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Tage in Burma

Tage in Burma

Titel: Tage in Burma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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Freund
    Ellis die Gesellschaft seines - äh - arischen Bruders nicht willkommen?«
    »Nein«, sagte Ellis scharf. »Auch nicht meines mongolischen Bruders. Mit einem Wort: ich mag keine Nigger.«
    Mr. Macgregor wurde steif bei dem Wort ›Nigger‹, das in
    Indien nicht genehm ist. Er hatte kein Vorurteil gegen
    Orientalen; er hatte sie sogar von Herzen gern. Solange man ihnen keine Freiheit gab, hielt er sie für die reizendsten Leute unter der Sonne. Es schmerzte ihn immer, wenn sie böswillig beleidigt wurden.
    »Ist es ganz fair«, sagte er steif, »diese Leute Nigger zu nennen - ein Ausdruck, den sie naturgemäß übelnehmen -, wo sie doch offenbar nichts dergleichen sind? Die Burmanen sind Mongolen, die Inder sind Arier oder Drawidas, und sie alle sind ganz bestimmt -«
    »Ach, lassen Sie den Quatsch!« sagte Ellis, dem Mr.
    Macgregors Rang nicht im geringsten imponierte. »Nennt sie Nigger oder Arier oder was ihr wollt. Ich sage nur, daß wir hier im Club keine schwarze Haut sehen wollen. Wenn Sie darüber abstimmen lassen, werden Sie finden, daß wir wie ein Mann
    dagegen sind - wenn nicht Flory seinen lieben Freund Veraswami hier haben will«, setzte er hinzu.
    »Hört, hört!« wiederholte Mr. Lackersteen. »Du kannst darauf zählen, daß ich gegen alle stimme.«
    Mr. Macgregor schürzte launig die Lippen. Er war in einer
    peinlichen Lage, denn die Idee, einen Eingeborenen als Mitglied aufzunehmen, war nicht seine eigene, sondern ihm von dem
    Kommissar zugeschoben worden. Aber er machte nicht gern
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    Entschuldigungen und sagte also in versöhnlicherem Ton:
    »Wollen wir nicht die Diskussion darüber bis zur nächsten
    Generalversammlung aufschieben? In der Zwischenzeit können wir die Angelegenheit reiflich erwägen. Und jetzt«, fuhr er fort, während er zum Tisch ging, »wer nimmt mit mir eine kleine - äh
    - flüssige Erfrischung zu sich?«
    Der Butler wurde gerufen und die ›flüssige Erfrischung‹
    bestellt. Es war jetzt heißer denn je, und alle waren durstig. Mr.
    Lackersteen war drauf und dran, einen Drink zu bestellen, als er dem Blick seiner Frau begegnete, zusammenschreckte und
    mürrisch ablehnte. Er saß, die Hände auf die Knie gelegt, mit einem ziemlich rührenden Ausdruck da und sah zu, wie Mrs.
    Lackersteen ein Glas Limonade mit Gin schlürfte. Mr.
    Macgregor trank, obwohl er die Bons für die Getränke
    unterschrieb, reine Limonade. Als einziger Europäer in
    Kyauktada hielt er sich an die Regel, vor Sonnenuntergang nicht zu trinken.
    »Alles schön und gut«, brummte Ellis, der, die Unterarme auf dem Tisch, mit seinem Glas spielte. Der Disput mit Mr.
    Macgregor hatte ihn wieder unruhig gemacht. »Alles schön und gut, aber ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe. Keine
    Eingeborenen in diesem Club! Dadurch, daß wir ständig in
    solchen kleinen Dingen nachgeben, haben wir das Empire
    ruiniert. Dieses Land ist nur von Aufruhr zerfressen, weil wir zu sanft mit ihnen gewesen sind. Die einzig mögliche Politik ist, sie als den Dreck zu behandeln, der sie sind. Dies ist ein kritischer Augenblick, und wir brauchen jedes bißchen Prestige, das wir kriegen können. Wir müssen zusammenhalten und sagen › Wir sind die Herren, und ihr Bettler ...‹«, Ellis drückte seinen kleinen Daumen auf den Tisch, als zerdrücke er eine Made »ihr Bettler bleibt da, wo ihr hingehört!«
    »Hoffnungslos, alter Junge«, sagte Westfield. »Ganz
    hoffnungslos. Was soll man machen mit all dem Papierkrieg, der einem die Hände bindet? Diese eingeborenen Bettler kennen das
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    Gesetz besser als wir. Sagen einem Beleidigungen ins Gesicht und zeigen einen an, sowie man ihnen eine klebt. Man kann
    nichts tun, wenn man nicht energisch auftritt. Und wie kann man das, wenn sie nicht den Schneid haben, sich zur Wehr zu
    setzen?«
    »Unser Burra Sahib in Mandalay sagte immer«, warf Mrs.
    Lackersteen ein, »daß wir letzten Endes einfach aus Indien herausgehen sollen. Die jungen Leute werden nicht mehr
    herkommen, um ihr Leben lang für Beleidigungen und
    Undankbarkeit zu arbeiten. Wir werden einfach rausgehen.
    Wenn die Eingeborenen kommen und uns bitten zu bleiben,
    werden wir sagen: ›Nein, ihr habt eure Chance gehabt und habt sie nicht wahrgenommen. Also gut, wir lassen euch allein,
    regiert euch selbst.‹ Das wird ihnen schon eine Lehre sein.«
    »Dieses Recht-und-Ordnung-Zeug, das hat uns erledigt«,
    sagte Westfield düster. Der Niedergang des Indischen Empires durch zu viel Rechtmäßigkeit war für

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