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Tag vor einem Jahr

Titel: Tag vor einem Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Geraghty
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ich.
    Bernard dachte einen Augenblick darüber nach. »Ich komme gern früh, damit ich einen Kaffee trinken und meine Mails lesen kann. Dass ich vor neun Uhr wirklich irgendetwas auf eine sinnvolle Art und Weise erörtern kann, glaube ich eigentlich nicht.« Er hätte genauso gut von mir sprechen können (nicht dass ich normalerweise früh kam, aber was den Teil mit dem Kaffee und den E-Mails betraf, bevor ich mich in den Arbeitskram vertiefte).
    »In Ordnung.« Ich schaute erneut auf meinen Bildschirm, klickte und klapperte mit der Maus. »Sollen wir 9 Uhr 15 sagen?« Ich sagte »neun Uhr fünfzehn« statt des üblichen »Viertel nach neun«, um die Grenzen zwischen uns neu zu ziehen. Aber es funktionierte nicht, vielmehr schien es die gegenteilige Wirkung zu haben, denn gerade in diesem Augenblick erinnerte ich mich an etwas Schönes.
    Ich liege in seinem Schlafzimmer auf dem Boden, Arme und Beine an Kissen und Bettdecken geschmiegt. Mein Körper prickelt, ist zu allem bereit. Bernard liegt auf der Seite und betrachtet mich, sein Gesicht ist im heraufziehenden Licht der Dämmerung gespenstisch blass. Er hält ein paar Strähnen meiner Haare zwischen seinen Fingern, flicht sie so behutsam, als wären sie gesponnenes Gold …
    »… zum Kaffee. Sagen wir ungefähr halb acht?« Ich schüttelte den Kopf, als Bernards Stimme zu mir durchdrang und das Bild sich beschämt verflüchtigte.
    »Tut mir leid, Bernard«, sagte ich. »Könntest du das bitte nochmal sagen? Ich war … ich war …«
    Er wartete.
    »… gerade ganz in Gedanken«, beendete ich den Satz.
    »Wenn du möchtest«, wiederholte er lauter als nötig, »können wir alles beim Kaffee besprechen. Morgen früh? Um halb acht?« Er sagte halb acht, wodurch mein neun Uhr fünfzehn geradezu lächerlich klang.
    Ich öffnete meinen Mund, um »nein« zu sagen. Zwanglose Treffen zwischen uns musste ich zu verhindern suchen. Wenn wir miteinander sprachen, musste sich mindestens ein Tisch zwischen uns befinden, nicht um mich vor ihm zu bewahren, sondern eher ihn vor mir. Mit ihm zusammenzuarbeiten, ließ sich schwieriger an, als ich mir vorgestellt hatte – in etwa wie unter Wasser zu schwimmen. Ich musste lernen, meinen Atem länger anzuhalten. Ich öffnete den Mund, um »nein« zu sagen. Und sagte »ja«. Danach herrschte für eine Weile Stille, nur das gelegentliche Piepen des Monitors und das leise Summen des Druckers waren zu hören. Ich überlegte mir, was ich morgen früh anziehen sollte, eine Überlegung, für die ich mich hasste, ohne mir jedoch Einhalt gebieten zu können. Bernard sah sich im
Büro um. Peters Schreibtisch war leer. Niemand war da. Er räusperte sich.
    »Grace, wegen Samstagabend …«, fing er an, und ich wusste sofort, dass er das seit seiner Ankunft hatte sagen wollen.
    »Du meinst dein Date mit Caroline?« Ich sagte es ach so beiläufig.
    »Nun ja. Genauer gesagt Blind Date. Richard hat mich vor Ewigkeiten darauf festgenagelt, und ich hatte es ehrlich gesagt vergessen. Richard rief vergangenen Mittwoch an, um mich daran zu erinnern.« Bernard sprach so schnell, dass ich mich konzentrieren musste, um mit ihm Schritt zu halten. »Mein Cousin nimmt es äußerst genau damit. Er akzeptierte keine Absage.« Und dann: »Ich wollte absagen.«
    Ich gab vor, diese letzte Bemerkung überhört zu haben, obwohl mir klar war, dass ich sie später ausgraben und daran kratzen würde wie an Schorf.
    »Gut, dass du es nicht gemacht hast«, warf ich ein. »Angesichts des zweiten Dates am Samstag ist es ja offensichtlich gut verlaufen.« Ich strengte mich an, unbeschwert zu klingen.
    Bernard öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn dann aber wieder.
    »Richard hat früher für mich Verabredungen mit einigen seiner Cousins getroffen«, sagte ich.
    »Mit welchen?« Bernard steckte sich seinen Stift hinters Ohr und beugte sich vor, um mehr zu erfahren. Langsam dämmerte es mir, dass Richards Cousins auch seine waren.
    »Also der Erste war Brian.«
    »Mit den Ohren?«
    »Genau der.« Ich kicherte, als ich mich an seine abstehenden Ohren erinnerte, deren Spitzen, ständig den Elementen ausgesetzt, ganz rot und rau waren.

    »Dann war da Ronan.« Jetzt kam ich in Fahrt. Bernard ließ sein Lachen ertönen, das an Eselschreie erinnerte.
    »Ronan?«, rief er. »Hat er etwas gesagt?«
    Ich dachte gebührend über diese Frage nach.
    »Er hat vier Dinge gesagt«, antwortete ich schließlich. »Hallo, auf Wiedersehen, Portishead und Bretagne. Ich glaube, das war

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