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Tagebuch aus der Hölle (German Edition)

Tagebuch aus der Hölle (German Edition)

Titel: Tagebuch aus der Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Thomas
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ließ sie in ihrer Kammer unter der viaduktartigen Brücke zurück und fand nach einigen Mühen endlich den Weg in mein eigenes Viertel.
    Als ich schließlich vor meinem Zimmer stand und die Tür aufschloss, bemerkte ich leise Schritte und einen schwachen Lichtschein, der meinen Schatten vor mich warf. Ich wirbelte herum.
    »Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe!« Inspektor Turner kicherte wohlwollend und hob beschwichtigend eine Hand. »Ich hätte Sie zuerst ansprechen sollen.«
    Der androgyne Himmelsbote stand neben dem Engel, der in ein langes Gewand gehüllt war. In der Dunkelheit des Flurs schien er noch heller zu leuchten als beim letzten Mal in der Fabrik.
    Ich lächelte unsicher. »Das macht doch nichts, Inspektor. Äh … Kann ich Ihnen helfen?«
    »Nun, es tut mir leid, dass ich Sie noch einmal stören muss, zumal ich weiß, dass unsere letzte Unterhaltung noch gar nicht lange her ist, aber ich dachte, ich sollte mich noch einmal bei Ihnen melden … und sehen, ob Sie schon etwas Neues gehört haben. Ich war bei Ihrer Arbeitsstelle, aber dort sagte man mir, heute sei Ihr freier Tag. Deshalb hat man mich hierher geschickt. Aber … hier waren Sie auch nicht.« Er warf die Hände in die Luft. »Ich habe angenommen, Sie seien einkaufen oder einen Freund besuchen gegangen. Also bin ich später noch einmal hergekommen, aber Sie waren immer noch nicht da. Ich habe schon geglaubt, Sie hätten Oblivion verlassen.« Er kicherte erneut. »Aber ich dachte, ich sollte es noch ein letztes Mal in Ihrem Hotel versuchen, und da sind Sie nun!« Er lächelte.
    »Ja … tut mir leid. Ich habe einen Freund besucht. Hey, äh, wollen Sie vielleicht reinkommen, damit wir drinnen weiterreden können?«
    »Wir können auch hier reden, wenn es Ihnen Umstände bereitet …«
    »Oh nein, das ist schon okay. Hier, kommen Sie rein …«
    Als ich die Tür jedoch bereits aufgeschlossen hatte, stolperte mein Verstand aufgeregt vor mir ins Zimmer: Hatte ich vielleicht irgendetwas herumliegen lassen, das mir Ärger einbringen konnte? Die Waffen waren sicher versteckt. Ich konnte nur hoffen, dass Himmelsboten nicht über denselben ausgeprägten Geruchssinn verfügten wie Dämonen. Zweifellos bildete ich mir das nur ein, aber ich war fast sicher, dass ein Hauch Maschinenöl von meinen beiden gestohlenen Pistolen in der Luft hing.
    »Setzen Sie sich doch«, bot ich an. »Kann ich Ihnen eine Tasse Kaffee anbieten oder …«
    »Oh nein, nein. Wir können nicht lange bleiben.« Turner machte eine winkende Geste. »Ein nettes kleines Zuhause haben Sie hier.« Er zeigte auf einen meiner geschnitzten Kürbisse, der allmählich verfaulte und aussah wie das Gesicht eines zahnlosen Achtzigjährigen. »Hübsch. Ja, das ist ein gemütliches Zimmer, auf seine Art. Ich will wirklich nicht angeben, aber ich habe selbst ein sehr nettes Plätzchen zu Hause. Ich habe es nach meinen Wünschen anfertigen lassen – ein kompletter Nachbau des Hauses, in dem ich aufgewachsen bin. Viele Engel wünschen sich Schlösser, Paläste oder Plantagen, und natürlich können sie die auch bekommen. Aber meine Bedürfnisse sind bescheidener. Ich war nie ein Freund von Prunk und Pomp.«
    »Ich weiß, was Sie meinen.«
    Wie schon bei unserer letzten Begegnung sagte der Himmelsbote auch dieses Mal kein Wort. Seine verschwommen wirkenden blauen Augen schienen sich auf nichts Bestimmtes zu konzentrieren, noch nicht einmal auf mich – das beunruhigte mich mehr, als wenn er mich offen angestarrt hätte.
    »Also … Sie bekommen sogar manchmal einen Tag frei?«, begann Turner erneut. »Das ist sehr gut. Das machen nicht alle. Wie oft?«
    »Alle neun Tage. Oder sagen wir: alle neun Arbeitseinheiten. Wie immer man das auch sehen möchte. Ich weiß nicht, warum es neun sind.«
    »Nun, Sie sind ein Glückspilz.«
    »Stimmt. Also, wie kann ich Ihnen helfen, Inspektor?«, wiederholte ich.
    »Immer noch keinerlei Anzeichen des Dämons Chara? Sie hat Sie hier nicht aufgesucht?«
    »Nein, Sir. Und ich habe wirklich keine Ahnung, weshalb sie das tun sollte. Selbst nachdem ich sie vor diesen Rebellen gerettet hatte, schien sie mich noch zu verachten.«
    »Nun, zumindest hat sie Sie nicht so sehr verachtet, dass sie sich nicht verpflichtet gefühlt hätte, Ihnen im Blue zu Hilfe zu kommen.« Turner beugte sich nach unten, um eine weitere meiner Kürbislaternen zu betrachten, aber plötzlich sah er wieder mit festem Blick zu mir empor. »Rebellen? Das ist ein ziemlich glamouröses Wort für

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