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Tagebuch 1966-1971 (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Tagebuch 1966-1971 (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Tagebuch 1966-1971 (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frisch
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der kirchlichen Formel für das Eheversprechen irgend etwas beizufügen:
a.
als Frau?
b.
als Mann?
    (Bitte um genauen Text)
     
    15.
    Falls Sie sich schon mehrere Male verehelicht haben: worin sind Ihre Ehen sich ähnlicher gewesen, in ihrem Anfang oder in ihrem Ende?
     
    16.
    Wenn Sie vernehmen, daß ein Partner nach der Trennung nicht aufhört Sie zu beschuldigen: schließen Sie daraus, daß Sie mehr geliebt worden sind, als Sie damals ahnten, oder erleichtert Sie das?
     
    17.
    Was pflegen Sie zu sagen, wenn es in Ihrem Freundeskreis wieder zu einer Scheidung kommt, und warum haben Sie's bisher den Beteiligten verschwiegen?
     
    18.
    Können Sie zu beiden Seiten eines Ehepaares gleichermaßen offen sein, wenn sie es unter sich nicht sind?
     
    19.
    Wenn Ihre derzeitige Ehe als glücklich zu bezeichnen ist: worauf führen Sie das zurück?
    (Stichworte genügen)
     
    20.
    Wenn Sie die Wahl hätten zwischen einer Ehe, die als glücklich zu bezeichnen ist, und einer Inspiration, einer Intelligenz, einer Berufung usw., die das eheliche Glück möglicherweise gefährdet: was wäre Ihnen wichtiger:
a.
als Mann?
b.
als Frau?
     
    21.
    Warum?
     
    22.
    Meinen Sie erraten zu können, wie Ihr derzeitiger Partner diesen Fragebogen beantwortet? und wenn nicht:
     
    23.
    Möchten Sie seine Antworten wissen?
     
    24.
    Möchten Sie umgekehrt, daß der Partner weiß, wie Sie diesen Fragebogen beantwortet haben?
     
    25.
    Halten Sie Geheimnislosigkeit für ein Gebot der Ehe oder finden Sie, daß gerade das Geheimnis, das zwei Menschen voreinander haben, sie verbindet?
     
     
    ZÜRICH, Dezember 1966
     
    Morgenfeier im Schauspielhaus, es spricht der Gefeierte – ein Bekenntnis, das mit Ehrfurcht angehört wird, dann mit Beifall bestätigt.
    Endlich darf man es wieder sagen, daß es eine entartete Literatur gibt. Welche Schriftsteller gemeint sind, wird nicht gesagt; der Germanist von Zürich, würdevoll im Bewußtsein seines Mutes und nicht unbesonnen, sondern gediegen-entschlossen, heute und hier einmal die schlichte Wahrheit zu sagen in der Sprache Eckermanns, fragt sich: In welchen Kreisen verkehren sie? die Schriftsteller nämlich … Wir duzen einander seit langer Zeit, ich verdanke ihm freundlichen Zuspruch zu frühen Arbeiten, wir sammelten Pilze zusammen und rauchten zusammen Zigarren; er wird schwerlich verstehen, daß ich heute als sein öffentlicher Gegner auftrete.
     
     
    »Man gehe die Gegenstände der neueren Romane und Bühnenstücke durch. Sie wimmeln von Psychopathen, von gemeingefährlichen Existenzen, von Scheußlichkeiten großen Stilsund ausgeklügelten Perfidien. Sie spielen in lichtscheuen Räumen und beweisen in allem, was niederträchtig ist, blühende Einbildungskraft. Doch wenn man uns einzureden versucht, dergleichen zeuge in tiefer Empörung, Beklommenheit oder von einem doch irgendwie um das Ganze bekümmerten Ernst, so melden wir – nicht immer, aber oft – begründete Zweifel an.«
    »Und heute? Wir begegnen dem Schlagwort Littérature engagée. Dabei wird aber niemand wohl, der die Dichtung wirklich als Dichtung liebt. Sie verliert ihre Freiheit, sie verliert die echte, überzeugende, den Wandel der Zeit überdauernde Sprache, wo sie allzu unmittelbar-beflissen zum Anwalt vorgegebener humanitärer, sozialer, politischer Ideen wird. So sehen wir denn in der Littérature engagée nur eine Entartung jenes Willens zur Gemeinschaft, der Dichter vergangener Tage beseelte.«
    »– diese heute über die ganze westliche Welt verbreitete Legion von Dichtern, deren Lebensberuf es ist, im Scheußlichen und Gemeinen zu wühlen –«
    »Wenn solche Dichter behaupten, die Kloake sei ein Bild der wahren Welt, Zuhälter, Dirnen und Säufer Repräsentanten der wahren, ungeschminkten Welt, so frage ich: In welchen Kreisen verkehren sie?«
    »Ziehen wir den schlichten und gediegenen Grundriß wieder nach, auf dem das Gebäude jeder großen Kultur errichtet worden ist.«
    »Kehren wir zu Mozart zurück!«
     
    Emil Staiger anläßlich der Verleihung des Literatur-Preises der Stadt Zürich am 17. 12. 1966.

Ehe nach dem Tod
    Eine jüngere Witwe, die drei Jahre nach dem Tod ihres Mannes plötzlich erschüttert ist: seine Persönlichkeit, heute noch in öffentlichem Ansehen, hat es nicht gegeben. Was er in seinem Beruf geleistet hat, ist in der Stadt und darüber hinaus bekannt;das hat es gegeben, seine öffentliche Leistung, daran rüttelt denn auch fast niemand. Die Nachrufe waren übertrieben wie meistens; das

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