Tagebuch der Apokalypse 01
genügend Zeit zu verschwinden. Ich lief die Treppe hinunter. Dann wechselten William und ich uns mit der Schubkarre ab und brachten alles zum Boot. Wir beluden die Bahama Mama und fuhren ab. Es war unser Glückstag.
20. März
13.17 Uhr
Ich habe soeben einen CB- Funkspruch aufgefangen. Der Sprecher behauptet, Abgeordneter des Staates Louisiana zu sein und hundertfünfzig Kilometer nördlich von New Orleans in einem sicheren Bunker zu sitzen. Seine Stimme klang heiser und müde. Außerdem behauptet er, viele Soldaten der Nationalgarde Louisianas seien bei ihm. Der Grund seiner Bekanntmachung: Er will alle möglichen Überlebenden vor der Bedrohung warnen, die der Strahlung ausgesetzte Untote darstellen. Anscheinend wurde New Orleans bei dem strategischen Bombardierungsfeldzug mit Atomwaffen vernichtet.
Der Abgeordnete hat mit Dosimetern und Geigerzählern ausgerüstete Späher ausgeschickt, um den Schaden, den New Orleans erlitten hat sowie die Anzahl der Untoten zu ermitteln. Von den zehn Spähern, die er fortgeschickt hat, sind sechs zurückgekehrt. Sie haben gemeldet, dass die verstrahlten Untoten kaum Anzeichen von Zersetzung aufweisen und sich schneller und koordinierter bewegen als ihre unverstrahlten Genossen. Die Strahlung scheine sie irgendwie zu konservieren. Ein Soldat behauptet sogar, er hätte eine Kreatur ein einfaches Wort sprechen hören. Von den vier ums Leben gekommenen Spähern starben zwei, als sie von Dutzenden verstrahlter Untoter auf der Interstate vor New Orleans überrannt wurden. Die beiden anderen starben an den Folgen der Strahlung, weil sie eine Nacht unwissentlich in einem verstrahlten Feuerwehrfahrzeug verbracht hatten. Die anderen schliefen einen Meter unter der Erde in einem Betonabflussrohr.
Der Abgeordnete behauptet, er hätte über eine begrenzte Hochfrequenz- Telex- Verbindung Kontakt mit einem Stützpunkt, der über Staffeln von Prototyp- UAVs und Lagerhäuser voller erstklassiger Militärgranaten verfügt.
Laut seinem Funkspruch haben EMP- Explosionen einen Großteil der nicht abgeschirmten Elektronik im Umkreis der vernichteten Städte unbrauchbar gemacht. Die Späher hatten kein Glück beim Kurzschließen von Autos und keine bergenswerten Funkausrüstungen gefunden. Das muss ich mir unbedingt für den Fall merken, dass mein Pech mich in eine Gegend innerhalb des Explosionsradius' führt.
John versuchte zu antworten, aber unser kleiner Sender hat dafür nicht genug Saft. Vielleicht gelingt es an einem weniger bewölkten Tag. Aber nicht heute. Schon wieder was, worüber man sich Sorgen machen muss.
22. März
18.45 Uhr
Tara ist eine interessante Frau. Sie hat überlebt. Ich kann mir nicht mal ansatzweise vorstellen, welche Gefühle sie bewegten, als sie in dem Mittelklassewagen saß, dem tagelangen Klopfen der Untoten an die Scheibe zuhören musste und wusste, dass sie verloren war. Sie sagt, sie habe einen ganzen Tag damit verbracht, die Meute auf eine Seite des Wagens zu locken, um einige kostbare Sekunden lang etwas Luft hereinlassen zu können. Ich habe sie noch nicht zusammenbrechen und weinen sehen, aber das ist eine natürliche Sache und kommt bestimmt noch.
Laura befindet sich mit Annabelle und ihrem Teddybär in ihrer eigenen kleinen Welt. Ich fürchte schon jetzt den Tag, der unweigerlich kommen wird. Den Tag, an dem wir weiterziehen. Irgendwie fühle ich mich für die anderen verantwortlich. Obwohl ich weiß, dass die Statistik uns irgendwann einholen wird, ist mir der Gedanke unerträglich, einen meiner Freunde zu verlieren. Mittlerweile bin ich ein ganz passabler Schachspieler und gewinne gegen John jede zweite Partie.
William ist gestern Nacht gegen 2.00 Uhr aufgewacht. Ich war noch auf und studierte die Landkarte. Er erzählte, gerade von unserem Ausflug zum Leuchtturm und zu Claudia, der Frau im Keller, geträumt zu haben. In seinem Traum war sie nicht ausgerutscht. Ich dachte darüber nach, was er damit sagen wollte, versuchte die Sache dann aber zu verdrängen. Seit dem Ausflug habe ich keinen Untoten mehr gesehen. Wir haben sie mit unserem Boots- und Schießlärm erfolgreich verwirrt.
Haben weder gestern noch heute Funksprüche aus Louisiana gehört. Wir achten darauf, dass sich mindestens einer von uns immer in Hörweite des Funkgeräts befindet. Seit dem Leuchtturm hat mein Kampfgeist nachgelassen, deswegen habe ich beschlossen, mich zu rasieren, damit er wieder zunimmt. Erstaunlich, wie eine gute Rasur einem das Gefühl größerer Menschlichkeit
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