Tage in Burma
eine schlechte Jahreszeit für die Jagd, aber wir werden unser Bestes tun. Dann also auf Wiedersehen.«
»Auf Wiedersehen, Mr. Flory.«
Sie nannte ihn noch immer Mr. Flory, obwohl er sie mit
Elizabeth anredete. Sie trennten sich und gingen ihrer Wege; beide dachten an den Jagdausflug, der, so empfanden sie beide, gewissermaßen alles zwischen ihnen in Ordnung bringen würde.
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XII
In der stickigen, einschläfernden Hitze des Wohnzimmers, das durch den Perlenvorhang fast verdunkelt wurde, ging U Po Kyin langsam auf und ab und prahlte. Von Zeit zu Zeit steckte er eine Hand unter sein Unterhemd und kratzte sich seine schwitzenden Brüste, die vor Fett so groß waren wie Frauenbrüste. Ma Kin saß auf ihrer Matte und rauchte dünne weiße Zigarren. Durch die offene Tür des Schlafzimmers konnte man eine Ecke des
riesigen, katafalkähnlichen Bettes mit den geschnitzten
Teakpfosten sehen, auf dem er so manche Frau vergewaltigt
hatte.
Ma Kin hörte jetzt zum erstenmal von der »anderen
Angelegenheit«, die U Po Kyins Angriff auf Dr. Veraswami
zugrunde lag. So sehr er ihre Intelligenz verachtete, eröffnete er Ma Kin doch früher oder später meistens seine Geheimnisse. Sie war der einzige Mensch in seiner unmittelbaren Umgebung, der keine Angst vor ihm hatte, und darum machte es Vergnügen, ihr zu imponieren.
»Also, Kin, Kin«, sagte er, »du siehst, daß alles plangemäß verlaufen ist. Schon achtzehn anonyme Briefe, und jeder
einzelne ein Meisterwerk. Ich würde dir einige davon vorlesen, wenn ich glaubte, daß du imstande wärest, sie zu würdigen.«
»Aber wenn nun die Europäer deine anonymen Briefe gar
nicht beachten? Was dann?«
»Nicht beachten? Aha, keine Angst! Ich glaube, ich verstehe etwas von der europäischen Mentalität. Laß dir sagen, Kin Kin, wenn es etwas gibt, das ich kann, so ist es das Schreiben
anonymer Briefe.«
Das stimmte. U Po Kyins Briefe hatten schon gewirkt,
besonders auf ihr Hauptziel, Mr. Macgregor.
Erst vor zwei Tagen hatte Mr. Macgregor einen sehr
unruhigen Abend verbracht, als er zu einem Entschluß zu
kommen versuchte, ob Dr. Veraswami der Illoyalität gegen die
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Regierung schuldig sei oder nicht. Natürlich ging es hier nicht um eine offenkundige illoyale Handlungsweise - das war ganz unwichtig. Es kam darauf an, ob der Doktor ein Mann war, dem man aufrührerische Ansichten zutrauen konnte? In Indien wird man nicht nach dem beurteilt, was man tut, sondern nach dem, was man ist. Der geringste Hauch eines Mißtrauens gegen die Loyalität eines orientalischen Beamten kann diesen zugrunde richten. Mr. Macgregor war von Natur aus zu gerecht, um sogar einen Orientalen ohne weiteres zu verurteilen. Er hatte bis Mitternacht über einem ganzen Stoß vertraulicher Papiere
gebrütet, darunter die fünf anonymen Briefe, die er erhalten hatte, außerdem zwei weiteren, die ihm, mit einem Kaktusdorn zusammengeklammert, von Westfield nachgesandt worden
waren.
Es waren nicht nur die Briefe. Gerüchte über den Doktor
waren von allen Seiten zu ihm gelangt. U Po Kyin hatte
durchaus begriffen, daß es an sich nicht genügte, den Doktor einen Verräter zu nennen; es war notwendig, seinen Ruf in jeder möglichen Weise zu untergraben. Der Doktor wurde nicht nur der Aufwiegelei angeklagt, sondern auch der Erpressung,
Vergewaltigung, Folter, der Ausführung gesetzwidriger
Operationen oder des Operierens im Zustande sinnloser
Betrunkenheit, des Mordes durch Gift, des Mordes durch
sympathetische Zauberei, des Essens von Ochsenfleisch, des Verkaufs von Totenscheinen an Mörder, des Betretens der
Pagode in Schuhen und homosexueller Annäherungsversuche
bei dem Trommelbuben der Militärpolizei. Wenn man hörte,
was über ihn gesagt wurde, mußte jeder sich den Doktor als eine Mischung aus Machiavelli, Sweeny Todd und dem Marquis de
Sade vorstellen. Mr. Macgregor hatte der Sache zunächst nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt. Er war zu sehr an solcherlei gewöhnt. Aber mit dem letzten Brief hatte U Po Kyin einen
Streich geführt, der selbst für ihn eine glänzende Leistung war.
Er betraf den Ausbruch des Banditen Nga Shwe O aus dem
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Gefängnis von Kyauktada. Nga Shwe O, der die Hälfte einer
wohlverdienten siebenjährigen Haft abgesessen hatte, hatte seine Flucht monatelang vorbereitet, und als erstes hatten seine in Freiheit befindlichen Freunde einen indischen Wärter bestochen.
Der Wärter bekam seine hundert Rupien im voraus, bat um
Urlaub, um einen
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