Tagebuch der Apokalypse 01
sondern Annabelle festhalten und aufpassen, dass sie das Boot nicht verlässt. Dann gab ich ihr den Teddybär und ein Küsschen auf die Wange.
Wir beluden das Boot so schwer, dass es fast gefährlich war. Einen solchen Tiefgang hatte es noch nie gehabt. Ich half Janet und Tara an Bord und bat William, noch zu bleiben. John und ich wollten nochmal einen Rundgang durch unser Quartier machen. Wir wollten sichergehen, dass wir nichts Unersetzliches vergessen hatten. Nach unserem letzen Rundblick gingen wir zufrieden an Bord. Ich warf den Motor an. Wäre Laura nicht bei uns gewesen, hätte ich in diesem Moment noch ein paar Gestalten am Ufer kaltgemacht, wenn auch nur, damit ich mich besser fühlte.
Als wir vom Schwimmsteg wegfuhren, dachte ich an die Orte, an denen wir früher Zuflucht gesucht hatten. Jedes neue Quartier, so schien mir, war weniger komfortabel als das vorangegangene. Jetzt sitzen wir mit ausgeschaltetem Motor (um Sprit zu sparen) knapp zwei Kilometer vor der texanischen Küste.
21.44 Uhr
Haben beschlossen, die texanische Küste entlang nach Nordosten zu fahren, Richtung Galveston. Irgendwas ist mit dem Motor nicht in Ordnung. Er kackt alle Nase lang ab. Wenn ich ihn schließlich wieder in die Gänge bekommen habe, säuft er fünf Minuten später erneut ab. Bald lasse ich alle Hoffnung fahren. Grob geschätzt haben wir hundertzwanzig Kilometer zurückgelegt. Der Sprit wird knapp. Ich kann sehen, dass sein Spiegel sich dem Bodenniveau des Blasentanks nähert. Aber das ist nicht das schlimmste Problem, das wir mit dem Boot haben. Ich glaube, es liegt am Motor. Und das bedeutet, dass wir diese Badewanne bald mit einem Knoten pro Stunde paddeln oder zu Fuß gehen müssen.
Besser als jetzt kann es einfach nicht werden.
29. März
6.05 Uhr
Oh doch! Nachdem wir in der letzten Nacht vier Stunden gepaddelt hatten, fanden wir schließlich, fern von allen Untoten, einen geeigneten Ankerplatz. Nach nur zwei Stunden Schlaf blieb uns keine andere Wahl, als unser Glück an Land zu versuchen. Tara gab mir zu verstehen, dass sie mal müsse und nach dem Problemchen mit der Unterwasserkreatur nicht den Wunsch verspürte, ihren Hintern über die Reling zu hängen. Ich glaube, das kann ich verstehen. Wir können nicht immer im Boot bleiben. Wir paddelten so nahe ans Ufer heran, dass ich den sandigen Boden sehen konnte. Ich sprang ins knöcheltiefe Salzwasser und zog das Boot näher an Land. William deckte mich mit der Schrotflinte des Leuchtturmwärters. Wir trugen so viel wie möglich von unseren Sachen ans Ufer. Ich glaube, wir sind nicht weit von Freeport entfernt, aber genau weiß ich es nicht.
Irgendwie kam mir die Vorstellung, mit einem kleinen Mädchen durch Texas zu wandern, gefährlich und närrisch vor. Auch wenn Laura nicht mein eigenes Kind ist, fühle ich mich als ihr Beschützer. Als wir am Ufer saßen, brachte ich den Männern gegenüber zum Ausdruck, wir sollten uns in einer defensiven Haltung voranbewegen: die Frauen, Laura inklusive, in der Mitte; wir vorn und hinten. Wir ziehen bald weiter, müssen aber einige Einmachgläser mit Gemüse und einen Teil des Trinkwassers zurücklassen. Es ist zu viel Gewicht. Wenn wir das Ufer verlassen, werde ich einen letzten Blick auf die Bahama Mama werfen - wie damals auf den alten Wagen, den ich als Schüler jahrelang gefahren war.
14.41 Uhr
Wir sind fünf Stunden lang ins Landesinnere vorgedrungen und legen eine kurze Mittagspause ein. Verglichen mit der Sicherheit des Schwimmstegs komme ich mir sehr verwundbar vor. Um uns zu erledigen, bedarf es lediglich einer genügend großen Übermacht. Im Verlauf der letzten Stunden haben wir zahlreiche zweispurige und einige vierspurige Landstraßen passiert. Wir befinden uns in einer unebenen Gegend, teilweise auf Ranchland. Ich schätze, dass wir uns irgendwo in der Nähe von Sweeny aufhalten, aber ich bin mir nicht sicher und mindestens genauso wenig dafür, die einheimische Bevölkerung um Unterstützung zu bitten. Überall wachsen Kakteen. Die sind mir früher anscheinend nie aufgefallen, weil ich selten darauf aus war, Ranchland zu Fuß zu durchqueren.
Heute früh, gegen 10.30 Uhr, haben wir einen Highway überquert. Etwa hundert Meter von der Stelle entfernt, an der wir über die Straße gingen, waren sechs Fahrzeuge aufeinandergekracht. Auch ein Feuerwehrauto mit ausgefahrener Leiter schien in den Unfall verwickelt. Ich wollte mir die Sache näher ansehen, weil es vielleicht etwas zu erbeuten gab. Beim Anblick
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