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Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Titel: Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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nicht in dem großen Gebäude, in dem viele Menschen schliefen, Zelle an Zelle. Er stand auf und nahm das Handy, das ihm ein freundlicher Mithäftling auf seine vorsichtige Anfrage hin zugesteckt hatte, vor einigen Wochen, mit zwinkernden Augen und Verschwörermiene, denn die Benutzung eines Handys war während des Vollzugs der Untersuchungshaft nicht gestattet.
    Er betrachtete das Display und dachte, dass er unbewusst auf diesen Moment gewartet hatte, auf den Moment, in dem er endlich würde schreiben können. Was auch immer. Er setzte sich auf das Bett, begann zu tippen. Eine Nachricht für Taina. Und für Ville.
    Er tippte und tippte, es ging plötzlich leicht von der Hand. Ein freundliches Fehlermeldungsprogramm des Telefons informierte ihn mehrfach darüber, dass die Nachricht in diesem Modus nicht in einem Stück zu versenden sei, er tippte weiter. Es würde sich schon ein anderer Modus finden lassen.
    Am Ende enthielt die Nachricht, die er senden wollte, fünftausendsiebenhundertzwölf Zeichen. Zu viele. Wenn man den Berechnungen glauben konnte, die sein Telefon anstellte. Es dauerte nur wenige Sekunden, alles zu löschen.
    Dann begann er neu. In einer Sprache, die er zu lange nicht gesprochen hatte. Liebe Taina, lieber Ville, ich liebe euch und möchte zurückkommen. Anfangen, wo wir aufgehört haben. Ich glaube, dass es geht, aber ich weiß es nicht. Ich wünsche es mir, es ist das Einzige, was ich mir wünsche. Schlaft schön, bis morgen.
    Er versendete die Nachricht, ohne weiter darüber nachzudenken.
    Das Telefon hatte nichts einzuwenden.
79
    Sundström, der Leiter des Morddezernats in Turku, ließ seinen Blick durch die kleine Wohnung gleiten, das Licht war schwach, auf dem Bett lagen eine Decke und ein Kissen, akkurat gefaltet, der Bildschirm des Computers flimmerte, und Grönholm blätterte in einem Notizbuch.
    »Eine Art Tagebuch«, murmelte er. »Wenn du mich fragst …«
    »Was?«, sagte Sundström.
    »Wenn du mich fragst, haben die Beamten, die den Unfallort gesichert haben, recht. Der Mann war auf dem Weg zu einem Amoklauf, auf der Mumin-Insel, da war heute Abend das große Jugendfestival.«
    Sundström nickte.
    »Dass er dort nicht angekommen ist, verdanken wir, wenn ich dem letzten Eintrag in diesem Notizbuch glauben darf, der Schwester, die darauf bestanden hat, dass er einen Umweg macht und sie in die Stadt fährt. Und dem Mann, diesem Ekholm, der …«
    »… im richtigen Moment die Spur gewechselt hat?«, vervollständigte Sundström.

ERSTER SEPTEMBER
80
    Am Morgen des ersten September fiel Schnee.
    Der erste. Oder der letzte.
    Joentaa war sich nicht sicher, es hing vermutlich von der Perspektive ab. Der Radiomoderator sprach von einer außergewöhnlichen Klimakonstellation und wirkte begeistert, und Joentaa schaltete aus, stieg aus dem Wagen und lief auf das Haus zu, sein Haus, in dem Licht brannte, weil Larissa nicht da war.
    Er hatte lange – nach der spätabendlichen, kurzfristig erwirkten Durchsuchung der Wohnung des achtundzwanzigjährigen Fondsmanagers Jarkko Falk – mit Westerberg und Seppo in der leeren Kantine gesessen. Einige Biere trinkend, die Seppo in einer nahe gelegenen Tankstelle erworben hatte.
    Gegen Mitternacht hatte tatsächlich ein belgischer Kollege angerufen, wegen dieser Anfrage, die eingegangen sei, einen Jarkko Falk betreffend. Jarkko Falk, der offensichtlich seinen Job gekündigt und ersten Ermittlungen zufolge vor vier Wochen nach Ostende gereist war.
    Das sei zutreffend, hatte der belgische Kollege gesagt. Jarkko Falk sei in der Tat in Belgien. Er habe sich erschossen. Vor wenigen Stunden erst.
    Vor wenigen Stunden, hatte Joentaa gedacht, und Seppo hatte, nach Minuten des Schweigens, gesagt: »Wenn Falk den Suizid mit der Tatwaffe begangen hat, ist Sedin ab morgen endgültig fein raus aus der Sache. Also … abgesehen von der Behinderung der Ermittlung, dem Bewegen der Leichen und so weiter, aber das ist ja …«
    »… wenig im Vergleich zu einer Mordanklage«, hatte Westerberg gesagt.
    Morgen, hatte Joentaa gedacht, und jetzt, vor seinem Haus im Schneetreiben stehend, hielt er inne. Er ging zum Apfelbaum, beugte sich hinunter und tastete nach der Giraffe, die in der Erde lag, von Schnee bedeckt. Eine Schneedecke, dachte Joentaa, eine Schneedecke, die sie besser schlafen ließ.
    Im Haus war es warm, er goss sich ein Glas Wasser ein, setzte sich an den Küchentisch. Als es klingelte, nahm er intuitiv das Handy und sah auf die Uhr. Halb fünf am Morgen. Er

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