Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)
Norda-Bank, seit rund vier Jahren in leitenden Positionen, in den Bereichen Investmentbanking und Fondsmanagement.
Er suchte Markus Sedins Blick, aber Sedin sah an ihm vorbei, und Westerberg stellte sich an den Rand des Raums und signalisierte Joentaa, sich auf den Stuhl zu setzen, der Sedin gegenüberstand.
Joentaa setzte sich und schwieg. Er dachte darüber nach, wie er beginnen konnte, und Sedin wartete, geduldig, Joentaa hatte den Eindruck, dass er ewig würde warten können.
»Ich bin Kimmo Joentaa«, sagte er schließlich. »Ich habe im Fall der Ermordung von Réka Nagy ermittelt, nicht hier in Helsinki, sondern in Turku und in Salo, wo sie gearbeitet hat.«
Sedin schwieg.
»Ich möchte gleich zu Beginn etwas sagen. Als Sie vor einigen Wochen, hier in diesem Raum, erstmals vernommen wurden, haben Sie viele Fragen mit einem Nicken beantwortet, aber eine nicht.«
Sedin hob den Blick.
»Sie haben nicht bejaht, dass Sie Réka Nagy und Victor Dinu getötet haben. Sie haben es nicht verneint und nicht bejaht. Sie haben einfach nur geschwiegen.«
Sedin sah ihn an, mit vage erwachendem Interesse, und Joentaa dachte wieder, dass dieser Mann eine Ewigkeit lang würde warten können. Auf was auch immer. Weil er in diesem Moment, in dem sie sich hier gegenübersaßen, nichts hatte oder nichts zu haben glaubte, worauf zu warten sich lohnte.
»Haben Sie sich nie gefragt, was eigentlich passiert ist?«, fragte Joentaa.
Sedin schwieg, lange. Joentaa dachte, dass die Frage ihn überrascht hatte, dass sie bestimmte Gedanken ausgelöst hatte.
Irgendwann begann Sedin zu lächeln, traurig, und als er zu sprechen begann, hatte Joentaa den Eindruck, dass Westerberg, am Rand des Raums stehend, kaum merklich zusammenzuckte.
»Das habe ich tatsächlich nicht«, sagte Sedin.
Joentaa wartete.
»Ich habe nie darüber nachgedacht. Habe mich nie gefragt, wer das getan hat. Réka ist tot. Sie ist nicht mehr da. Ich habe sie und den Mann nach unten gebracht und auf die Bank gelegt. Es ist zu Ende. Es musste zu Ende sein. Das ist alles.«
»Sie sagen, dass Sie Réka Nagy und Victor Dinu nicht getötet haben?«
»Ja. Natürlich sage ich das. Ich habe niemanden getötet.«
»Sie haben …«
»Ich wollte da beginnen, wo ich aufgehört hatte. Ich habe die beiden nach unten gebracht. Ich wollte sie … aus meinem Leben entfernen. Ich musste sie aus meinem Leben entfernen. Réka war tot. Sie war nicht mehr da. Ich habe sie abgelegt, auf der Bank, und bin nach Hause gefahren.«
»Zu Ihrer Frau und Ihrem Sohn.« Neu beginnen, dachte Joentaa. An der Stelle, an der man aufgehört hatte.
Sedin nickte.
»Wenn es so ist, wie Sie sagen: Was ist dann Ihrer Einschätzung nach in der Nacht vom ersten auf den zweiten Mai in Ihrer Wohnung passiert?«
Sedin schwieg, schien nachzudenken. »Ich weiß es nicht. Ich habe absolut keine Ahnung. Ich weiß nicht genau, was ich eigentlich dachte, aber vermutlich einfach, dass es mit dem Mann zu tun hat … mit Rékas Freund …«
»Victor Dinu.«
»Ich kannte den Mann nicht. Aber dann hat sie mir gesagt, dass sie einen Freund hat, also vermute ich, dass dieser Mann dieser Freund war. Sie hat das einfach so gesagt … als sei es das Normalste … als sei alles normal. Sie hat mich angesehen, als sei wirklich alles vollkommen normal …« Sedin schüttelte den Kopf, dann begann er leise zu lachen.
»Wann haben Sie Frau Nagy zuletzt gesehen?«, fragte Westerberg, aus dem Hintergrund, seine Stimme klang dumpf, aber Joentaa spürte die unterdrückte Erregung.
»An diesem Abend … ich dachte … gar nichts … ich weiß nicht, was passiert ist. Ich will es nicht wissen. Es ist irgendeine Geschichte, eine, die mit mir nichts zu tun hat. Nichts zu tun haben darf …«
»Seit wann wussten Sie, dass Réka Nagy in dem Club arbeitete?«, fragte Westerberg.
»Ich habe es erst an diesem Abend erfahren … durch Zufall. Durch einen absolut irrsinnigen Zufall … in derselben Nacht, in der sie …«
»Wie haben Sie davon erfahren?«, fragte Westerberg.
Sedin sah ihn fragend an.
Ein absolut irrsinniger Zufall, dachte Joentaa.
»Wie haben Sie davon erfahren? Dass Frau Nagy in dem Club in Salo arbeitete?«, fragte Westerberg.
Sedin schien über die Frage nachzudenken, und in Joentaas Rücken wurde die Tür geöffnet.
»Also … wir haben was«, sagte Seppo. »Der Name des Mannes, der in der Reisebank in Helsinki Geld an Réka Nagys Mutter überwiesen hat, ist Jarkko Falk. Wohnhaft in Helsinki,
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