Tagebuch Eines Vampirs 05. Rückkehr Bei Nacht
Zeit die Kunst perfektioniert, nur bis zu einem genau festgelegten Zeitpunkt zu schlafen und dann zu erwachen. Das tat er auch jetzt und er schaute auf die Uhr auf dem Kaminsims, um sich davon zu überzeugen, dass es Punkt vier Uhr morgens war.
Er wollte Elena nicht wecken.
Lautlos kleidete er sich an und verschwand durchs Fenster, auf demselben Weg wie zuvor sein Bruder - nur in der Gestalt eines Habichts. Irgendwo, davon war er überzeugt, gab es jemanden, von dem Damon zum Narren gehalten wurde. Und dieser Jemand benutzte Malach, um ihn zu seiner Marionette zu machen. Stefano, immer noch vollgepumpt mit Elenas Blut, hielt es für seine Pflicht, denjenigen aufzuhalten.
Die Nachricht, die Damon ihm hinterlassen hatte, führte ihn zu jenem Baum, an dem Elenas Freunde den Unfall gehabt hatten. Damon würde diesen Baum wahrscheinlich immer wieder aufs Neue aufsuchen, bis er die Malach-Marionetten zu ihrem sie kontrollierenden Puppenspieler zurückverfolgt hatte.
Er stieß hinab, kreiselte und hätte beinahe einer Maus einen Herzinfarkt beschert, indem er plötzlich auf sie niederstürzte, bevor er wieder gen Himmel schoss.
Und dann, mitten in der Luft, als er die Spuren eines Wagens sah, der gegen einen Baum geprallt war, verwandelte er sich von einem prächtigen Habicht in einen jungen Mann mit dunklem Haar, blassem Gesicht und tiefgrünen Augen.
Leicht wie eine Schneeflocke schwebte er zu Boden und schaute in alle Richtungen, wobei er sämtliche vampirische Sinne nutzte, um die Umgebung zu prüfen. Er fand keine Spur einer Falle, keine Feindseligkeit, nur die unmissver-ständlichen Zeichen des gewaltsamen Angriffs der Bäume. Er behielt seine menschliche Gestalt bei, um den Baum hinaufzuklettern, dem sein Bruder seinen magischen Stempel aufgedrückt hatte.
Er fror nicht, als er die Eiche erklomm, in der Damon gelegen hatte, als es zu seinen Füßen zu diesem Unfall gekommen war. Es floss zu viel von Elenas Blut in seinen Adern, als dass ihm die Kälte etwas anhaben konnte. Aber er war sich darüber im Klaren, dass dieser Bereich des Waldes besonders kalt war; und dass irgendetwas diese Kälte absichtlich aufrechterhielt. Warum? Damon hatte bereits die Flüsse und Wälder in Fell's Church für sich erobert, warum sollte er also hier Quartier beziehen, ohne es ihm zu erzählen? Was immer es also war, es würde sich Damon irgendwann zeigen müssen, wenn es in Fell's Church bleiben wollte.
Warum warten? überlegte er, während er sich auf den Ast hockte.
Er spürte, dass Damon sich näherte, lange bevor seine Sinne es in den Tagen vor Elenas Verwandlung wahrgenommen hätten, und er untersagte es sich, zusammenzuzucken. Stattdessen drehte er dem Stamm des Baumes den Rücken zu und schaute geradeaus. Er konnte spüren, dass Damon auf ihn zuschoss, schneller und schneller, stärker und stärker - und dann hätte Damon eigentlich da sein sollen, direkt vor ihm, aber so war es nicht.
Stefano runzelte die Stirn.
»Es zahlt sich immer aus, aufzublicken, kleiner Bruder«, bemerkte eine charmante Stimme über ihm, und dann machte Damon, der sich wie eine Eidechse an den Baum geklammert hatte, eine Vorwärtsrolle und landete auf Stefanos Ast.
Stefano erwiderte nichts, sondern musterte seinen älteren Bruder nur. Schließlich sagte er: »Du bist ja gut gelaunt.«
»Ich hatte einen herrlichen Tag«, entgegnete Damon. »Soll ich sie dir alle aufzählen? Da war das Mädchen aus dem Grußkartenladen ... Elizabeth, und meine liebe Freundin Damaris, deren Ehemann in Bronston arbeitet, und die kleine Teresa, die freiwillig in der Bibliothek aushilft, und ...«
Stefano seufzte. »Manchmal denke ich, du könntest dich an den Namen eines jeden Mädchens erinnern, das du im Laufe deines Lebens hast bluten lassen, aber meinen Namen vergisst du regelmäßig«, sagte er.
»Unsinn ... kleiner Bruder. Also, da Elena dir zweifellos erzählt hat, was genau geschehen ist, als ich versuchte, deine Miniaturhexe zu retten - Bonnie -, habe ich das Gefühl, du schuldest mir eine Entschuldigung.«
»Und da du mir einen Brief geschickt hast, den ich nur als provokativ bezeichnen kann, habe ich in der Tat das Gefühl, dass du mir eine Entschuldigung schuldest.«
»Deine Entschuldigung zuerst«, polterte Damon. Dann fügte er mit Leidensmiene hinzu: »Du denkst sicher, es sei schon schlimm genug, Elena bei ihrem Tod versprochen zu haben, dass du auf mich achtgeben würdest - bis in alle Ewigkeit. Aber du scheinst nicht zu begreifen, dass ich
Weitere Kostenlose Bücher