Tage in Burma
und ihnen zu sagen, daß du ihre Pläne kennst, und sie werden es nicht wagen,
weiterzumachen.«
»Nun ja, ich könnte sie zurückhalten, wenn ich wollte,
natürlich. Aber ich will nicht. Ich habe meine Gründe. Siehst du, Kin Kin, - bitte kein Wort darüber! - das ist sozusagen mein eigener Aufstand. Ich habe ihn selbst angestiftet.«
»Was!«
Ma Kin ließ ihre Zigarre fallen. Sie hatte die Augen so weit aufgerissen, daß man das hellblaue Weiß, das die Pupille
umgab, genau sehen konnte. Sie war entsetzt. Es brach aus ihr heraus:
»Ko Po Kyin, was sagst du da? Das meinst du doch nicht
ernst! Du hättest einen Aufstand angezettelt - das kann nicht wahr sein!«
»Gewiß ist es wahr. Und wir leisten da gute Arbeit. Dieser Zauberer, den ich aus Rangun geholt habe, ist ein gescheiter Bursche. Er hat ganz Indien als Zirkuszauberer bereist. Die kugelsicheren Jacken sind in den Läden von Whiteaway &
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Laidlaw gekauft, eine Rupie acht Annas pro Stück. Die kosten mich ein schönes Stück Geld, kann ich dir sagen.«
»Aber, Ko Po Kyin! Ein Aufstand! Diese schrecklichen
Kämpfe und Schießereien, und all die armen Menschen, die
getötet werden! Bist du denn verrückt geworden? Fürchtest du nicht, selber erschossen zu werden?«
U Po Kyin blieb plötzlich stehen. Er war erstaunt. »Meine
Güte, Weib, was hast du jetzt wieder für Ideen? Du nimmst doch nicht etwa an, daß ich gegen die Regierung rebelliere? Ich - ein angesehener Diener der Regierung seit dreißig Jahren! Lieber Himmel, nein! Ich habe gesagt, daß ich den Aufstand eingeleitet habe, nicht daß ich mich daran beteilige. Diese Idioten von Bauern werden ihre Haut riskieren, ich nicht. Kein Mensch ahnt, daß ich etwas damit zu tun habe oder zu tun haben werde, außer Ba Sein und ein paar anderen.«
»Aber du hast gesagt, du hättest sie zur Rebellion überredet?«
»Natürlich. Ich habe Veraswami beschuldigt, er habe einen
Aufstand gegen die Regierung angestiftet. Nun, ich muß einen Aufstand vorzeigen können, nicht wahr?«
»Ah, ich verstehe. Und wenn die Rebellion ausbricht, wirst du sagen, daß Dr. Veraswami daran schuld ist. Ist es so?«
»Wie langsam du bist! Ich hätte geglaubt, daß selbst ein Idiot begreifen würde, daß ich diese Rebellion nur dafür anstifte, um sie niederzuschlagen. Ich bin ein - wie heißt noch dieser Ausdruck, den Mr. Macgregor gebraucht? Agent provocateur -
Latein, das verstehst du nicht. Ich bin ein agent provocateur.
Erst überrede ich diese Idioten, in Thongwa zu rebellieren, und dann verhafte ich sie als Rebellen. Im selben Augenblick, wo es planmäßig losgeht, stürze ich mich auf die Anführer und werfe sie ins Gefängnis. Danach wird vielleicht ein bißchen gekämpft werden. Vielleicht werden ein paar Männer getötet und ein paar andere auf die Andaman-Inseln geschickt. Aber mittlerweile werde ich der große Sieger sein. U Po Kyin, der Mann, der einen
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höchst gefährlichen Aufstand im richtigen Augenblick erstickt hat! Ich werde der Held des Distrikts sein.«
U Po Kyin begann voll von gerechtem Stolz auf seinen Plan, wieder lächelnd, die Hände auf dem Rücken, im Zimmer auf
und ab zu gehen. Ma Kin dachte eine Zeitlang schweigend über den Plan nach. Schließlich sagte sie:
»Ich verstehe immer noch nicht, warum du das tust, Ko Po
Kyin. Wohin soll das alles führen? Und was hat es mit Dr.
Veraswami zu tun?«
»Ich werde dich nie lehren, weise zu sein, Kin, Kin! Habe ich dir nicht zu Anfang gesagt, daß Veraswami mir im Wege ist?
Dieser Aufstand ist genau das Richtige, um ihn loszuwerden.
Natürlich werden wir nie beweisen, daß er dafür verantwortlich ist; aber was schadet das? Alle Europäer werden es
selbstverständlich finden, daß er da seine Hände irgendwie im Spiel hat. So funktionieren ihre Gedanken. Er wird fürs Leben ruiniert sein. Und sein Sturz ist mein Aufstieg. Je schwärzer ich ihn malen kann, um so rühmlicher wird mein eigenes Verhalten erscheinen. Verstehst du jetzt?«
»Ja, ich verstehe sehr wohl. Und ich finde, es ist ein gemeiner, böser Plan. Mich wundert, daß du dich nicht schämst, mir davon zu erzählen.«
»Aber Kin Kin! Du wirst doch jetzt nicht wieder mit diesem Unsinn anfangen?«
»Ko Po Kyin, wie kommt es, daß du nur glücklich bist, wenn du Schändlichkeiten begehst? Wie kommt es, daß alles, was du tust, anderen Leuten Schaden bringen muß? Denk doch an den armen Doktor, der aus seiner Stellung entla ssen werden wird, oder an diese Bauern, die
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