Tagebuch der Apokalypse 01
Einige der toten Kaninchen waren schon bis auf die Knochen verrottet. Ich schaute mich auf der Bodenebene um. Mir gegenüber befand sich eine ovale Tür. Ein Rad in der Mitte. Ich fragte John, ob er ohne meine Hilfe runterkommen könnte. Er antwortete nicht, doch dann sah ich seine Beine auf der obersten Leitersprosse, und er kletterte zu mir herab.
Während er unterwegs war, packte ich das Rad und drehte es gegen den Uhrzeigersinn, um zu sehen, ob es sich bewegen ließ. Zu meiner positiven Überraschung ließ es sich. Ich nehme an, die meterdicken Drucktüren am oberen Ende des Schachts reichen aus, um sich Eindringlinge vom Hals zu halten. Da braucht man sich nicht die Mühe zu machen, eine unbedeutende, zehn Zentimeter dicke ovale Luke ganz unten auch noch abzuschließen. Warum aber war die Drucktür nach dem Start der Atomrakete nicht wieder verschlossen worden?
John kam unten an. Er stand hinter mir, als ich mit der Drehung des Rades fertig wurde und die Luke öffnete. Ich hatte es ganz nach links gedreht und vernahm das Scheppern von Metall, als die Bolzen sich gleichzeitig aus dem Rahmen zogen. Ich zog die Luke nach außen auf. Ob die Luft von innen nach außen zischte oder umgekehrt, konnte ich nicht ausmachen. Ich öffnete die Luke ganz. Helles Licht und laute Musik strömten John und mir entgegen.
»It's the End of the World as we know itl« - REM Ich vermute, dass das Ende der Welt Zynismus hervorbringt. Ich hob die Waffe vor meine Brust, dann betraten wir das Innere dieser modernen Burg. Ich hatte keine Ahnung, wie der Bunker aufgebaut war. Ich übernahm die Führung. Wir bahnten uns einen Weg Richtung Musik.
Wir gingen langsam. Alle Lampen brannten. Das Lied endete ... und begann von neuem. Eine Endlosschleife. Ich hatte etwas anderes erhofft, doch die Musik hatte nur ein trügerisches Gefühl von Leben hervorgerufen. Es konnte sein, dass der Song schon seit Monaten lief ...
Wir waren in der Nähe der Musik. Sie war laut.
»Wire in a fire, represent the seven games in a govern ment for hire and a combat site ...«
Wir bogen um eine Ecke, von der wir annahmen, dass hinter ihr die Musik ihren Ursprung hatte. Wir erreichten eine offene Tür, deren Dicke ich auf dreißig Zentimeter schätzte. Sie sah aus wie die Safetür einer Bank. Die Musik kam aus dem dahinter liegenden Raum.
Ich erspähte die pausenlos blinkenden Lichter von Rechnern und nahm einen Verwesungsgeruch wahr, der mir beinahe die Schuhe auszog. Ich schaute John an und trat über die Schwelle. Captain Baker war der erste Untote, der mir ins Auge fiel. Er gehörte der Airforce an und war an einen Eisenstuhl gefesselt. Über seiner rechten Brusttasche war ein Namensschild befestigt.
Er wand sich und riss an den ihn haltenden Banden. Dort, wo die Stricke in seine Gelenke schnitten, war seine Haut abgeschürft. Ein weiterer Offizier war über einer Steuerkonsole zusammengesunken. Er hielt eine Beretta vom Kaliber 9 mm in der Hand und hatte sich den halben Kopf weggeschossen.
Ich kann nur spekulieren, was passiert sein musste. Baker hatte drei Schusswunden in der Brust und einen gespaltenen Schädel. Während er noch herumzuckte, nahm ich die Waffe aus der steifen, verwesenden Hand des anderen Offiziers. Ich überprüfte das Magazin und zählte elf Schuss. Drei für Baker und einen für den namenlosen »Major Tom« ergaben fünfzehn. Ich nehme an, dass Baker infiziert war. »Major Tom« hat ihn gefesselt und die Rakete gestartet. Dann hat er Baker drei Kugeln in den Brustkorb verpasst und sich das Leben genommen. Das alles ist natürlich reine und noch dazu für uns wertlose Spekulation.
23.26 Uhr
John und ich haben die anderen zum Raketenschacht geführt, Baker dann terminiert und zusammen mit »Major Tom« in einen leeren Raum gebracht, um ihn zwischenzulagern. Strom, Proviant und Wasser scheint es hier im Überfluss zu geben.
Ich sehe keine Möglichkeit herauszufinden, ob das Internet-Backbone noch funktioniert. Momentan nutze ich das interne Computersystem. Die meisten abgesicherten Konsolen sind eingeloggt. und viele nicht abgesicherte Desktop- Computer arbeiten noch. Es besteht kein Anlass sich Gedanken über das Schachtschloss zu machen. Wir werden die »Schlüssel des Königreiches« in den kommenden Tagen suchen.
Hotel 23
1. April
9.12 Uhr
Ich habe die Leichen Bakers und »Major Toms« untersucht und viele persönliche Gegenstände sowie ein Notizbuch gefunden. Bakers Notizbuch ist besonders interessant, weil es zahlreiche
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