Tagebuch Eines Vampirs 05. Rückkehr Bei Nacht
für einen kurzen Moment ihre beängstigenden Augen. Als sie das tat, erstrahlte ihr ganzes Gesicht. Vielleicht betete sie. Es waren Jahrhunderte vergangen, seit Damon das letzte Mal gebetet hatte. Und niemals war eines seiner Gebete erhört worden.
Dann schlug Meredith die Augen auf, schüttelte sich und begann von Neuem Furcht einflößend auszusehen. Sie stieß mit dem Fuß gegen einen Haufen Kleider auf dem Boden und sagte langsam und mit Nachdruck: »Wenn der Gegenstand, der zu dem hier passt, sich nicht immer noch an Bonnies Körper befindet, wird es Arger geben.«
Sie schwenkte den inzwischen nur allzu bekannten BH wie eine Fahne.
Stefano blickte verwirrt drein. Wie ist es möglich, dass er die durchdringende Frage nach der fehlenden Unterwäsche nicht versteht?, fragte Damon sich. Wie kann irgendjemand ein so ... ein so schlechter Beobachter und ein solcher Narr sein? Trägt Elena denn keine ... - nie? Damon saß wie erstarrt da, zu sehr gefesselt von den Bildern, die vor seinem inneren Auge auftauchten, um sich zu bewegen.
Dann ergriff er das Wort. Er hatte die Lösung für Meredith' Rätsel.
»Willst du herkommen und nachsehen?«, fragte er und wandte tugendhaft den Kopf ab.
»Ja, das will ich.«
Er hielt ihr weiter den Rücken zugewandt, als sie sich der Wanne näherte, eine Hand in das warme, rosafarbene Wasser sinken ließ und das Handtuch ein wenig zur Seite bewegte. Er hörte, wie sie einen Seufzer der Erleichterung ausstieß.
Als er sich umdrehte, sagte sie: »Du hast Blut am Mund.« Ihre dunklen Augen sahen dunkler aus als je zuvor.
Damon war überrascht. Er hatte die Rothaarige doch nicht etwa aus Gewohnheit gebissen und es dann vergessen? Aber dann erinnerte er sich an den wahren Grund.
»Du hast versucht, das Gift aus ihrem Körper zu saugen, nicht wahr?«, fragte Stefano und warf ihm ein weißes Handtuch für sein Gesicht hin. Damon wischte sich die Seite seines Gesichts ab, die Meredith betrachtet hatte, und entdeckte tatsächlich Blut auf dem Handtuch. Kein Wunder, dass sein Mund wie Feuer gebrannt hatte. Das Gift war ein ziemlich abscheuliches Zeug, obwohl es auf Vampire offensichtlich nicht so wirkte wie auf Menschen.
»Und du hast Blut an der Kehle«, fuhr Meredith fort.
»Erfolgloses Experiment«, bemerkte Damon achselzuckend.
»Also hast du dir das Handgelenk aufgeschnitten. Ziemlich gefährlich.«
»Für einen Menschen vielleicht. Ist die Pressekonferenz vorbei?«
Meredith lehnte sich zurück. Er konnte ihren Gesichtsausdruck deuten und lächelte in sich hinein. EXTRAAUSGABE! EXTRA! DER FURCHT
EINFLÖSSENDEN MEREDITH WURDE EIN STRICH DURCH DIE
RECHNUNG GEMACHT. Er kannte die Miene derer, die den Versuch aufgeben mussten, die harte Damon-Nuss zu knacken.
Meredith stand auf. »Kann ich ihm irgendetwas holen, um die Blutung in seinem Mund zu stoppen? Etwas zu trinken vielleicht?«
Stefano wirkte einfach nur erschüttert. Stefanos Problem - nun, ein Teil seiner vielen Probleme - bestand darin, dass er das Trinken von Blut für sündhaft hielt. Er hielt es sogar für sündhaft, darüber zu reden.
Vielleicht war es so tatsächlich erregender. Die Leute genossen alles, was sie für sündhaft hielten. Das galt sogar für Vampire. Damon war verstimmt. Wie sollte man in die Zeiten zurückgelangen, da alles sündhaft war? Denn ihm fehlte wirklich hin und wieder der richtige Kick.
Jetzt, da sie ihm den Rücken zukehrte, war Meredith weniger beängstigend.
Damon riskierte deshalb eine schlagfertige Antwort auf die Frage, was er trinken konnte.
»Dich, Liebling ... dich, Liebling.«
»Ein Liebling zu viel«, sagte Meredith rätselhaft, und bevor Damon kapiert hatte, dass es ihr lediglich um die Sprache an sich ging und sie keine Bemerkung zu seinem Privatleben machte, war sie auch schon fort. Mit dem BH als Fahne in der Hand.
Jetzt waren Stefano und Damon allein. Stefano trat einen Schritt näher, wobei er bewusst nicht zur Wanne hinübersah. Du versäumst so viel, du Trottel, dachte Damon.
»Du hast viel für sie getan«, sagte Stefano, dem es anscheinend genauso schwerfiel, Damon anzusehen wie die Badewanne. Was bedeutete, dass es für ihn nur sehr wenig zu sehen gab. Er entschied sich für eine Wand.
»Du hast mir gedroht, mich zusammenzuschlagen, wenn ich es nicht täte. Ich hatte noch nie viel übrig für Prügel.« Er schenkte Stefano sein strahlendstes Lächeln und lächelte weiter, bis Stefano Anstalten machte, sich umzudrehen und ihn anzusehen, und dann knipste er
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