Tagebuch der Apokalypse 01
dieses Freikorps wirklich eine gutartige Gruppierung versprengter Angehöriger unserer Streitkräfte war.
Ich verbrachte einen Großteil dieses Morgens damit, das Cessna- Handbuch und die Notfallprozeduren zu studieren. Für mein nächstes Mal am Steuerknüppel wollte ich sämtliche Systemfunktionen genau kennen.
Wir besprachen zahlreiche Zielorte für unseren kommenden Ausflug. Es gab zwei Möglichkeiten. Wir konnten bleiben und hoffen, nicht überrannt zu werden, oder den Flieger beladen und Richtung Süden aufbrechen -zu den Inseln vor der Küste bei Corpus Christi. In Corpus Christi befindet sich ein Marinestützpunkt, und ich bin sicher, dass dort jede Menge Treibstoff und vielleicht sogar ein besseres Flugzeug zu erbeuten ist.
Für den Umzugs-Fall müssen wir sorgfältig planen. John und ich wiegen zusammen 163 Kilo. Rechnet man Treibstoff und Gepäck hinzu, bleiben nicht mehr als 180 Kilo Ausrüstung übrig. Die kommen schnell zusammen. Wir haben eine Liste aller Gegenstände angelegt, die wir keinesfalls zurücklassen können. John schrieb »Hund, 9 kg«. Ich versicherte ihm, dass Annabelle auf jeden Fall mit uns kommen würde.
Heute werden wir jedenfalls noch nicht aufbrechen. Und der morgige Tag kommt ebenfalls nicht infrage. Ich würde ungern an meinem Geburtstag sterben.
29. Januar
12.30 Uhr
Vor einer halben Stunde ist eine laute Meute von Motorradrockern durch unser Viertel gebraust. John musste Annabelle das Maul zuhalten. Ich bezweifle zwar, dass die Typen das Bellen bei ihrem eigenen Höllenlärm gehört hätten, aber mein Motto lautet: »Sicher ist sicher.« Ich habe 70-80 Motorräder gezählt. Viele Fahrer hatten einen Sozius. Die meisten Maschinen waren mit Holstern für Gewehre und Schrotflinten versehen, die selbstverständlich nicht leer waren.
Der Konvoi bestand übrigens nicht nur aus fetten Freizeitöfen, sondern auch aus schlanken Sportmaschinen. Die schmalen Rennflitzer verwenden sie mit Sicherheit als Späher zur Aufklärung. Jedenfalls sahen die Typen derart fies aus, dass ich es nicht für klug hielt, ihnen unsere Anwesenheit anzuzeigen.
18.47 Uhr
Das Stöhnen und Schlurfen der Untoten ist kaum noch auszuhalten. Drei Stunden nach dem Rockerkonvoi haben die ihnen zweifellos folgenden Gestalten ihre langsame Parade durch unsere Gegend gestartet. John und ich halten uns weiterhin still. Im Dämmerlicht sieht man zu viele, um sie zählen zu können. Die Lage könnte leicht ins schlimmste vorstellbare Szenario umkippen. Ich glaube zwar nicht, dass sie von unserer Existenz wissen, aber sicher bin ich mir nicht. Hin und wieder sehe ich sie in unsere Richtung schauen und gegen meine Mauer prallen.
Meinem Waffenschrank entnahm ich zwei Ohrenschützer für John und mich. Wenn wir morgen die Kurve kratzen wollen, müssen wir ausgeschlafen sein. John hat seinen Ohrenschützer in die Tasche gesteckt und genickt.
22.13 Uhr
Unser Zeug steht für die große Flucht bereit. Viele untote Leichenfresser scheinen noch immer den Rockern zu folgen. Doch die Mehrheit wirkt verloren und verwirrt und lagert auf unserer Straße, wo sie herumtorkeln, sich anrempeln und dann die Richtung wechseln. Ich fühle mich an den Physikunterricht im College erinnert. Auch da krachten die Moleküle auf unvorhersehbare Weise gegeneinander und wimmelten richtungslos herum. Hier lungern ungefähr fünfundachtzig lebende Tote herum. Ich kann mich bei meiner Schätzung nur auf den Mond und das Sternenlicht berufen.
Nicht vergessen: So schnell es geht Nachtsichtgeräte auftreiben!
Wäre heute ein normaler Tag, säße ich mit meinen Kameraden aus der Staffel sturzbetrunken in irgendeiner Kaschemme an der Flusspromenade. Ich habe Geburtstag und weiß, dass sie nie zulassen würden, dass ich an einem solchen Tag allein in der Stube hocke. Tja, ich schätze, die Feier muss warten. John und ich haben ein Gläschen Whisky zu uns genommen und aufs Überleben angestoßen. Gute Nacht.
Die sprichwörtlicheKatze
30. Januar
15.34 Uhr
Schlechte Nachrichten. Beim Überwachen von Fernseher und Radio haben wir die erste Regierungssendung seit Wochen empfangen. Sie wurde über alle funktionierenden Fernseh- und AM- Frequenzen übertragen. Ich glaube, es liegt daran, dass AM weiter trägt als FM. Es war die First Lady. Sie wandte sich mit ernster Stimme an das, was von den Vereinigten Staaten noch übrig ist, und übermittelte, der Präsident sei vor einer Woche bei einem Angriff von Untoten ums Leben gekommen. Die Streitkräfte
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