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Tagebuch aus der Hölle (German Edition)

Tagebuch aus der Hölle (German Edition)

Titel: Tagebuch aus der Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Thomas
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diese Flammen überleben und mich regenerieren. Trotzdem wollte ich nicht, dass sie mit meinem ektoplasmischen Fleisch in Berührung kamen. Manchmal schmerzt die Regeneration sogar noch mehr als die eigentliche Verletzung.
    Ich drehte mich um und ließ mich über die felsige Klippe hinabgleiten, bis ich mich schließlich auf dem Boden des Kraters fallen lassen konnte, ohne mir ebenfalls irgendwelche Knochen zu brechen.
    Als ich zu den ersten Köpfen hinunterblickte, die direkt vor mir aus dem Boden äugten, sah ich, dass diejenigen, die mir ihre Gesichter zuwandten, ihre Augen ganz starr auf mich richteten. Hier unten, direkt zwischen ihnen, kam mir ihr Klagen noch ohrenbetäubender vor. Trotzdem konnte ich die individuellen Schreie der Köpfe zu meinen Füßen noch immer unterscheiden.
    »Hilf mir!«, schrie einer.
    »Hol mich hier raus! Bitte!«
    Einer von ihnen, ein dunkelhäutiger Mann, an dessen gebrandmarkter, vor Schweiß glänzender Stirn Asche klebte, warnte: »Nimm dich vor den Erntehelfern in Acht!«
    Ich ging einen Schritt auf ihn zu und hockte mich neben ihn, wich dann aber wieder ein Stück zurück, da ich fürchtete, er wolle mich vielleicht nur ködern und mich zu sich hinunterziehen. Ich sah, wie ein winziger orangefarbener Krebs über seinen Hinterkopf krabbelte und oben auf seinem Kopf stehen blieb. In seinen Zangen klemmten krause Haare, die er dem Mann offensichtlich ausgerissen hatte. Ich streckte meine Hand aus und schnipste das Ding von seinem Kopf.
    »Wovor soll ich mich in Acht nehmen?«
    »Hör mir zu.« Der Mann verdrehte die Augen wie ein Wahnsinniger. »Du musst hier verschwinden. Die, die uns hierher gebracht haben, sind schon lange fort … ich weiß nicht, wie lange … aber jetzt fangen die Erntehelfer an, uns einzusammeln. Es werden noch mehr von ihnen kommen …«
    »Bitte, Mister, bitte!«, kreischte eine Frau mich an. Ich sah zu ihr hinüber. Ihr halber Schädel war zertrümmert und wies eine entsetzlich große Delle auf, wie ein Basketball ohne Luft. Aber trotz des dicken, getrockneten Blutes konnte ich sehen, dass die Wunde bereits wieder zu heilen begann. Mir wurde klar, dass sie, wie viele andere, von Steinbrocken getroffen worden war, die bei den Ausbrüchen wie Raketen durch die Luft geflogen sein mussten.
    »Er kann nichts für uns tun!«, blaffte ein anderer Mann sie an. »Er ist genau wie wir! Ihn erwischt es auch irgendwann, irgendwie!«
    »Hör zu«, zischte der dunkelhäutige Mann. Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder ihm zu. »Da ist ein Dorf in den Hügeln rechts neben dem Vulkan. Siehst du sie?« Er versuchte, mit dem Kopf über seine Schulter zu deuten.
    Ich folgte der Geste mit den Augen und erkannte die Hügel, von denen er gesprochen hatte. Sie waren vollkommen schwarz.
    »Dort ist ein Dorf – Caldera. Wir alle haben dort gewohnt … wir haben es gebaut. Ein paar Jahre lang war es gar nicht so übel. Sicher, es kamen auch Dämonen und Engel ins Dorf, aber es war auszuhalten. Der Vulkan hat nie auch nur einen Mucks gemacht. Aber eines Tages ist er aufgewacht und hat sich Caldera geholt. Dann haben die Dämonen die Überlebenden eingesammelt und hierher verpflanzt.«
    »Aber die Stadt ist begraben?«
    »Größtenteils. Aber geh dorthin. Einen sichereren Ort findest du nicht. Und dahinter – falls du es so weit schaffst –, dahinter liegt eine Stadt. Wenn du sie erreichst, bist du ein wenig besser dran. Dörfer und Städte sind nicht so offen – sie bieten mehr Möglichkeiten, sich zu verstecken. Für gewöhnlich sind sie sicherer – wenn man sie findet. Aber was weiß ich schon? Die Stadt könnte genauso gut auch schon verschwunden sein. Pass einfach auf, dass du nicht in eine Dämonenstadt spazierst. Pass verdammt gut auf …«
    Aus der Ferne, durch die Schreie, den Wind und die anschwellenden Geräusche des Feuers, das einen unheimlichen Schimmer auf den rissigen Boden rund um mich warf, vernahm ich ein neues Geräusch. Es klang wie ein Lastwagen, der langsam über unebenes Gelände rumpelt: ein mechanisches Heulen, Krächzen und Quietschen.
    »Die Erntehelfer!«, schrie die Frau mit dem zertrümmerten Schädel auf. Als ich erneut zu ihr hinüberschaute, sah ich einen weiteren orangefarbenen Krebs, der irgendetwas aus ihrer heilenden Wunde rupfte. Ich schnipste ihn weg. Sie schien es gar nicht zu bemerken, so sehr fürchtete sie sich vor den Erntehelfern, die wir immer lauter hörten.
    »Wenigstens werden wir frei sein«, beschwichtigte sie der

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