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Tag des Opritschniks, Der

Tag des Opritschniks, Der

Titel: Tag des Opritschniks, Der Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Sorokin
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und ein sauberer Vertrag unterschrieben – worauf die zwölf Laster mit »gehobener Schneiderei« ins ferne Albanien entschweben. Und die Zöllner uns wieder einmal gelinkt haben.
    Ich überlege. Potrocha wartet.
    »Pass auf, Bursche. Du besorgst dir den Herzkasper, beraumst mit dem Sekretär eine Sachverhaltsklärung an, nimmst zu dem Treffen einen geschmierten Federfuchser mit und stellst ein paar von unseren Ärzten dazu. Einen getürkten Vertrag habt ihr dabei?«
    »Selbstverständlich. Für wann soll ich das Treffen ansetzen?«
    Ich blicke auf die Uhr.
    »In anderthalb Stunden.«
    »Gut.«
    »Und dem Sekretär kannst du schon mal stecken, dass er es mit mir zu tun kriegt.«
    »Alles klar.«
    Ich stecke den Faustkeil ein. Drücke die Zigarette aus. Die Landung ist schon bekanntgegeben. Ich halte die flache Hand vor die Tischplatte, danke dem Gläsernen für das Mahl und stiefele durch den zartrosa getünchten, nach Akazienblüten duftenden Korridor zum Flieger. Der ist nicht groß, aber bequem, eine Boeing-Izendi 797 – rundum chinesisch beschriftet, versteht sich: Wer die Boeing baut, darf sie auch anmalen. Ich gehe in die erste Klasse und setze mich. Außer mir sind noch drei Personen in der Kabine: der alte Chinese mit dem Knaben und die einzelne Dame. Alle drei Zeitungen, die bei uns erscheinen, liegen aus: die »Rus«, der »Kommersant« und die »Wosroshdenije«. Aber die Nachrichten kenne ich schon alle, und sowieso habe ich gerade keine Lust, vom Papier zu lesen.
    Der Flieger startet.
    Ich bestelle mir einen Tee, dazu einen alten Film: »Rette sich, wer kann!« Wenn ich zu einem Einsatzfliege, gucke ich mir immer Filmkomödien von früher an, aus alter Gewohnheit. Die sind witzig, auch wenn sie aus Sowjetzeiten stammen. Die hier handelt zum Beispiel davon, dass Löwen und Tiger per Schiff befördert werden und unterwegs aus den Käfigen ausbrechen und die Leute erschrecken. Man guckt zu und denkt: Russen hat es damals, zu Zeiten der Roten Wirren, genauso gegeben, und sie hatten genauso ihren Spaß am Leben wie wir. Nur dass sie größtenteils Atheisten waren.
    Ich schiele zur Seite, um mitzukriegen, was die anderen gucken: Die Chinesen gucken die »Rebellen vom Liang Shan Po«, das war klar. Und die Dame … oho, da staune ich aber: »Die Große Russische Mauer«. So wie die Dame aussieht, hätte ich diese Vorliebe nie für möglich gehalten. »Die Große Russische Mauer« … An die zehn Jahre ist es her, dass unser großer Fjodor Lysy, genannt Yeti Fedi, diesen Film gedreht hat. Den bedeutendsten in der Geschichte des Wiedergeborenen Russland. Darin geht es um die Verschwörung zwischen der Auswärtigen Kanzlei und der Duma, die Errichtung der Großen Westmauer, den Kampf des Gossudaren, die Anfänge der Opritschnina und um Waluj und Sweroga, die zwei Helden, die damals auf der Datscha des schurkischen Ministers ihr Leben lassen mussten. Ein Fall, der unter der Überschrift »Filetieren und verkaufen« in die Annalen Russlands eingegangen ist. Was hat dieser Film für Aufregung verursacht, wie viel Streit, wie viele Fragen und Antworten heraufbeschworen! Wie viele Beulen seinetwegen Köpfe und Karossen abbekamen! Der Schauspieler, der den Gossudaren darstellt, ist anschließend ins Kloster gegangen. Es ist lange her, dass ich den Film zum letzten Mal gesehen habe. Doch ich kenne ihn immer noch auswendig – war er doch für uns Opritschniki beinahe eine Art Lehrfilm.
    Vor mir in der blauen Blase die Gesichter des Außenministers und seines Helfershelfers, des Duma-Vorsitzenden. Sie hocken auf der Ministerdatscha und schmieden den furchtbaren Komplott zu Russlands Teilung.
     
    DUMA-VORSITZENDER: Gesetzt den Fall, wir reißen die Macht an uns. Was fangen wir mit Russland an, Sergej Iwanowitsch?
    MINISTER: Filetieren und verkaufen.
    VORSITZENDER: An wen?
    MINISTER: Den Osten an die Japaner, Sibirien an die Chinesen, den Kreis Krasnodar an die Ukrainer, den Altai an die Kasachen, das Gebiet Pskow an die Esten, Nowgorod an die Weißrussen – und das Mittelstück behalten wir. Alles ist gerüstet, Boris Petrowitsch. Das Personal ist rekrutiert und befindet sich an Ort und Stelle. (Vielsagende Pause, Kerzenschein) Schon morgen kann’s losgehen. Was meinst du?
    VORSITZENDER (sich umblickend): Ein bisschen Bammel hab ich schon, Sergej Iwanowitsch …
    MINISTER (fasst den Vorsitzenden um die Schultern, bläst ihm seinen heißen Atem ins Gesicht): Nur keine Angst! Wir beide zusammen werden Moskau ausnehmen!

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