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Tagebuch aus der Hölle (German Edition)

Tagebuch aus der Hölle (German Edition)

Titel: Tagebuch aus der Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Thomas
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den Himmel gekommen ist, weil er im Gegensatz zu ihr einen festen Glauben besaß.
    Ich starrte sie mit offenem Mund an, als sie das sagte, doch sie zuckte nur mit ihren nachwachsenden Schultern: »Hey, ich mache die Regeln nicht.«
    In diesem Gebäude, in dem wir Zuflucht gefunden haben, habe ich eine Flasche selbst gekelterten Wein entdeckt, der immer noch gut war – oder besser gesagt: der noch trinkbar war, denn er schmeckte genauso sirupartig und klebrig süß wie Hustensaft –, sowie ein paar Streifen einer Art Trockenfleisch – zäh und salzig – und mehrere verirrte Krebse, die es, genau wie wir, bis hierher geschafft hatten. Ich habe sie getötet und ihren Geschmack getestet, und ich finde, sie sind durchaus essbar. Wie schon gesagt, müssen wir nicht essen, um zu überleben – wir sind jenseits des Überlebens –, aber unsere Pseudokörper verzehren sich noch immer nach Nahrung.
    Auf meinen Erkundungstouren fand ich außerdem ein paar Ersatzklamotten für mich selbst, die ich zusammenlegte und in meinem Büchersack verstaute. In einem der Zimmer, das über ein Fenster verfügte, sah ich Knochen aus dem schwarzen Ascheboden aufragen: Rippen und eine Schädeldecke. Ich wusste, dass es sich nicht um das Skelett eines Menschen handelte, denn ein Mensch wird sich hier selbst nach der scheußlichsten körperlichen Verstümmelung regenerieren. Dann erkannte ich weitere längliche Knochen, die genauso unterteilt waren wie Fingerknochen. Es waren die Flügelglieder eines Pavian-Dämons.
    Ich rannte zurück zu Caroline, die immer noch in ihre Decke eingewickelt war, inzwischen aber wenigstens auf das Bett klettern konnte, und erzählte ihr, was ich gesehen hatte.
    Sie starrte mich einen Moment lang an, als sei ich vollkommen bescheuert, und sagte dann: »Die Dämonen können sterben. Sie können getötet werden. Sie sind im Gegensatz zu uns nicht unsterblich.«
    »Das hat mir keiner gesagt!«
    »Sie gehen bei der Ausbildung auch nicht gerade damit hausieren. Aber wir sind unsterblich, weil wir Seelen sind. Dämonen haben keine Seele.«
    Jetzt war es an mir, sie anzustarren. »Wieso schließen wir uns dann nicht einfach alle zusammen? Und bekämpfen sie? Wir haben doch einen klaren Vorteil!«
    »Der Schöpfer kann immer wieder neue Dämonen erschaffen, um die verlorenen zu ersetzen!«, zischte sie flüsternd, so als fürchtete sie, der Schöpfer höchstpersönlich könne im nächsten Moment hereinplatzen, wutentbrannt über meinen Vorschlag. »Und dann sind da auch noch die Engel, vergiss das nicht … und die sind unsterblich.«
    Ich schüttelte nur voller Ehrfurcht den Kopf. Diese mythischen Wesen konnten sterben, verrotten und fein säuberlich von kleinen Krebsen aufgepickt werden … und hier war ich, ein ganz gewöhnlicher Mensch, aber ebenso unsterblich wie Apollo.

Siebenunddreißigster Tag
    Wir schliefen gemeinsam im selben Bett, ganz unverfänglich Rücken an Rücken, bis Caroline plötzlich aus einem schrecklichen Albtraum hochschreckte. Wir benötigten zwar auch keinen Schlaf, um zu überleben, aber unsere Körper verlangten einfach danach. Ich setzte mich auf, hob die Laterne hoch, die auf dem Boden stand, und fragte sie, was denn los sei.
    »Ich habe zwei Töchter.« Sie schluchzte und drehte sich zu mir um. Ihr Gesicht, das wieder vollständig verheilt war, sah im schummrig-schattigen Schein der Laterne wie eine dieser Tragödienmasken aus dem Theater aus. »Meine beiden Babys … Ich weiß nicht, ob sie noch am Leben sind oder nicht. Und ich habe keine Ahnung, wie alt sie jetzt sind, falls sie noch leben …«
    »Das ist nicht fair«, murmelte ich, mehr zu mir selbst.
    »Fairness ist eine menschliche Erfindung«, erwiderte sie bitter.
    Ich stellte die Laterne auf einem wackeligen Nachttisch ab, der aus demselben violetten Holz gemacht war wie die Türen, und nahm sie in den Arm. Sie drückte sich an mich, und ich spürte ihre nassen Tränen in meinem Nacken. Ein paar Minuten später presste sie ihren feuchten Mund auf meinen Hals. Ich schob meinen Körper noch näher an ihren heran. Sie war noch immer nackt unter der Decke, und ihr Körper hatte sich fast vollständig neu gebildet. Mein Penis wurde steif und ich presste mich gegen sie.
    Wir schliefen miteinander. Und währenddessen weinten wir beide.

Achtunddreißigster Tag
    Heute haben Caroline und ich uns auf den Weg in die begrabene Stadt gemacht, von der der dunkelhäutige eingegrabene Mann mir erzählte. Caroline sagt, der Name der Stadt sei

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