Tagebuch Eines Vampirs 02. Bei Dämmerung
es gibt niemanden, der ihm helfen könnte. Niemanden, der nach ihm sucht. Außer seinen Feinden. Es kann sein, daß er im Sterben liegt. Daß er sogar schon...“ Sie konnte nicht weitersprechen, senkte den Kopf und versuchte, die Fassung wiederzufinden. Als sie hochschaute, merkte sie, wie Meredith Bonnie ansah.
Bonnie streckte die Schultern und richtete sich so groß wie möglich auf. Sie hob das Kinn und preßte den Mund entschlossen zusammen. Selbst ihre sonst so freundlichen braunen Augen waren ernst, als sie Elenas Blick erwiderte. „Wir brauchen eine Kerze“, war alles, was sie sagte.
Das Streichholz zischte und versprühte Funken in der Dunkelheit. Einen Moment später brannte die Kerze. Als Bonnie sich über die Flamme beugte, verlieh der Schein ihrem blassen Gesicht einen goldenen Glanz. „Ich brauche eure Hilfe, um mich einzustimmen“, sagte sie zu Elena und Meredith.
„Schaut in die Flamme und denkt an Stefan. Stellt ihn euch vor.
Egal, was passiert, schaut immer weiter in die Flamme. Und sagt um Himmels willen kein Wort.“
die Flamme. Und sagt um Himmels willen kein Wort.“ Elena nickte. Dann gab es kein Geräusch mehr im Zimmer außer dem leisen Atmen. Die Flamme zuckte und tanzte. Sie warf Muster aus Licht über die drei Mädchen, die im Schneidersitz um sie herumsaßen. Bonnie atmete mit geschlossenen Augen tief und regelmäßig wie jemand, der gleich einschläft. Stefan, dachte Elena. In die Flamme starrend, versuchte sie, ihre ganze Willenskraft in diesen Gedanken zu stecken. Mit all ihren Sinnen konzentrierte sie sich auf ihn und beschwor sein Bild herauf. Das Gefühl seines rauhen Wollpullovers an ihrer Wange, der Geruch seiner Lederjacke, die Stärke seiner Umarmung. Oh, Stefan... Bonnies Wimpern zuckten. Ihr Atem ging schneller, wie bei einem Schläfer, der einen schlechten Traum hat. Elena schaute entschlossen weiter in die Flamme, aber als Bonnie das Schweigen brach, lief ihr ein Schauder den Rücken hinunter. Zuerst war es nur ein Stöhnen, das Geräusch von jemandem, der Schmerzen hat. Dann warf Bonnie den Kopf hin und her, ihr Atem kam in heftigen Stößen, formte sich zu Worten. „Allein...“, sagte sie und hielt inne, als sich Elenas Fingernägel in ihre Hand bohrten. „Allein... in der Dunkelheit.“
Bonnies Stimme klang gequält und wie aus weiter Ferne. Es herrschte kurzes Schweigen, dann fuhr Bonnie fort. Ihre Worte überschlugen sich fast. „Es ist dunkel und kalt. Und ich bin allein. Etwas ist hinter mir... zerklüftet und hart. Felsen. Sie haben weh getan. Aber jetzt nicht mehr. Ich bin betäubt von der Kälte. Es ist so kalt...“ Bonnie drehte den Kopf, als wollte sie sich von etwas befreien. Und dann lachte sie. Ein schreckliches Lachen, das fast wie ein Schluchzer klang.
„Das... ist lustig. Ich hätte nie gedacht, daß ich mich einmal danach sehnen könnte, die Sonne wieder zu sehen. Aber hier ist es immer dunkel. Und kalt. Das Wasser reicht mir bis an den Hals. Wasser, kalt wie Eis. Das ist auch lustig. Überall Wasser, und ich vergehe vor Durst. So durstig... und es tut so weh...“
Elena fühlte, wie sich ihr Herz zusammenkrampfte. Bonnie war in Stefans Gedanken eingedrungen, und wer wußte, was sie da sonst noch entdecken würde? Stefan, sag uns, wo du bist, dachte sie verzweifelt. Schau dich um, sag mir, was du siehst.
„Durst. Ich brauche... Leben?“ Bonnies Stimme klang zweifelnd, als wüßte sie nicht, wie sie etwas in Worte fassen sollte. „Ich bin schwach. Er spottete, daß ich immer der Schwächere sein werde. Er ist so stark...ein Mörder. Aber das bin ich auch. Ich habe Katherine getötet. Vielleicht verdiene ich zu sterben. Warum nicht einfach aufgeben und sterben...?“ „Nein!“ stöhnte Elena, bevor sie es verhindern konnte. In diesem Moment vergaß sie alles, außer Stefans Schmerz. „Stefan...“ „Elena!“ rief Meredith gleichzeitig scharf.
Aber Bonnies Kopf fiel nach vorn. Der Wortschwall war abgeschnitten. Entsetzt erkannte Elena, was sie getan hatte.
„Bonnie, bist du okay? Kannst du ihn wiederfinden? Ich wollte nicht...“ Bonnie hob den Kopf. Ihre Augen waren jetzt offen, aber sie blickten weder auf die Kerze noch auf Elena. Als sie sprach, war ihre Stimme verzerrt, und Elena blieb fast das Herz stehen. Es war nicht Bonnie, die da sprach, aber die Stimme erkannte Elena sofort. Sie war schon einmal aus Bonnies Mund gekommen. Damals auf dem Friedhof. „Elena“, warnte die Stimme. „Gehe nicht zur Brücke. Es bedeutet
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