Tagebuch Eines Vampirs 04. In Der Schattenwelt
Mädchen plötzlich an. „Ich gehe ihm nach.“ „Natürlich“, antwortete Meredith geduldig.
Matt zögerte. „Äh... ich könnte euch beide nicht zufällig überreden, hierzubleiben?“ „Nach deiner feurigen Rede über Teamgeist und so? Keine Chance.“
„Das habe ich befürchtet. Also...“ „Also worauf warten wir noch?“ war Bonnies Schlußwort.
Sie sammelten alles an Waffen zusammen, was sich anbot.
Matts Armeemesser, das Stefan fallengelassen hatte, den Dolch mit dem Elfenbeingriff von Stefans Kommode, ein Fleischmesser aus der Küche.
Draußen war von Mrs. Flowers weit und breit nichts zu sehen.
Der Himmel war bereits in helles Lila getaucht, das sich im Westen in fahles Gelb verwandelte. Das Zwielicht der Mittsommernacht, dachte Bonnie, und die Härchen auf ihren Armen und im Nacken stellten sich auf.
„Klaus sprach von einem Bauernhof im Wald. Das muß der alte Hof der Franchers sein“, überlegte Matt. „Wo Katherine Stefan in den verlassenen Brunnen geworfen hat.“
„Das ergibt einen Sinn. Vermutlich benutzt er Katherines Tunnel, um unter dem Fluß hin- und herzugehen. Es sei denn, die Uralten sind so mächtig, daß sie fließendes Wasser überqueren können, ohne dabei selbst Schaden zu nehmen.“
Das stimmt, erinnerte Bonnie sich. Böse Wesen können kein fließendes Wasser überqueren, und je schlechter jemand war, desto schwieriger wurde es. „Aber wir wissen nichts über die Ursprünglichen“, sagte sie laut.
„Nein, und das bedeutet, daß wir doppelt vorsichtig sein müssen“, gab Matt zu bedenken. „Ich kenne diesen Wald sehr gut und weiß, welchen Pfad Stefan vermutlich nehmen wird.
Wir sollten einen anderen Weg gehen.“
„Damit Stefan uns nicht entdeckt und umbringt?“ „Damit Klaus uns nicht sieht oder wenigstens nicht alle von uns. Vielleicht haben wir eine Chance, zu Caroline zu gelangen. Irgendwie müssen wir sie nämlich da rausschaffen. Solange Klaus Stefan damit droht, ihr etwas anzutun, hat er ihn voll in seiner Gewalt.
Und es ist immer besser, im voraus zu planen, statt den Feind direkt anzuspringen. Klaus wollte sich nach Anbruch der Dunkelheit mit Stefan treffen. Nun, wir werden vorher da sein.“
Bonnie war tief beeindruckt von seinem Plan. Kein Wunder, daß er Kapitän des Footballteams ist, dachte sie. Ich wäre schreiend losgestürmt. Matt wählte einen fast unsichtbaren Weg zwischen den Eichen. Das Unterholz war zu dieser Jahreszeit besonders dicht. Moose, Gras, blühende Pflanzen und Farne machten das Vorwärtskommen schwer. Bonnie mußte Matt vertrauen, daß er wußte, wohin er ging, denn sie selbst hatte keine Ahnung. Über ihnen stimmten die Vögel den letzten Gesang an, bevor sie sich ein Nachtlager suchten. Es wurde dämmriger. Motten und Nachtfalter flatterten an Bonnies Gesicht vorbei. Nachdem sie durch ein Gebiet voller Giftpilze stolpern mußte, auf denen Schnecken klebten, war sie sehr dankbar, daß sie dieses Mal Jeans angezogen hatte.
Schließlich blieb Matt stehen. „Wir kommen näher heran“, flüsterte er. „Es gibt dort eine kleine Anhöhe, von der wir runterschauen können, vielleicht sogar, ohne daß Klaus uns entdeckt. Seid leise.“
Bonnie hatte noch nie so vorsichtig einen Fuß vor den anderen gesetzt. Zum Glück waren die Blätter auf dem Boden feucht und raschelten nicht. Nach ein paar Minuten ließ Matt sich auf den Bauch fallen und deutete an, daß die beiden Mädchen das gleiche machen sollten. Bonnie redete sich mit ihrer ganzen Willenskraft ein, daß ihr die Tausendfüßler und Regenwürmer überhaupt nichts ausmachten, die ihre gleitenden Finger aufstörten, und daß sie die Spinnweben in ihrem Gesicht nicht spürte. Hier ging es um Leben und Tod, und sie war bereit.
„Hier“, flüsterte Matt. Seine Stimme war kaum zu verstehen.
Bonnie rutschte auf dem Bauch zu ihm hin. Sie schauten hinunter auf das Gehöft der Franchers, oder besser, auf das, was davon übriggeblieben war. Es war schon lange verfallen, und der Wald hatte das Gebiet zurückerobert. Jetzt standen nur noch die Grundmauern, Steine, die von blühendem Unkraut und stacheligen Sträuchern bedeckt waren. Ein hoher Schornstein ragte in den Himmel wie ein einsames Monument.
„Das ist sie. Caroline“, zischte Meredith Bonnie ins Ohr.
Caroline war eine undeutliche Gestalt, die am Schornstein saß.
Ihr hellgrünes Kleid hob sich gegen die immer dunkler werdende
Umgebung
ab,
aber
ihr
schönes
kastanienbraunes Haar sah stumpf und schwarz aus.
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