Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tagebuch aus der Hölle (German Edition)

Tagebuch aus der Hölle (German Edition)

Titel: Tagebuch aus der Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Thomas
Vom Netzwerk:
einfach durch den Tag, und wir schenken uns gegenseitig nur den Schatten eines Lächelns, wenn überhaupt. Die wandelnden Verwundeten.
    Ich hatte nicht gehört, wie sich die Tür des Cafés öffnete, sondern bemerkte nur das plötzliche Abreißen der Unterhaltungen und das abrupte Unterdrücken von Gelächter, sodass ich meinen Blick auf die Eingangstür richtete. Auf der Türschwelle stand eine Dämonin, und ich erkannte ihren ansprechenden Haarschnitt wieder, der mich an Louise Brooks als Lulu in Die Büchse der Pandora erinnerte: kurz und glänzend schwarz, mit einem Pony, der ihre Augenbrauen verbarg. Es war dieselbe Dämonin, die ich – ich glaube, es war an Tag 47 – zusammen mit Chara gesehen hatte, als die beiden einen Mann aus seinem Haus zerrten …
    Und tatsächlich war es auch dieses Mal Chara, die Lulu durch die Tür folgte, das Haar zu einem dicken Zopf zusammengebunden, wie sie es auch an jenem Tag getragen hatte.
    Die beiden weiblichen Dämonen trugen nichts außer einem dicken Ledergürtel, in dem ein Schwert in einer Scheide steckte. Das von Lulu schien eine kurze, breite Klinge zu haben, wie der Gladius eines römischen Infanteristen, während Chara eine längere, schlankere, zweifellos doppelschneidige Klinge besaß. Die Spitze der Scheide berührte beinahe den Boden, so lang war sie.
    Die beiden waren jedoch nicht allein: Zwei Engel folgten ihnen nach drinnen, der hintere schloss die Tür, und von jenem Moment an war die Atmosphäre im Café entschieden gedämpfter.
    Einer der Engel trug eine weiße Kutte mit Kapuze. Er schob die Kapuze beim Eintreten von seinem nahezu kahlen Kopf. Der andere trug eine weiße Kopfbedeckung mit konischer Spitze. Keiner der beiden hatte ein Schwert, wie ich es bei ein paar der Motorradfahrer gesehen hatte, als sie durch die Stadt rasten, aber jeder von ihnen trug ein Halfter mit Pistole am Gürtel. Der Dickbäuchige, Kahlköpfige hatte außerdem eine Waffe auf dem Rücken, die aussah wie ein israelisches Galil-Sturmgewehr, das der AK-47 ähnelt, wobei er den dünnen Gelenkschaft eingeklappt hatte, um es kompakter zu machen. Der lange Dünne mit dem Spitzhut, der ihn noch größer wirken ließ, trug ein MP5 Heckler & Koch-Maschinengewehr mit dem unverkennbaren kurzen Lauf und langen Magazin bei sich. Genau wie ein paar andere Amerikaner hatte auch ich mich zu Lebzeiten für Waffen interessiert – schließlich hatte ich ja auch eine nette Ithaca Kaliber 12 besessen: mein Ticket hierher.
    Ich betrachtete zuerst den mit dem dicken Bauch, dann den Großen mit den Akne-Kratern in den hohlen Wangen und fand es merkwürdig, dass die Engel sich nicht alle in Mel Gibson oder Tom Cruise verwandelten, wenn sie in den Himmel kamen. Ich schätze, selbst dort müssen die Menschen sich mit der Eins-zu-Eins-Replik ihres lebendigen Selbst begnügen. Andererseits … lässt der Schöpfer es wirklich zu, dass sich der Himmel mit all den Milliarden alter, bettlägeriger Menschen füllt? Vielleicht können sie sich ja zumindest das Alter aussuchen, in dem sie wiedererweckt werden möchten.
    Mit einer Mischung aus Überraschung, Abscheu und etwas, von dem ich in jenem Moment noch nicht zugeben konnte, dass es Eifersucht war, gewann ich zunächst den Eindruck, dass die beiden Teufel die Engel scheinbar auf einer Tour durch das Nachtleben der Stadt begleiteten. Ich stellte jedoch schon bald fest, dass dieser Eindruck täuschte.
    »Hey, komm schon«, sagte der kleinere Mann und versuchte, die Spitze eines der zusammengefalteten Flügel Charas festzuhalten. »Wieso willst du dich denn nicht mit mir unterhalten, Missy?«
    »Die kleinen Schmetterlinge fliegen davon«, sagte der Größere. Sein Südstaatenakzent war noch ausgeprägter als der seines Freundes.
    »Hm- mm «, sagte der Erste und folgte den beiden Frauen zu einem Tisch in der Nähe des Tresens. Demonstrativ wählten die beiden jedoch einen mit zwei, nicht mit vier Stühlen. Er baute sich neben dem Tisch auf, während sie sich setzten. »Was bevorzugst du, Mr. Franklin?«, fragte er. »Flügel, Brust oder Keule?«
    Schließlich blickte Chara die beiden Touristen intensiv an. Ihre tiefe Stimme klang eiskalt, aber beherrscht. »Den Herren könnte vielleicht ein Besuch in der Voliere zusagen. Sie ist gar nicht weit von hier entfernt und die ganze Nacht geöffnet …«
    »Wir wissen, was die Voliere ist.«
    »Schon gesehen, schon ausprobiert«, sagte Franklin, der Größere.
    »Was wir noch nicht ausprobiert haben«, fuhr der kahl

Weitere Kostenlose Bücher