugzeug du flogst,
Wie du eifrig Chinesisch studiertest,
Wie du lerntest: »Guojia« heißt »der Staat«,
Wie die Schießbuden du frequentiertest,
Wie vom Zehner du sprangest im Bad …
Wie dich Russland berührt’ – jene Saite,
Wie die Brust ward auf einmal so weit,
Wie das Leben es gut mit dir meinte,
Wie sie anbrach zuletzt, deine Zeit …
Tatsächlich nicht schlecht. Wie immer bei Syrkow ein bisschen sehr gefühlsbetont, doch dafür plastisch und anschaulich, da hat der Händler recht. Das Buch muss ich haben – um es zuerst selber zu lesen und dann Posocha zu schenken, damit er es sich anstelle dieser schmuddeligen »Heimlichen Märchen« zu Gemüte führt. Vielleicht bringt das den Schwachkopf mal zur Besinnung …
»Wie viel?«, frage ich.
»Drei Rubel für jedermann und zwoeinhalb für den Herrn Opritschnik.«
Das ist nicht wenig. Aber die Lebensgeschichte des Gossudaren wäre nun wirklich die falsche Gelegenheit zum Sparen. Ich reiche dem Händler das Geld. Er nimmt es mit einer Verbeugung. Ich stecke das Buch ein, steige wieder in meinen Merin.
Und gebe Gas.
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STERNE AUSLÖSCHEN ist kein Honiglecken, pflegt unser Alter zu sagen. Wie auch – handelt es sich doch um eine Staatsangelegenheit. Die noch dazu ein Gespür verlangt, eine besondere Herangehensweise. Mit einem Wort: Köpfchen. Demnach einen Fuchs als Vollstrecker. Der sich immer wieder etwas einfallen lassen muss. Das ist schon etwas anderes als Gutshäuser abfackeln …
Also wieder ins Stadtzentrum. Wieder die überfüllte Jakimanka entlang, auf der roten Spur. Kamenny Most – über die Brücke. Die Sonne lugt hinter den winterlichen Wolken hervor. Der Kreml erstrahlt in ihrem Licht. Wie gut, dass seine Mauern weiß sind, seit zwölf Jahren schon. Und anstelle der satanischen Fünfzacke die goldglänzenden doppelköpfigen Staatsadler auf den Türmen des Moskauer Kremls prangen.
Bei schönem Wetter ist der Kreml eine Augenweide. Welch ein Glanz von ihm ausgeht! Der Russländische Regierungspalast blendet so, dass einem der Atem stockt. Weiß wie aus Zucker gegossen stehen die Türme und Mauern, von den Kuppeln ein goldenes Glühen, pfeilschlank ragt der Große Iwan in den Himmel, zur Kirche des Heiligen Johann mit der Leiter gehörig, von Blautannen wie von strengen Wächtern umstanden. Stolz und frei weht Russlands Flagge. Hier hinter den gezackten schneeweißen Mauern schlägt das Herz der russischen Erde, hier hat der Staat seinen Thron, Mutter Heimat ihren Brustkorb, ihr Sonnengeflecht. Für diese Zuckermauern, diese Doppeladler, diese Flagge, für die in der Erzengel-Michael-Kathedrale ruhenden Gebeineder russländischen Herrscher, für Rjuriks Schwert, für die Mütze des Monomach, für die Zarenkanone und die Zarenglocke, für das Kopfsteinpflaster auf dem Schönen Platz, für die Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale, für die Kremltürme, für all dies sein Leben hinzugeben fiele nicht schwer. Und hätte man ein zweites – mit Freuden gäbe man es hin für den Gossudaren.
Mir stehen Tränen in den Augen …
Ich biege ein auf die Wosdwishenka. Der Faustkeil zwackt mich mit drei Peitschenhieben: Ein Aktivist von den Wackeren Burschen rapportiert, es sei bei ihnen alles bereit zum Auslöschen. Möchte aber trotzdem noch Einzelheiten absprechen, bedenken, bebrüten und bekakeln … Er ist von der Sache nicht überzeugt, das ist einmal klar. Deswegen komme ich ja gefahren zu dir, du Trantütchen! Der junge Graf Uchow aus dem Engsten Kreis führt die Truppe an, die dem Gossudaren persönlich untersteht. Mit vollem Namen heißt sie »Bund der wackeren russländischen Burschen im Namen des Guten«. Durch die Bank
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