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Tagebuch eines Engels

Tagebuch eines Engels

Titel: Tagebuch eines Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolyn Jess-Cooke
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wieder ab und ging weiter.
    Ich schüttelte den Kopf und kicherte, obwohl die Tatsache, dass sie mich sehen konnte, mich völlig aus der Bahn geworfen hatte. Wer – oder was – konnte mich denn noch alles sehen?
    Karina geriet in vollkommene Verzückung, als sie Margot sah, und verhätschelte sie vom ersten Augenblick an, als wäre sie eine lebendige Puppe. Noch bevor das Kind den Mund aufmachen konnte, nahm Karina es auf den Arm und trug es in ihr Zimmer, wo sie die Schminkschubladen ihrer Frisierkommode aufzog und Margot in eine Mini-Schönheitskönigin verwandelte. Lou verschränkte die Arme vor der Brust und hielt Kyle verärgert eine Standpauke. Was er sich eigentlich einbildete, ein fremdes Kind anzuschleppen und in ihrem Haus unterzubringen? Und wie lange dieses Kind denn wohl bleiben sollte? Was wäre, wenn ihre drogenabhängigen Pflegeeltern aufkreuzten, um sie zu holen? Und so weiter, und so fort.
    Kyle versuchte, seiner Frau zu erklären, dass dies das kleine Mädchen war, das er versorgt hatte, als es am Tag seiner Geburt ins Krankenhaus gebracht wurde, verwaist und halb tot, und dass das Schicksal sie wieder zusammengeführt habe. Er überlegte, ihr auch von mir zu erzählen – der fremden Frau, die er um sechs Uhr morgens auf der Straße getroffen und die ihm gesagt hatte, er solle in das Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite eindringen und Margot retten – aber dann ließ er es doch besser bleiben.
    Â»Mein Gott, Kyle, du kannst es einfach nicht lassen, was?«, schrie Lou ihn an. »Immer musst du dich als der große Retter aufspielen! Immer rettest du alle möglichen fremden Leute. Und was ist mit mir? Was ist mit Karina und Katie?«
    Â»Was soll mit ihnen sein?« Er zuckte mit den Schultern.
    Sie riss die Hände hoch in die Luft und marschierte aus dem Zimmer. Kyle stieß einen langen Seufzer aus und knackte mit den Fingergelenken. Ich spendete ihm Beifall. Der Nobelpreis für Engelsgeduld geht in diesem Jahr an …
    Meine Flügel juckten. Ich ging in Karinas Zimmer und setzte mich neben Margot aufs Bett. Sie war ganz hingerissen von dem ganzen pinkfarbenen und blauen Zeug, das Karina ihr ins Gesicht schmierte. Ich habe mich oft gefragt, wo meine ausgeprägte Vorliebe für Make-up herkam. Meine Adoptivmutter hat sich nie geschminkt, und große Schwestern hatte ich keine. Kate stand in der Tür und sah zu. Erst guckte sie zu mir, dann zu Margot.
    Â»Wer ist das?«
    Karina seufzte in übertriebener Manier. »Raus mit dir, Kate. Margot und ich spielen Kosmetiksalon, und zwar ohne dich.«
    Â»Sie heißt Margot?«
    Â»Margot«, plapperte Margot nach und lächelte stolz. Da endlich erwiderte Kate ihr Lächeln. Halbwegs.
    Â»Ich glaube, wir werden viel Spaß miteinander haben, Margot.«
    Und damit drehte sie sich um und ging.

    Nach und nach kam Margot immer mehr aus sich heraus – wie ein Krebs, der sich aus seinem Panzer hinaus in die warme Tropensonne wagt. Im Handumdrehen hatte sie sich in eine Mini-Karina verwandelt: Sie eignete sich die gleichen Redensarten an (»Das ist ja so super!«), bestand darauf, sich wie Karina zu kleiden, und tanzte abends, wenn sie längst im Bett liegen sollte, mit ihr auf Beatles-Songs. Und sie entwickelte einen Mordsappetit.
    Ich hatte ja keine Ahnung, was für ein bezauberndes Kind ich gewesen war. So lustig und unschuldig. Einmal wachte Margot völlig verängstigt aus einem Albtraum auf, den ich mitverfolgt hatte. Sie hatte von der Zeit bei Sally und Padraig geträumt. Ich nahm sie in den Arm und wiegte sie auf ihrem Bett, damit sie die anderen nicht mit ihren Schreien weckte. Ich konnte sehen, wie sich der Schmerz ganz eng um ihr Herz legte. Ich kniff die Augen zusammen und konzentrierte mich darauf, wieder genau die Kraft zu sammeln, mit der ich sie schon einmal geheilt hatte. Das sanfte goldene Licht, das zu einem entfernten, schwachen Glimmen verblasst war, flackerte wie eine Kerze. Ich strengte mich noch mehr an. Das Licht wuchs auf Tennisballgröße an und war damit groß genug, ihr Herz zu umschließen. Ihre Atmung beruhigte sich. Ich konnte ihr Herz sehen – und die Gefahr, die darin lauerte. Margot war ein Kind voller Ruhe und Liebe, aber das Problem in ihrem Herzen wuchs und musste dringend behandelt werden. Ich konnte nur hoffen, dass Kyle sich beeilen würde.
    Am nächsten Morgen bekam Kyle einen

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