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Tage der Freuden

Tage der Freuden

Titel: Tage der Freuden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Proust
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sollte. Aber Parthenis ist hoch erhaben über Snobismus: sie haßt Myrto von ganzem Herzen.
III
Heldémone, Adelgise, Ercole
    Ercole war Zeuge einer etwas lockeren Szene und wagte nicht, sie der Herzogin Adelgise zu erzählen, hatte aber nicht dieselben Bedenken bei der Kurtisane Heldémone.
    »Ercole«, rief Adelgise, »Sie trauen mir also nicht zu, diese Geschichte zu verstehen? Ach, ich weiß nur zu genau, daß Sie hierin die Kurtisane Heldémone anders behandeln. Mich achten Sie nur, Sie lieben mich nicht.«
    »Ercole«, rief Heldémone, »haben Sie nicht genug Scham im Leibe, um mir derartiges zu verschweigen? Seien Sie selbst Richter! Würden Sie sich dies der Herzogin Adelgise gegenüber erlauben? Sie achten mich nicht. Sie können mich nicht lieben.«
IV
Der Treulose
    Fabrice glaubt Beatrice auf ewig zu lieben und möchte es auch; er denkt aber daran, daß er in gleicher Weise je sechs Monate lang geglaubt und gewollt hat, Hippolyta, Barbara oder Clelia zu lieben. Nun versucht er in den wirklichen Eigenschaften von Beatrice irgendeinen Grund zur Gewähr zu finden für die Hoffnung, auch nach dem Ende der großen Leidenschaft weiter mit ihr verkehren zu können; denn der Gedanke, er könne eines Tages ganz ohne sie auskommen, ist durchaus unvereinbar mit einem Gefühl, das die Illusion einer ewigen Dauer nicht entbehren kann. Dann will er sich aber als kluger Egoist nicht ganz, nicht mit allen seinen Gedanken, seinen Handlungen, seinen augenblicklichen Absichten, mit seinen alles umfassenden Zukunftshoffnungen einem Menschen hingeben, der eigentlich nur der Gefährte einiger seiner Stunden gewesen ist.
    Beatrice hat, das weiß er, Klugheit und gutes eigenes Urteil: »Welche Freude steht mir nach dem Ende meiner Liebe bevor! Mit ihr über andre, über sie selbst auch zu sprechen, über meine vergangene Liebe für sie …« (Freilich sollte diese, so hofft er, verwandelt in dauernde Freundschaft, wiederaufleben.)
    Kaum ist aber seine Leidenschaft für Beatrice vorbei, da bricht er den Verkehr ab, geht zwei Jahre lang nicht zu ihr, hat nicht einmal Lust, sie zu sehen, und leidet darunter nicht im mindesten. Eines Tages ist er gezwungen, sie doch aufzusuchen, er tut’s wider Willen, bleibt zehn Minuten. Warum? Er träumt Tag und Nacht von Giulia, die zwar unbegreiflich dumm ist, aber deren blaßblonde Haare duften wie ein feines Gras und deren Augen unschuldig sind wie zwei Blumen.
V
Verlorene Weihekerzen
1
    Außerordentlich leicht und seltsam angenehm lebt es sich mit gewissen Personen von großen natürlichen Anlagen, die geistreich sind und leidenschaftlich, dabei doch fähig zu allen Lastern, wenn sie auch keines in der Öffentlichkeit treiben oder es von auch nur einer Person ahnen lassen. Sie haben eine gewisse Fülle, ein bestimmtes Geheimnis. Dann gibt diese Verderbtheit auch ihren unschuldigsten Handlungen einen aufreizenden Hauch, es ist, als ginge man nachts spazieren in den Gärten.
    Ich sah Sie eben zum erstenmal, Cydalise, und bewunderte vor allem Ihr blondes Haar, das wie ein kleiner Helm Ihr kindliches, melancholisches, reines Haupt bedeckte. Ein Kleid von blaßrotem Samt machte dieses eigenartige Gesicht noch sanfter, dessen Geheimnis die gesenkten Wimpern für immer zu versiegeln schienen. Aber dann erhoben Sie den Blick, Sie richteten ihn auf mich, und als ich Ihre Augen sah, glaubte ich das unberührte Kristall des frühen Morgens in ihnen abgespiegelt oder die Reinheit fließenden Wassers am ersten schönen Frühlingstage. War es nicht, als hätten diese Augen nichts davon gesehen, was andern Menschenaugen schon zur trüben Gewohnheit geworden ist? Augen, noch im Stande der Jungfräulichkeit, noch frei von jeder erdenhaften Erfahrung?
    Aber je länger ich Sie ansah, desto mehr drückten Sie eine Mischung von Liebe und Leiden aus, als seien Sie eine von denen, welchen eine böse Fee alle Wünsche schon vor der Geburt versagt hat. Selbst der Stoff Ihres Kleides fiel an Ihnen in einer schmerzvollen Grazie herab, besonders traurig auf Ihre Arme, die so verschüchtert wirkten in ihrer Einfachheit, in ihrem Zauber. Nun phantasierte ich Sie in eine Prinzessin, die weither gekommen ist, quer durch die Jahrhunderte, die sich hier nicht wohl fühlte, nie ihr verzichtendes Schmachten ablegte, Prinzessin in der Kleidung, deren altertümliche, seltene Harmonie zu betrachten den Augen bald zur süßen, entnervenden Gewohnheit wurde. Ich wollte Ihnen Ihre Träume erzählen, Ihre Leiden. Ich hätte so gern

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