Tagebuch der Apokalypse 02
Wracks umfahren. Ein halbes Dutzend Mal mussten wir aus dem Laster steigen, um Fahrzeuge von der Fahrbahn zu ziehen. In der Hälfte der Fälle mussten wir Untote erledigen. Bemerkenswert war der am Bauch festgeschnallte Leichnam im Inneren eines Ambulanzfahrzeugs. Er stellte zwar keine Gefahr für uns dar, jagte mir aber einen Riesenschreck ein, als ich das Abschleppseil am Heck der Ambulanz befestigen wollte, das verdammte Ding sich wie Dracula in seinem Sarg aufrichtete und mit aufgerissenem Maul die Hände nach mir ausstreckte. Ich hatte nicht gewusst, dass es in dem Fahrzeug war. Es sah grässlich aus und zerfiel bereits. Deswegen wird es zu den vielen Hundert Schnappschüssen gehören, die bis zu meinem Tod in meinem Hirn gespeichert sind.
Ich zog meine Pistole und schoss ihm ein Loch in den Kopf. Die Wagentür war schon geschlossen, bevor es mit dem Hinterkopf auf der Trage landete. Saien hatte den gedämpften Schuss gehört und kam um das Fahrzeug gelaufen, um sich zu erkundigen, was passiert war. Ich erwiderte, er solle sich keine Sorgen machen und sich freuen, dass er nicht bei dieser Aufräumarbeit am Schleppseil Dienst schieben musste.
Auf einer Hügelkuppe legten wir auf freiem Gelände eine Pause ein. Saien schiebt Wache, während ich unsere momentane Position und die Entfernung zu dem Flugplatz berechne. Der Highway 79 ist zwar der kürzeste Weg, aber eine kleinere Landstraße könnte sich als schneller erweisen, wenn man bedenkt, wie viele Fahrzeuge auf dem Highway liegen. Während ich auf den AM- und FM- Frequenzen irgendwas aus den höheren Lagen zu hören versuchte, reinigte ich nach bestem Wissen und Gewissen die geborgene AK-47. Mit etwas Öl und Sandpapier aus der Autohauswerkstatt habe ich die Waffe auseinandergenommen und vorn Rost befreit. Ich muss schon sagen, dass ihr Inneres wirklich wie Bindedraht aussieht. Mit dem Messer begradigte ich die ausgefransten Holzecken dort, wo die Kugeln die Schulterstütze durchschlagen hatten, und schmirgelte sie so gut wie möglich glatt. Das Loch war an keiner schlechten Stelle, und da die Waffe keinen Tragriemen hatte, nahm ich ein Stück Fallschirmleine und bastelte einen Behelfsriemen, den ich durch das Loch in der Schulterstütze führte. Die Knarre war nun voll einsetzbar, und die beiden Magazine waren mit schätzungsweise 45 Schuss bestückt. Ich ölte die Waffe nochmal reichlich ein und warf sie dann mit einer Kugel in der Patronenkammer und aktivierter Sicherung in den hinteren Wagenteil.
Mit dem Fernglas suchte ich die Umgebung ab, sah aber in keiner Himmelsrichtung eine uns bedrohende Gefahr. Die Morgensonne knallte auf uns nieder, konnte die Herbstkälte aber nicht vertreiben. Aus irgendeinem Grund empfand ich diesen Oktober als den kältesten aller Zeiten. Wenn wir östlich von Carthage die nächste Vorratsladung eingesackt haben, sind Nacogdoches, Lufkin und Houston die nächsten Ballungsgebiete. Baham hatte es nicht mal im Hubschrauber gewagt. Houston zu überfliegen. Houston ist die naheste nicht nuklear behandelte Megastadt. Dort könnten noch immer menschliche Überlebende existieren - und natürlich Millionen Untote. Wären wir innerhalb der Houstoner Stadtgrenzen abgestürzt. wäre ich jetzt zweifellos tot. Oder untot.
19.00 Uhr
Wir sind auf dem Dach der Flughafenverwaltung am südlichen Ende der Rollbahn. Ich muss unweigerlich an den Tower denken, in dem John und ich vor Monaten waren, doch dieser Flugplatz hier hat keinen Tower. Die Ladung wurde heute wie geplant um 15.00 Uhr abgeworfen, mit einer Komplikation. Die Maschine verlor die Kontrolle und stürzte am Nordende der Rollbahn ab -kaum zwei Kilometer von der Stelle entfernt, an der wir uns nun aufhalten. Kurz nachdem die Fracht aus der Luke fiel, schien die Kiste Schwierigkeiten zu haben, ihr Schwerkraftzentrum zu stabilisieren und raste, den Bug nach unten, auf das Rollfeld zu.
Ich konnte zwar sehen, dass der Bug wieder hochgerissen wurde, aber es war zu spät, um sich von dem Sturzflug zu erholen. Die Maschine ist fest aufgeschlagen und über die Rollbahn geschlittert, bis eine Schwinge abbrach und Treibstoff herausspritzte. Dies führte dazu, dass sie beim Schlittern anfing zu wackeln, bis die andere Schwinge gegen den Beton schrammte und die Kiste sich wie eine Kaffeemühle im Kreise drehte. Als sie wieder zur Ruhe kam, waren beide Schwingen ab und zwei Triebwerke gute dreihundert Meter weit in unsere Richtung geflogen.
Ohne der kurz zuvor in der Nähe unserer Position
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