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Tag vor einem Jahr

Titel: Tag vor einem Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Geraghty
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isst.
    »Wie auch immer«, sagte Laura, »es heißt, er sei sogar noch besser als Reggie the Reader in New South Wales.«
    »Reggie?« Der Name schien mir für einen Seher nicht würdevoll genug.
    Wir senkten beide unsere Köpfe und aßen schnell unsere Suppe auf. Sie war viel zu heiß, schmeckte aber widerlich, wenn man sie kalt werden ließ. Laura war zuerst fertig und lehnte sich im Stuhl zurück.
    »Was hat er ihr erzählt? Weiter, Grace.«
    Ich dachte darüber nach, wie ich am besten beginnen sollte. Dann atmete ich tief durch und erzählte ihr das Ganze. Sogar das Stück mit der Haarlocke. Während meines Monologs nickte Laura beständig und schaute mir auf den Mund, als würde sie von meinen Lippen ablesen. Als ich fertig war, warf sie ihren Löffel in den Suppenteller, wo er klirrend liegen blieb.
    »Ich wusste es.« Sie schlug mit der Hand auf den Tisch.
    »Was davon?«, fragte ich neugierig.
    »Das mit dem Richtigen «, zischte Laura. »Es ist Bernard,
nicht wahr?« Noch immer konnte ich vor mir sehen, wie Mary seinen Namen mit den Lippen formte, als ich abfuhr. Laura drängte weiter. »Ich meine, es ist eindeutig nicht Shane. Du hast seit seinem Wochenende mit ihm kaum von ihm gesprochen. Früher hätte uns ein Wochenende wie dieses bis mindestens Mittwoch beschäftigt.« Laura sah mich triumphierend an, und ich musste zugeben, dass sie Recht hatte.
    »Bernard geht mit Caroline aus.«
    Laura schnaubte und warf mit einer wilden Kopfbewegung ihre goldene Mähne nach hinten.
    »Was?«, fragte ich. Trotz des nagenden Schuldgefühls, brannte ich darauf, über ihn zu sprechen.
    »Sei ehrlich zu dir selbst, Grace.« Laura nippte an ihrem Wasser, das mit Kohlensäure und einem winzigen Hauch von Pfirsichgeschmack versetzt war. »Ich habe gesehen, wie du ihn ansiehst.«
    »Wie ich ihn ansehe?«, kreischte ich.
    »Okay, okay, reg dich nicht auf. Er sieht dich auch so an. Ich habe ihn dabei ertappt.«
    »Wie denn?«, bohrte ich nach.
    »Das weißt du.« Sie grinste.
    »Nein, sag es mir.« Ich hielt den Atem an, wartete.
    »Als wärst du die einzige Person im Raum.« Sie seufzte gelangweilt angesichts der uninteressanten Einzelheiten. Unfähig aufzuhören, drängte ich sie rücksichtslos weiter.
    »Aber Caroline hat sich in ihn verliebt«, flüsterte ich und hasste mich selbst.
    »Ich bin nicht der hellste Kopf vielleicht, aber eins weiß ich.« Sie schaute mich lächelnd an.
    »Was?«, fragte ich. »Was ist das eine, das du weißt?«
    »In der Liebe wie im Krieg ist alles erlaubt.« Sie zwinkerte.

    Dann war sie von dem Thema gelangweilt und begann über ihr bevorstehendes Casting bei Big Brother zu sprechen, wovon ich kein einziges Wort wahrnahm. Ich dachte über Bernard nach. Darüber, dass er mich ansah, als wäre ich die einzige Person im Raum. Man stelle sich vor, jemand sah mich so an. Und wenn Laura das sagte, dann musste es stimmen, denn ihre Toleranzschwelle gegenüber »diesem krank machenden Rumgeturtel«, wie sie es nannte, war unglaublich niedrig.
    Als ich nach dem Mittagessen an meinen Schreibtisch zurückkehrte, war noch immer keine Spur von Bernard zu sehen. Mein Nacken schmerzte schon von all dem Kopfrecken während der vergangenen beiden Tage, an denen ich nach ihm Ausschau gehalten hatte. Wenn ich nicht gerade damit beschäftigt war, bahnte ich mir einen Trampelpfad zur Damentoilette und zurück, um mein Make-up stündlich aufzufrischen, sicher ist sicher. Meine Wimpern waren von dem mehrfachen Auftragen der Mascara ganz verklebt. An den letzten beiden Tagen war ich früh aufgestanden, um Oberteile zu bügeln, die ich unter meinem Kostüm tragen konnte, und damit war klar, was mit mir los war. Für gewöhnlich legte ich das Oberteil, das ich anziehen wollte, in der Nacht davor unter meine Matratze, was recht gut den Zweck erfüllte.
    Das Telefon auf meinem Tisch klingelte.
    »Grace O’Brien, Haftpflicht, ich meine, EDV-Abteilung.« Ich vergaß es ständig.
    »Was hast du gesagt?« Es war Caroline, und Angst legte sich um mein Herz wie eine geschlossene Faust. Als hätte sie meine Gedanken lesen können.
    »Ich habe gesagt, Grace O’Brien, EDV-Abteilung.«
    »Nein, hast du nicht.«
    »Doch, habe ich.«

    »Hast du nicht.«
    »Habe ich.«
    »Nein, hast du … ach, vergiss es.« Caroline wusste, dass ich verdammt beharrlich sein konnte. Außerdem hasste sie es, Zeit zu verschwenden, und rühmte sich der Kürze ihrer mündlichen Mitteilungen während der Arbeit.
    Ich wickelte meine Finger in die

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