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Tagebuch der Apokalypse 3: Roman (German Edition)

Tagebuch der Apokalypse 3: Roman (German Edition)

Titel: Tagebuch der Apokalypse 3: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.L. Bourne
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freute sich, dass er daran gedacht hatte, den Holzscheit mitzunehmen. Als er mit der Arbeit fertig war, kam Bret zurück. Mit der Spitze des Eispickels schleifte er eine Leiche hinter sich her.
    »Mark, bist du da?«
    »Yeah, ich bin hier oben. Kung ist auf dem Schlitten. Seid ihr bereit?«
    »Yeah, an den Seilen hängen drei Leichen. Fangt an, zieht sie rauf.«
    »Okay. Sag ›Auf Wiedersehen‹.«
    »Sehr witzig, Mark.«
    »Ich gebe mein Bestes.«
    Fünf Sekunden später hörten Crusow und Bret, dass die Seile sich spannten und gegen das Eis klatschten. Die Leichen begannen ihre Reise an der glatten Wand entlang nach oben und verschwanden im Dunkel. Sie bewegten sich so, als hätte eine Riesenspinne ein gewaltiges Netz gespannt und zöge sie mit ihren spindeldürren Beinen hinauf.
    »Jetzt bin ich mit dem Aufwärmen dran. Wenn ich noch eine Viertelstunde länger Knochensäcke ausgraben muss, krieg ich Frostbeulen.«
    Crusow nickte und verließ die Sicherheit des kleinen, doch wärmenden Feuers. Selbst angesichts der Strahlkraft, die es verbreitete, blieb das Gebiet rundherum kalt. Trotzdem half es, den schleichenden Tod der Arktis fernzuhalten. Als Crusow sich von Bret und dem Feuer entfernte, ließ die Temperatur rasend schnell nach und wurde zu einer bloßen Erinnerung. Crusow zog den Eispickel aus der Scheide und packte ihn fest mit der behandschuhten Rechten. Er stieß ein Stück in die Finsternis vor – und sah nichts mehr. Als er nach hinten blickte, zum Feuer hin, das jetzt nur noch ein helles Pünktchen im Dunkeln war, wurde ihm klar, dass er die Helmleuchte einschalten sollte, wenn er weitere Leichen aufspüren wollte. Er war weit von der Eiswand entfernt; der Boden wurde von hartem Eis zu Schnee. Crusow fragte sich, ob es vielleicht besser war, die Schneeschuhe anzulegen, die beim Feuer an seinem Tornister hingen. Einige Meter weiter wurde der Schnee noch höher. Er war von der Wand und vom Feuer weit weg. Ich gehe zurück, dachte er. Bin zu weit von allem weg.
    Er wandte sich um, um zum Feuer zurückzugehen, doch er stolperte über sein eigenes Bein und fiel in den Schnee. Dort blieb er eine Weile liegen und verlor sein Zeitgefühl.
    Crusow schaute auf und erhaschte über sich einen Blick auf einen Riss in den Wolken. Die Riesenhaftigkeit der Milchstraße lugte hell und majestätisch einen Moment lang durch den bedeckten Himmel.
    Irgendwann riss die Kälte ihn aus seinem meditativen Zustand, und er setzte sich hin. Er bemerkte, dass seine Helmleuchte noch brannte und beleuchtete mit ihr den Körperteil, über den er gestolpert war. Schließlich begann er mit der Schwerarbeit, die Leiche aus dem Eis zu befreien. Crusow hackte pausenlos, bis die halb nackte Gestalt vom Eis befreit war. Er schlug den Eispickel in ihre Achselhöhle, schlang die Fallschirmleine um sein Handgelenk und machte sich auf den Weg zurück zum Feuer, wobei er den kümmerlichen Klotz aus Muskeln, Fett und Knochen hinter sich her schleifte. Je näher er dem Behelfsleichenlager kam, umso heller wurde das Licht des Feuers.
    Wie lange war ich weg?, dachte er.
    Die Leiche war schwer, und die dünne Leine schnitt in sein Gelenk, obwohl er dicke Schutzhandschuhe trug. Er war vielleicht fünfzig Meter entfernt, als er das grüne Leuchten der Stäbe sah. Crusow wusste nicht genau, ob Mark die Seile erneut herabgeworfen hatte, oder ob das Leuchten von Brets Leuchtstab herrührte.
    Er rief Brets Namen, weil er bei der schweren Leiche Hilfe brauchte.
    Der Wind heulte. Er kann mich nicht hören.
    Er musste die Leiche wohl noch ein Stück weiter ziehen. Sie war schwer und wog etwa zweieinhalb Zentner. Vierzig Meter entfernt konnte er Bret erkennen. Er stand noch immer am Feuer. Es sah so aus, als hielte er eine Leiche aufrecht und untersuchte ihren Zustand. Bei fünfundzwanzig Metern rief Crusow erneut Brets Namen. Diesmal reagierte er.
    »Bret, dieser Arsch wiegt eine Tonne. Lass das Ding da fallen und hilf mir, den hier zum Stapel zu ziehen.«
    Bret wandte sich langsam um und schaute Crusow an. Die gefrorene Gestalt, die aufs Eis hätte fallen müssen, wankte nicht mal. Sie blieb aufrecht stehen. Crusow trat zurück und schaltete seine Helmleuchte auf die stärkste Stufe.
    Brets Kehle und sein Gesicht waren zerrissen, sein Adamsapfel hing an einem Faden. Seine Augen – noch nicht völlig milchig vom Tod – blickten Crusow an, und sein untoter Leib setzte sich in Bewegung.
    Crusow reagierte. Er riss seinen linken Handschuh ab und griff nach dem

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