Tage wie in einem Rausch
habe, frage ich dich jetzt. Du hast gesagt, du hättest dich von ihm scheiden lassen. Warum? Sah er nicht gut genug aus? War er nicht gut genug im Bett? Nicht reich genug?"
Am liebsten hätte sie ihm ihren Saft ins Gesicht geschüttet, doch ihre Hände bebten so vor unterdrückter Wut, dass sie das Glas kaum halten konnte und es schnell auf der Arbeitsplatte abstellen musste.
"Oder war es andersherum?" fragte Jed höhnisch. "Hat er dich verlassen, weil auch er herausgefunden hatte, dass du nicht das bist, was du zu sein scheinst?"
Elena errötete vor Zorn. Vielleicht wollte er über Liam reden, weil er es nicht ertragen konnte, von ihrer Beziehung zu Dan zu hören.
Plötzlich war sie so wütend, dass es ihr egal war. Was hatte sie nur dazu gebracht, einen so bitteren und verbohrten Mann zu heiraten?
Er wollte einen genauen Bericht über ihre Ehe mit Liam. Also sollte er ihn bekommen. Und wenn es nicht das war, was er erwartete, hatte er selbst Schuld. Sie rang sich ein Lächeln ab. "Liam sah sehr gut aus." Aus heutiger Sicht fand sie ihn ein wenig zu aufdringlich, doch das würde sie Jed nicht erzählen. "Alle Mädchen waren verrückt nach ihm. Mum hielt ihn für ein Geschenk Gottes - und von einer Frau, die Männern gegenüber so verbittert ist wie sie, war das ein großes Lob. Ich habe ihn auf der Geburtstagsparty einer meiner Freundinnen kennen gelernt, und er hat mich vom Hocker gehauen, wie man so sagt,"
Weil sie sich verzweifelt nach Liebe gesehnt hatte, denn ihre Eltern hatten sie wenig davon spüren lassen. Ihr Vater war beruflich viel unterwegs gewesen und außerdem hinter allem her, was einen Rock trug. Und ihre Mutter war viel zu beschäftigt damit gewesen, sich in Selbstmitleid über ihre zerrüttete Ehe zu ergehen, um über die Bedürfnisse ihres einzigen Kindes nachzudenken.
Unbewusst legte Elena sich die Hand auf den Bauch. Ihr Kind sollte nicht unter der gescheiterten Ehe seiner Mutter leiden!
"Und über seine Fähigkeiten im Bett musste ich mich auch nicht beklagen", sprach sie weiter. Sie war noch Jungfrau gewesen, als sie Liam begegnet war, deshalb hatte sie keine Vergleichsmöglichkeiten gehabt. Erst mit Jed hatte sie die Ekstase, die fast beängstigende Hingabe wirklicher Liebe kennen gelernt. Doch darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken, denn es erinnerte sie an das, was sie gefunden und verloren hatte.
Sie sah, wie es um Jeds Mundwinkel zuckte, und wusste, dass sie einen .empfindlichen Nerv getroffen hatte. Doch sie verbot sich jegliches Mitgefühl. "Geld war immer reichlich da. Ich behielt meinen Job als Mädchen für alles in der Redaktion der örtlichen Zeitung, und Liam betrieb ein Wettbüro in der Stadt. Er fuhr einen schnellen japanischen Sportwagen, nahm mich mit in die besten Klubs und kaufte mir die teuersten Kleider. Durch Zufall habe ich irgendwann herausgefunden, woher all das Geld kam. Er fälschte Kreditkarten."
Elena hob das Kinn. "Ob du es glaubst oder nicht - ich verabscheue Unehrlichkeit. Und deshalb konnte ich ihm nicht verzeihen, dass er mich getäuscht hatte."
"Stimmt das?" Jeds Gleichgültigkeit schien verschwunden zusein.
"Du glaubst, ich hätte mir das ausgedacht?" fragte sie verächtlich.
"Mein Beruf erfordert zwar viel Fantasie - aber privat halte ich mich an die Wahrheit." Denk darüber nach, fuhr sie im Stillen fort und erwiderte hart und herausfordernd seinen plötzlich nachdenklichen Blick.
"Was hast du dann getan?" fragte er.
"Getan?" Sie schüttelte den Kopf. Seit Jahren hatte sie nicht mehr an Liam gedacht und sich stattdessen ihr eigenes Leben aufgebaut, ihre Mutter und deren katastrophale Ehe als abschreckendes Beispiel vor Augen. "Ich bin natürlich zur Polizei gegangen."
Ihre Ehe war damals ohnehin schon in der Krise gewesen. Sie hatte die Restaurants und Nachtclubs und all die dubiosen Leute satt gehabt, die Liam als seine Freunde bezeichnet hatte. Sie hatte sich gefragt, woher all das Geld kam, und sich Sorgen gemacht, als er ihr erzählte, dass er beim Wetten eine Glückssträhne gehabt habe, denn Glück war ein wankelmütiger Partner.
"Mum war dagegen und meinte, ich solle einfach gehen und ihn weitermachen lassen. Sie hatte Angst, niemand würde mir glauben, dass ich nichts von seinen Machenschaften gewusst hatte."
"Und hat man dir geglaubt?" Jed betrachtete sie eindringlich.
Müde griff Elena nach ihrem Glas Orangensaft und trank es durstig aus. All ihr Zorn war inzwischen verflogen, und sie fühlte sich nur noch erschöpft, nicht
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