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Tagebuch aus der Hölle (German Edition)

Tagebuch aus der Hölle (German Edition)

Titel: Tagebuch aus der Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Thomas
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einigen Fällen, wie auch bei mir und diesen beiden Engeln, deren Schädel zerstört worden waren, ersteht stattdessen der Körper wieder auf. Ich konnte sehen, wie sich Butlers Hände selbst jetzt noch öffneten und schlossen, während er am Boden lag.
    Ich wusste, dass Engel sich mindestens doppelt so schnell regenerierten wie wir Verdammten. Ich hätte schwören können, dass ich ein irgendwie flüssiges Rascheln oder Knistern aus Butlers Richtung hörte, als sein neuer Kopf langsam begann, aus dem immer länger werdenden Stummel seines Halses zu wachsen. Mein einziger Trost war, dass auch Engel die entsetzlichen Qualen einer Wiederbelebung spürten, da auch sie all ihre menschlichen Empfindungen behielten, um Sex oder Speis und Trank besser genießen zu können, und dabei waren die Schmerzen ein Anreiz für sie, ihre Kriegszüge in die Hölle erfolgreich abzuschließen.
    Nur Chara und ich standen nun noch. Wir sahen beide zu Verdelet hinunter. Ihr Gesicht wirkte verloren, so als habe man es so lange mit einem Meißel bearbeitet, bis es aussah wie ein nackter Obstkern. Unter ihr bildete sich eine Pfütze aus schwarzem Blut. Dämonen konnten Wunden ertragen, die einen Normalsterblichen töten würden, wie Chara selbst schon bewiesen hatte, aber diese Verletzungen waren viel zu schwer. Trotz ihrer immensen Stärke war ich der dämonischen Kriegerin, diesem gefallenen Engel, in dieser Hinsicht überlegen. Verdelet starb.
    Ich nahm wahr, wie sich das Blue um mich herum leerte. Seine zu Tode erschrockenen Gäste eilten auf die Straße hinaus. Mir wurde ängstlich bewusst, dass wir für diesen ungeheuerlichen Kampf mit zwei Engeln auf Urlaub vermutlich höllisch büßen mussten.
    Chara und ich blickten uns an. Der Ausdruck des Schmerzes und des Verlustes in ihren Augen war beinahe herzzerreißend, aber der entsetzliche Hass, der sich daruntermischte, milderte mein Mitleid und ließ mich skeptisch bleiben.
    »Geh!«, fauchte sie mich an.
    »Du solltest besser auch verschwinden«, erwiderte ich.
    Sie kickte Butlers fallen gelassene Glock zur Seite, sodass sie über den Boden schlitterte und kurz vor meinen Füßen liegen blieb.
    »Geh!«, wiederholte sie.
    Ich hielt ihrem Blick noch einen Augenblick stand und kniete mich dann hin, um die Pistole aufzuheben. Ich steckte sie in den Bund meiner Hose und versteckte den Griff unter dem Hemdzipfel. Während ich dort unten kniete, zog ich Franklins Handfeuerwaffe aus ihrem Halfter und steckte sie in meinen hinteren Hosenbund. Als ich mich wieder aufrichtete, sah ich, dass Chara ihr Schwert wieder in die Scheide geschoben hatte und gerade dabei war, die Heckler & Koch vom Boden aufzusammeln.
    Die nassen, unangenehmen Geräusche, die Butlers Körper von sich gab, waren nun ein wenig nachdrücklicher, und auch Franklin machte sich inzwischen bemerkbar. Zwischen Butlers Schultern war bereits ein Gewebeknoten oder -klumpen gewachsen, der aussah wie die rot schimmernde Kugel eines Embryokopfes auf dem Körper eines Erwachsenen. Die Hände beider Körper ballten sich zusammen und verdrehten sich seltsam, auch ihre Beine hatten begonnen, langsam in die Luft zu treten. Butler schien sich zu sammeln und aufstehen zu wollen …
    »Jetzt!«, befahl Chara mir und winkte mit der Waffe zur Tür.
    »Komm mich besuchen«, sagte ich.
    »Warum?«
    »Damit wir über das hier reden können! Ich wohne …«
    »Ich weiß, wo du wohnst«, unterbrach sie mich, stellte sich breitbeinig über Butler und zielte mit der Maschinenpistole auf seinen knospenden Kopf. »Verschwinde von hier!«
    Dieses Mal gehorchte ich und durchquerte das Café zur weit geöffneten Tür. Ich drehte mich nicht mehr um, nicht einmal, als ich das Gebrüll des Automatikfeuers hörte, durch das Chara ihren Frust abbaute und mir genügend Zeit verschaffte, um abzuhauen. Ich hörte eine ausführliche Salve, dann eine zweite, als sie ihre Aufmerksamkeit Franklin zuwandte. Selbst als ich bereits einen Block entfernt war, hörte ich noch immer Schüsse knallen. Ich war mir sicher, dass Chara das lange Magazin der Heckler & Koch leer geschossen hatte und zur Galil gewechselt war, um auch deren volle Ladung auf die Engel abzufeuern und den Prozess ihrer Wiederbelebung so langwierig und schmerzhaft wie möglich zu machen. Das anhaltende Prasseln der in der Ferne widerhallenden Schüsse gab mir das Gefühl, ich befände mich in einer Stadt im Kriegszustand.

Fünfundsechzigster Tag
    Ich habe gestern Nacht wirklich geglaubt, Chara würde zu

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