Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)
Von dir gelernt.
–
Ja. Bis dann.
–
Jo. Bis die Tage. Ok? Ha!
Friend-of-fire, ihr Bruder, hatte den virtuellen Raum verlassen, und Mari Beck saß im Dunkel vor dem Bild, das heller und weißer flimmerte als zuvor. Alles eine Frage der Vorstellungskraft.
Ich weiß, dachte sie.
Ich weiß, Unto.
Ich bin die Einzige, die weiß, dass du die Wahrheit sagst.
MAI
43
Der Tag, an dem Anna beerdigt wurde, war durchdrungen von einer angenehmen, wohltuenden Wärme, der Frühling hatte begonnen.
Lasse Ekholm stand auf der Terrasse, auf weichem Gras, neben Blumen, die zu blühen begannen, vor dem Tor, in dem der Ball lag. Die Wärme verursachte ein Kribbeln auf seiner Haut, sie berührte ihn wie etwas Fremdes, kroch unter den starren Stoff des Anzugs, und Lasse Ekholm hatte den Eindruck, dass die kräftigen Farben des Tages sich auf das Schwarz des Jacketts legten, das er trug. Sie legten sich darüber und begannen, an diesem tiefen Schwarz zu arbeiten, sie zogen und zerrten daran und begannen zu sprechen, sprechende Farben, mit flüsternden Stimmen, Blau diskutierte mit Rot, Grün beratschlagte sich mit Gelb, alle vereint in dem Wunsch, das Schwarz, das Lasse Ekholms Körper bedeckte, aufzuhellen.
Als er zurück ins Haus ging, war der Anzug so schwarz wie zuvor, und Kirsti, die am Tisch saß, vor einem leeren weißen Teller, eine Tasse in der Hand haltend, sagte, sie komme nicht mit.
»Was … meinst du damit?«, fragte er.
»Ich komme nicht mit«, sagte sie. »Ich kann nicht.«
Er blieb stehen, im Zentrum des Raums, und sah Kirsti an. Betrachtete sie wie ein Bild, ein Gemälde, Frau mit Kaffeetasse in der Hand, vor sonnigem Hintergrund. Hinter Kirsti und den Fenstern ein blühender Tag, es klingelte an der Tür, drei Töne, die Andeutung einer Melodie, eine Melodie, die kein Ende fand.
Ekholm dachte an die andere Melodie, das letzte Lied, das er gehört hatte, eine Melodie, die nur noch Erinnerung war, eine leere Fläche, er fand den Anfang nicht mehr, und er ging, um die Tür zu öffnen.
Er sah in die Gesichter von Eevert und Hanne, Kirstis Eltern. Beide ganz in Schwarz, im gleichen scharfen Kontrast zu den Frühlingsfarben. In Hannes Gesicht sah er eine Traurigkeit, die unendlich war, und Eevert stieß einen Gruß aus, der zu laut und auf eine absurde Weise fröhlich geriet.
»Kommt doch rein«, sagte Lasse Ekholm und ging voran.
Dann standen sie im Wohnzimmer, vor der am Tisch sitzenden Kirsti, und schwiegen.
»Wie war denn … ist das Hotel in Ordnung?«, fragte Ekholm schließlich, und Eevert nickte. Hanne sah Kirsti an, schien nach Worten zu suchen, die nicht kommen wollten. Lasse Ekholm hatte den beiden angeboten, sie sogar darum gebeten, bei ihnen zu übernachten, aber Eevert hatte darauf bestanden, keine Umstände zu machen und ein Hotel zu nehmen.
»Gut«, sagte Eevert. »Das Hotel ist sehr gut.«
Ekholm nickte. »Ich … hatte doch gesagt, dass ich euch abhole …«, sagte er.
»Ich weiß. Wir waren …«
»Wir wollten nicht warten«, sagte Hanne.
»Ja«, sagte Eevert.
»Ich … ich wollte nicht mehr warten«, sagte Hanne. »Ich konnte nicht. Wir standen in dem Zimmer und waren schon fertig und hatten noch zu viel Zeit …«
Zu viel Zeit, dachte Ekholm.
»Ja, wir wollten los. Wir haben ein Taxi genommen«, sagte Eevert.
Ekholm nickte. »Gut, ich … denke, wir könnten … dann langsam los, ich … wollte auch noch ein paar Worte mit der Pfarrerin …« Er drehte sich um, sah Kirsti an, die vor einem gedeckten, unberührten Tisch saß und noch immer die Tasse in der Hand hielt.
»Kommst du?«, fragte Lasse Ekholm.
Kirsti schwieg.
»Kirsti?«, sagte Hanne.
»Ich komme nicht mit, Mama«, sagte Kirsti Ekholm.
»Aber …«
»Ich bitte euch, jetzt zu gehen. Geht bitte.«
»Aber …«, sagte Hanne, und Lasse Ekholm lief. Zielstrebig, obwohl er nicht wusste, wohin. Er lief nach oben, er schwitzte, als er im Schlafzimmer, vor dem Kleiderschrank, stehen blieb. Er zog das Jackett aus, dann das Hemd und nahm einen Pullover aus dem Schrank, einen kräftig blauen, den Anna gemocht hatte, sie hatte ihm, vor wenigen Wochen erst, gesagt, dieser Pullover sei schick und stehe ihm gut, und er war einigermaßen überrascht gewesen und hatte gefragt, ob sie ihn veralbern wolle.
Sie hatte gelacht, dieses helle, prustende Anna-Lachen, und gesagt, nein, sie meine es genau so, wie sie es sage.
Er fühlte sich ein wenig besser, als er wieder nach unten ging, er sah schon von der Treppe aus Hanne und
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