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Tag vor einem Jahr

Titel: Tag vor einem Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Geraghty
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war bei uns. Ich könnte ihn zum Lachen bringen. Ich liebte es, wie er lachte. Als versuchte er, nicht zu lachen.
     
    Ich hatte Shane über Caroline kennengelernt. Sie war die älteste Schwester von vier Brüdern, einer von ihnen Shane. Caroline hatte ich kennengelernt, als sie vor zwei Jahren in unser Unternehmen kam, und ich erinnere mich noch immer an den Gesichtsausdruck unseres Chefs, als er uns von ihr erzählte.
    »Sie wird eine wertvolle Bereicherung für die Abteilung sein«, sagte er uns, wobei sich ihm bei dem bloßen Gedanken an sie die Brustwarzen aufstellten und seine Stirn vor Schweiß verführerisch glänzte.
    »Universitätsausbildung, eimerweise Erfahrung, kann es kaum erwarten loszulegen.« Seine Fantasie schlug Räder, wenn er an all die Orte dachte, an die er sie gerne schicken wollte, vorzugsweise in seiner Begleitung und selbstverständlich ohne das Wissen seiner Gattin. Laura hatte Caroline nach ihrem zweiten Vorstellungsgespräch bei Il Duce aus dem Sitzungsraum kommen sehen und berichtete uns, dass sie »ganz attraktiv« sei.

    Das hieß eindeutig, dass Caroline umwerfend aussehen musste, denn Laura weigerte sich, die körperlichen Eigenschaften anderer Frauen, die sie gerne Die Konkurrenz nannte, wohlwollend zu kommentieren. Wir erwarteten ihre Ankunft mit Interesse und einer ordentlichen Portion Beklommenheit.
    Sie sollte am Montagmorgen um 9 Uhr im Büro sein. Wir kauerten vor unseren Monitoren und hackten unruhig auf unseren Tastaturen herum. Ich irrte ziellos in den einzelnen Einkaufsbereichen von eBay umher und suchte nach irgendetwas Käuflichem. Ein Blick auf meine Uhr: 9 Uhr 30 – und keine Spur von Caroline. Als ich von meiner ersten Zigarettenpause zurückkam (10 Uhr), war sie noch immer nicht da. Auch als ich nach einer schnellen Auffrischung meines Make-ups um 10 Uhr 45 in meinen kleinen Hühnerstall zurückkehrte, glänzte sie noch durch Abwesenheit. Um 11 Uhr 30 überlegte ich mir gerade, heimlich eine zweite Zigarettenpause einzulegen, als sie eintraf. Unverzüglich schickte ich Ethan, dem ich ein Update von Carolines Personenstandsdaten versprochen hatte, eine E-Mail:
    Ethan, sie ist da – zweieinhalb Stunden zu spät!! Ich weiß nicht, ob sie dein Typ ist, sie ist sehr groß, ich glaube, du reichst ihr gerade nur bis zum Kinn, selbst wenn du deine Stiefel aus Eidechsenleder anhast. Sie ist blond und sehr schön, auf so eine ätherische Art und Weise. Sie ist dünn (ich werde also ganz offensichtlich nicht mit ihr befreundet sein), und sie trägt ein ausgesprochen dezentes, elegantes dunkelblaues Kostüm mit einem sehr kurzen Rock (ruhig bleiben, Cowboy …) und gefährlich hohen High Heels. Ich sollte sie lieber vor dem Gitterrost in der zweiten
Etage warnen – erinnerst du dich noch daran, wie ich mit dem Absatz der höchsten Schuhe Irlands darin stecken geblieben bin? Gott, wie habe ich diese Schuhe geliebt … Sei’s drum, ich schweife ab. Werde dich auf dem Laufenden halten.
     
    Grace
xx
    Fast augenblicklich erhielt ich eine Antwort-E-Mail von Ethan:
    Was zum Kuckuck bedeutet »ätherisch«???????
    Ethan fluchte nie in E-Mails. Genauer gesagt, er fluchte überhaupt nie. Diesbezüglich war er altmodisch.
    Caroline kam auf unseren Bereich zu, der Chef mühte sich neben ihr ab, Schritt zu halten, während sie ziemlich gebieterisch auf uns zumarschierte. Aus den trüben Tiefen meines Gehirns trieb das Wort »Eiskönigin« an die Oberfläche. Der Chef brachte Caroline zum Stehen, indem er mit seiner feuchten, rosafarbenen Hand nach ihrem Arm griff und seinen Wurstfingern dabei erlaubte, ihre Taille zu streifen. Ohne die geringste Bemühung um Taktgefühl machte sie einen Schritt von ihm weg, und der Chef stand da mit der Hand in der Luft. Er ließ sie langsam sinken.
    »Äh, Leute, darf ich um eure Aufmerksamkeit bitten?« Er nannte uns immer »Leute«, um eine freundschaftliche Team-Atmosphäre zu simulieren, vor allem vor Neuankömmlingen.
    »Leute, das hier ist Caroline O’Brien, sie fängt heute bei uns an. Ich habe euch alles über sie erzählt, und ich bin sicher, dass ihr sie herzlich bei uns willkommen heißt.« Während
er das sagte, klang er sich dessen allerdings gar nicht so sicher, und sein Mund verzog sich zu einer dünnen Linie, während er uns reihum mit seinem Blick fixierte. Unser Chef hatte nicht wirklich genug Zeit, sich mit uns zu befassen, und es war offensichtlich, dass er Caroline dazu ausersehen hatte, sein Hätschelkind, seine Spionin zu

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